Bremen·Hamburg. Die Beluga-Flotte fährt derzeit auf Pump. Denn für etliche Charterschiffe ist die Bremer Reederei nach Recherchen unserer Zeitung schon seit Wochen die Raten schuldig geblieben. Und auch künftig sollen Emissionshäuser und Reedereien auf viel Geld verzichten, um dem Unternehmen aus der Krise zu helfen. Die Belange der vielen Tausend Anleger will in den heiklen Verhandlungen mit Beluga-Gesellschafter Oaktree ab sofort eine neu gegründete Interessengemeinschaft "Charterschiffe" vertreten.
Die Verluste sind erheblich. Für ein Schiff der Hamburger Vega-Reederei summieren sie sich bereits auf 240000 Euro, weil der Charterer Beluga zuletzt am 16. Februar Geld überwiesen hat. Seitdem sind die Zahlungen "trotz mehrfacher Mahnung" ausgeblieben, teilte die Reederei jetzt in einem Schreiben an ihre Anleger mit.
Und bei einem ersten Krisentreffen am 3. März habe Oaktree allen betroffenen Reedern und Schiffsfonds "sehr kurz angebunden" mitgeteilt, dass sie sich in den kommenden zwölf Wochen mit Ratenzahlungen in Höhe der Schiffsbetriebskosten begnügen müssten - andernfalls sei eine Insolvenz unausweichlich, heißt es in dem Schreiben, das unserer Zeitung vorliegt. Die Reederei habe sich diesem Moratorium verweigert. Denn nicht abgedeckt wären dann Zins und Tilgung für laufende Kredite. Und an Ausschüttungen an die Anleger wäre erst recht nicht zu denken.
Auch die Mehrheit der Beluga-Gläubiger leistet Widerstand. "So lassen wir mit uns nicht umspringen", sagt einer der Beteiligten. Die betroffenen Schifffahrtsunternehmen haben eine Interessengemeinschaft gegründet, um sich gegen das Vorgehen Oaktrees gemeinsam zur Wehr zu setzen. Der US-Finanzinvestor hatte am Donnerstag zu einem zweiten Krisentreffen nach Hamburg geladen, über dessen Verlauf und Ergebnisse zwar nichts bekannt wurde, weil alle Teilnehmer eisern schweigen.
Dass die Gründung der IG "Charterschiffe" just am Folgetag verkündet wurde, lässt aber darauf schließen, dass es erneut keine Annäherung gegeben hat. Denn Oaktree ist offenbar weder bereit, die angebliche Krisensituation der Reederei mit Zahlen zu belegen, noch den Gläubigern irgendwelche Sicherheiten oder Garantien zu geben, dass ein Verzicht zeitlich begrenzt und eine Besserung in Sicht sei.
Stolberg hatte Rendite versprochen
Das ist die Gegenseite nicht gewöhnt. Jahrelang hatte man mit den Beluga-Schiffen gute Geschäfte gemacht und den Anlegern satte Renditen auszahlen können. Das Jahr 2010, für die Reederei schon schwierig, wurde abgewettert. Und für das laufende Jahr hatte Niels Stolberg, damals noch der starke Mann im Unternehmen, im Januar eine Verdopplung der Ausschüttungen versprochen. Wie konnte die Reederei dann so schnell in Schwierigkeiten geraten?, fragen sich jetzt viele. Und stimmt alles, was Oaktree erzählt?
Das Hamburger Emissionshaus HCI Capital, das allein 20 Schiffe an Beluga verchartert hat und damit größter Gläubiger ist, geht nun in die Offensive. Ein HCI-Vertreter wird entgegen der gängigen Praxis ins Management der betroffenen Schiff-Gesellschaften entsandt und soll dort dem von der Reederei Beluga/Oaktree eingesetzten Geschäftsführer über die Schulter schauen.
Zusätzlich sei die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG beauftragt worden, die Finanzen der von Beluga bereederten und befrachteten Fondsgesellschaften zu überprüfen, teilte HCI gestern mit. "Außerdem arbeiten wir parallel auch an alternativen Beschäftigungskonzepten für die Schiffe", sagte gestern HCI-Vorstandschef Ralf Friedrichs. Nicht gerade ein Vertrauensbeweis gegenüber Oaktree.
Die Hamburger Vega-Reederei ist da bereits einen Schritt weiter. Sie hat den noch bis Ende des Jahres laufenden Chartervertrag gekündigt, um ihr Schiff "aus dem Geflecht Beluga" herauslösen zu können, heißt es in dem Anleger-Schreiben. Der Containerfrachter ist nun, wie schon zuvor auch, für die Hamburger Reederei Hamburg Süd im Mittelmeer unterwegs. Die nicht gezahlte Beluga-Charter, die Differenz zur neuen Charterrate und alle übrigen Kosten will Vega von Oaktree als Schadensersatz einfordern.
Bei anderen Reedereien und Schiffsfonds werden ähnliche Überlegungen angestellt. Die Oltmann-Gruppe aus Leer ist der IG "Charterschiffe" nicht beigetreten und arbeitet bereits auf eigene Rechnung. Zwei der Schiffe müssten nur noch ihre aktuelle Reise beenden, "dann sind sie weg", teilte das Emissionshaus auf Nachfrage mit. Auch andere Reeder und Fondsgesellschaften haben längst einen "Plan B". So schlecht sei der Markt nämlich gar nicht, heißt es in der Branche.
Noch aber wird offenbar versucht, mit Oaktree einen Weg zu finden. Denn eine mögliche Insolvenz wäre vermutlich für alle Beteiligten die schlechteste Lösung.