Ende Februar kommt der dänische Möbelhändler Bolia in die Bremer Innenstadt und folgt damit dem Trend, denn immer mehr Möbelhäuser zieht es in die Innenstädte.
Es tut sich etwas in der Bremer Innenstadt: Mit Bolia kommt Ende Februar ein neuer Möbelhändler in die City. Die Kette mit Sitz im dänischen Aarhus ist auf skandinavisches Design spezialisiert, die Möbel und Accessoires sind im höherpreisigen Segment angesiedelt.
Mit der Neueröffnung in der Ansgaritorstraße zeichnet sich in Bremen ein Trend ab, der auch schon in anderen Städten zu beobachten ist: Immer mehr Möbelhändler, die ihren Fokus auf spezialisierte Sortimente legen, zieht es in die Innenstädte.
Sie benötigen – im Gegensatz zu den großen Möbelhäusern auf der grünen Wiese – weniger Fläche, können sich daher die vergleichsweise hohen Mieten leisten und so ihr Zielpublikum direkt beim Einkaufsbummel ansprechen.
Cross-Channel-Angebote funktionieren auch auf kleineren Flächen
Eine Entwicklung, die auch die Autoren des City-Reports des Bremer Immobilienmaklers Robert C. Spies ausgemacht haben: Bei den Möbelhäusern seien derzeit Flächen von etwa 800 Quadratmetern gewünscht, wo zuvor circa 8000 Quadratmeter richtig waren, heißt es darin. „Cross-Channel-Angebote funktionieren auch auf kleineren Flächen“, erklärt Amelie Mann. Sie hat für Spies die Räume, in denen bis Ende vergangenen Jahres noch das Schuhhaus Wachendorf beheimatet war, an Bolia vermittelt.
Was sie meint, ist: Das komplette Sortiment eines Händlers ist im Internet zu finden, im Geschäft selbst dann nur ein Bruchteil davon. Kunden können sich im Laden etwa ein Sofa anschauen, dann aber individuell entscheiden, welche Farbe oder welche Armlehnen es am Ende haben soll. „Der Trend geht zur Individualisierung“, sagt auch Karsten Nowak, bei der Handelskammer Bremen für den Bereich Einzelhandel zuständig.
Drei Gehminuten vom zukünftigen Bolia entfernt gibt es mit Boconcept ein Geschäft, das mit seinem Sortiment ganz ähnliche Kunden anspricht: Die Kette hat ihren Sitz ebenfalls in Dänemark und verkauft Möbel im skandinavischen Stil.
Mehr Angebot macht den Standort attraktiver
Dem Inhaber von Boconcept in Bremen, Stefan Brockmann, gefällt, was da demnächst in seiner Nachbarschaft passiert. „Konkurrenz belebt das Geschäft“, sagt er – zumal es aus seiner Sicht sowieso zu wenig Möbelhändler in der Bremer Innenstadt gibt. „Mehr Angebot schafft auch mehr Nachfrage und macht so den Standort attraktiver.“
Dass das funktionieren kann, zeigt etwa das Stilwerk in Hamburg. In der Nähe vom Fischmarkt haben sich 28 Geschäfte unter einem Dach angesiedelt – alle mit Schwerpunkt Einrichtung und Design. Rund um den Neuen Wall gibt es zusätzlich Geschäfte wie Rivièra Maison, Habitat, Granit oder den Einrichter Gärtner.
In der Elb-Stadt lässt sich noch eine weitere Entwicklung im Möbelhandel beobachten: Auch die ganz Großen experimentieren mit City-Lagen. So hat der Ikea-Konzern im Stadtteil Altona seine erste Innenstadt-Filiale eröffnet. Und das schwedische Unternehmen plant bereits die nächsten Schritte.
Ikea denkt über weitere Mini-Häuser nach
Weil sein Online-Umsatz wächst, die Liefergebühren aber nach wie vor vergleichsweise hoch sind, denkt Ikea nach Informationen des „Handelsblatts“ über acht neue Mini-Häuser nach: Dort können Kunden ihre online bestellte Ware dann abholen. Aber auch umgekehrte Wege werden innerhalb der Branche getestet.
So zieht es auch den klassischen Online-Händler vermehrt in die Städte. Der Berliner Online-Möbelversandhändler Fashion for Home – 2015 geschluckt durch Home24 aus dem Rocket-Internet-Imperium – vertreibt nach eigenen Angaben mehr als 10.000 Produkte über das Internet. Einen kleinen Teil davon gibt es beispielsweise im Hamburger Showroom, ebenfalls im Stilwerk, zu sehen und zu kaufen.
Nach Angaben von Thomas Grothkopp, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Möbel und Küchen (BVDM), ist die Verkaufsfläche im deutschen Möbelhandel im vergangenen Jahr weiter angewachsen: Derzeit liege sie bei mehr als 23 Millionen Quadratmetern, sagte er im Vorfeld der internationalen Möbelmesse IMM. Dabei entfalle mit 5,7 Millionen Quadratmetern etwa ein Viertel der Fläche auf 165 Riesen-Möbelhäuser mit mehr als 25.000 Quadratmetern Verkaufsfläche.
Zunehmende Konzentration in der Möbelbranche
Auch in der Möbelbranche gibt es eine zunehmende Konzentration und einen sich verschärfenden Wettbewerb: Laut BVDM haben die größten zehn Unternehmen des deutschen Möbelhandels 2016 weitere Marktanteile dazugewonnen und damit mehr als die Hälfte des Branchenumsatzes von 33,4 Milliarden Euro erwirtschaftet.
Befeuert werde das Wachstum im Wesentlichen durch die Übernahme bestehender Unternehmen, sagte Grothkopp. Die Möbelindustrie freut sich wiederum über steigende Umsätze: Die Hersteller erwarten, dass 2016 mit etwa 18 Milliarden Euro ein Rekordjahr gewesen ist. Das gab Dirk-Uwe Klaas, Hauptgeschäftsführer des Verbands der Deutschen Möbelindustrie, ebenfalls auf einer Konferenz vor der IMM bekannt.
Zurück nach Bremen. Immer wieder gibt es Kritik an dem Angebot in der Innenstadt, der Größe der Einzelhandelsflächen und an den mangelnden Laufwegen. „Die Bremer City verfügt nach wie vor über einen weit unterdurchschnittlichen Handelsflächenbesatz gemessen am Gesamtvolumen des Marktes“, heißt es im City-Report. Das sei eine gute Ausgangsbasis, um innovative Labels in die Stadt zu holen.
Bremen hat als Einzelhandelsstandort Nachholbedarf
Offenbar ist Veränderung auch dringend nötig, denn Indikatoren wie die Einzelhandelszentralität zeigen, dass Bremen als Einzelhandelsstandort deutlichen Nachholbedarf hat: Während die Hansestadt laut City-Report auf einen Wert von knapp 120 kommt, liegt der Marker, der die Attraktivität einer Stadt als Einzelhandelsstandort angibt, in Oldenburg deutlich über 140.
Mit neuen Angeboten wie Bolia, der Eröffnung von Manufactum im vergangenen Jahr und Weiterentwicklungen von Gebäuden durch Christian Jacobs gebe es mehr Grund in die Innenstadt zu gehen, hofft Amelie Mann von Robert C. Spies. Ähnliches ist auch von Stefan Brockmann zu hören. „Wenn Konzepte in die Stadt kommen, die es noch nicht überall gibt, dann macht das den Reiz einer City aus“, sagt der Boconcept-Inhaber.