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EZB zerstreut Inflationsängste: Leitzins bleibt unverändert bei 1 Prozent

Bremen·Frankfurt am Main. Jean-Claude Trichet bleibt ungerührt. Der Chef der Europäischen Zentralbank (EZB) lässt sich von steigenden Inflationsraten in der Euro-Zone nicht nervös machen. Die EZB belässt den Leitzins - also den Wert, zu dem sich Geschäftsbanken von der Notenbank Geld besorgen können - unverändert bei 1 Prozent. Die EZB setzt damit die Politik des billigen Geldes fort.
04.02.2011, 05:00 Uhr
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Von Günther Hörbst

Bremen·Frankfurt am Main. Jean-Claude Trichet bleibt ungerührt. Der Chef der Europäischen Zentralbank (EZB) lässt sich von steigenden Inflationsraten in der Euro-Zone nicht nervös machen. Die EZB belässt den Leitzins - also den Wert, zu dem sich Geschäftsbanken von der Notenbank Geld besorgen können - unverändert bei 1 Prozent. Die EZB setzt damit die Politik des billigen Geldes fort.

"Wir bleiben aber wachsam", sagt Ewald Nowotny, Mitglied im EZB-Rat und Präsident der Österreichischen Nationalbank (OENB) im Gespräch mit dieser Zeitung. "Die EZB wird die Preisentwicklung sehr genau beobachten und jederzeit einschreiten, wenn die Preisstabilität nicht mehr gewährleistet ist." Die EZB geht für den Januar von einer Inflationsrate von 2,4 Prozent aus und erwartet eine Steigerung im Februar auf 2,5 Prozent. Im zweiten Halbjahr geht die Zentralbank aber wieder von einem Rückgang aus.

Hauptverantwortlich für den Preisschub ist der starke Anstieg der Energie- und Rohstoffpreise. Der werde sich aber Ende des Jahres wieder abschwächen, weshalb Nowotny davon ausgeht, "dass mittelfristig die Preisstabilität von zwei Prozent gegeben sein wird". Der EZB sei jedoch bewusst, so der österreichische Nationalbankchef weiter, dass die für die Inflation wichtige Entwicklung der Energiepreise von politischen Entwicklungen abhängig sei. Er spielte damit auf die instabile Lage in Nordafrika und der arabischen Welt an.

"Für die EZB macht es jedoch keinen Sinn, auf einzelne Ereignisse zu reagieren", sagte Nowotny. "Die Wirkungsverzögerungen wären viel zu lang, der Effekt würde verpuffen." Die Europäische Zentralbank schreite erst dann mit ihrer Zinspolitik ein, wenn sie davon überzeugt sei, dass sich Entwicklungen verstetigten, die die Preisstabilität längerfristig beeinflussten. Das sei derzeit aber nicht der Fall. "Nach den uns vorliegenden Daten droht derzeit keinerlei Inflationsgefahr."

Sorgen macht sich der 66-jährige Jurist über die erhöhte Unsicherheit in der Euro-Zone. Viele Bürger fürchten um ihr Erspartes und flüchten in scheinbar sicherere Anlagen. Unternehmer machen sich Gedanken, wie stark die Diskussion um die Stabilität des Euro die Konjunktur beeinflusst. "Unsere Entscheidung, den Leitzins unverändert zu lassen, dient dazu, ein Signal der Stetigkeit und Gelassenheit zu senden."

Denn eine Zinserhöhung würde das Geld im Markt wieder knapper machen. Das verteuert wiederum Kredite und könnte nach der Befürchtung vieler Experten den Aufschwung schwächen. Trichet bekräftigte deshalb gestern: "Wir sehen uns als Vertrauensanker im Euro-Raum."

Nowotny verteidigt das Zinstief mit der insgesamt weiterhin großen Unsicherheit in der Euro-Zone und dem im Schnitt mit 1,5 Prozent nicht übermäßig großen Wachstum. Der Österreicher sagt aber auch: "Das ist eine außergewöhnliche Maßnahme, die einer außergewöhnlichen Krise geschuldet ist. Sie wird nicht dauerhaft sein." Einen Zeitrahmen für eine mögliche Zinserhöhung wollte Nowotny aber nicht nennen.

Als größtes Problem sieht das EZB-Ratsmitglied den Zustand der öffentlichen Finanzen im Euro-Raum. Es sei jedoch Aufgabe der Regierungen der jeweiligen Mitgliedsländer, dieses Problem ernsthaft anzugehen. "Die EZB ist für die Geldpolitik und die Preisstabilität zuständig. Den Auftrag hat sie erfüllt."

Die Politiker in der Euro-Zone würden der EZB insgesamt die Arbeit schwerer machen, als es sein müsste, klagt Nowotny. "Sie unterscheidet nicht zwischen dem Euro und dem Zustand, in dem sich einzelne Länder in der Euro-Zone befinden", sagt er. Der Euro erfülle seine Funktion in vollem Ausmaß. "Zum einen als Zahlungsmittel. Ein Drittel aller Weltwährungsreserven sind in Euro angelegt. Und zum anderen als Wertstabilisator. Das belegt die über zehn Jahre im Schnitt niedrige Inflationsrate."

Die Politiker in den Mitgliedsländern der Europäischen Währungsunion würden jedoch den Euro und Strukturkrisen in einen Topf werfen. "Die Krise einzelner Staaten in der Euro-Zone wird fälschlicherweise zu einer Euro-Krise gemacht", kritisiert der Notenbankchef aus Wien. "Das diskreditiert das Vertrauen in die Währung."

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