Bremen. Langsam aber stetig steigen die Zinsen. Sparer spüren davon noch nichts, doch Bauherren oder Immobilienbesitzer, die ihre Finanzierung verlängern müssen, merken recht schnell: Die Zeiten niedriger Zinsen sind vorbei. Das ängstigt vor allem Hausbesitzer, deren Finanzierung erst in einigen Monaten oder Jahren neu verhandelt werden muss. Doch auch sie können sich vor steigenden Zinsen schützen.
Die besten Zeiten sind vorbei. Schritt für Schritt geht es nach oben. Seit Ende August 2010 sind die Baugeldzinsen deutlich gestiegen. "Der Tiefpunkt ist überschritten", sagt Kai Oppel vom Baugeldvermittler Hypothekendiscount. Lag der Baugeldindex für zehnjährige Finanzierungen der FMH-Finanzberatung Anfang September 2010 noch bei 3,20 Prozent, so sind es inzwischen rund vier Prozent.
Das ist im langjährigen Vergleich immer noch günstig. Doch die Zinsen könnten dann weiter steigen, auch wenn viele Experten erwarten, dass die Europäische Zentralbank in diesem Jahr ihren Leitzins von aktuell einem Prozent wohl noch nicht erhöht.
Doch dieser Zins vermittelt nur die Preisentwicklung des kurzfristigen Geldes. Immobilienfinanzierer sind besser beraten, die Entwicklung der Rendite für zehnjährige Bundesanleihen im Blick zu haben. Sie ist der Gradmesser für die Entwicklung der Baugeldzinsen und seit Jahresanfang von drei auf 3,15 Prozent gestiegen. Auch eine steigende Inflationsrate spricht für steigende Zinsen. Steigende Preise bei den Rohstoffen und im Großhandel sprechen dafür, dass diese Entwicklung erst am Anfang steht. "Mit der robusten Wachstumsentwicklung und den steigenden Inflationserwartungen werden auch die Konditionen für Baufinanzierungen in 2011 anziehen", sagt Robert Haselsteiner, Vorstand der Interhyp AG.
Forward-Darlehen als Ausweg
Das ist schlecht für Immobilienbesitzer, die erst in einem Jahr oder noch später eine Anschlussfinanzierung für ihren Kredit benötigen. Doch es gibt einen Ausweg: Das Forward-Darlehen. Dabei vereinbart der Kunde bereits heute einen festen Zinssatz für ein Darlehen, das erst zu einem späteren Zeitpunkt ausgezahlt wird. In der Regel kann man sich das aktuelle Zinsniveau auf bis zu vier Jahre im Voraus sichern. Das Altdarlehen läuft unverändert weiter und bis zur Auszahlung des neuen Darlehens entstehen keine zusätzlichen Kosten.
Allerdings verlangt die Bank für die Zinssicherung einen Aufschlag. Der liegt gegenwärtig im Schnitt bei 0,01 bis 0,03 Prozentpunkten pro Monat Vorlaufzeit. Angenommen, der Altkredit läuft erst in zwölf Monaten aus, so würde der Aufschlag im günstigsten Fall 0,12 Prozentpunkte betragen.
Der wird dann zum aktuellen Zins hinzugerechnet und muss für die gesamte neue Laufzeit, zum Beispiel zehn Jahre, bezahlt werden. Der günstigste Anbieter verlangt für 100000 Euro Restschuld (bei einem Immobilienwert von 250000 Euro) und eine zehnjährige Zinsbindung, die erst in 18 Monaten in Anspruch genommen wird, knapp vier Prozent.
"Im Schnitt liegen die Konditionen bei 4,39 Prozent für 18 Monate Vorlaufzeit", sagt Max Herbst von der FMH-Finanzberatung. Noch teurer wird es, wenn der neue Kredit erst in drei Jahren benötigt wird. Dann müssen im Schnitt 4,94 Prozent gezahlt werden. Die Tabelle zeigt die günstigsten Anbieter.
"Da die Konditionen von Anbieter zu Anbieter sehr variieren, lohnt sich ein Vergleich", sagt Arno Gottschalk von der Verbraucherzentrale Bremen. Der Vergleich ist allerdings nicht ganz einfach, da sich der Forward-Zins aus zwei Komponenten zusammensetzt. Anbieter mit einem niedrigen Aufschlag können einen hohen Basiszins haben und umgekehrt.
Deshalb sollte der zu zahlende Zins und nicht der Aufschlag verglichen werden. "Es gibt keine Gesetzmäßigkeiten, nach denen kalkuliert wird", sagt Gottschalk. Für die ersten sechs Monate verlangen manche Anbieter keinen Aufschlag. Außerdem kommt es auf die Höhe der Restschuld im Verhältnis zum Immobilienwert an. Müssen nur noch 50 Prozent des Verkehrswertes oder weniger finanziert werden, führt das zu günstigeren Konditionen als wenn noch 80 Prozent zu finanzieren sind.
Ein Forward-Darlehen kann man nicht nur bei seiner bisherigen Bank, sondern auch bei einem anderen Anbieter aufnehmen. Angesichts der großen Zinsunterschiede zahlt sich das in der Regel aus, auch wenn damit zusätzliche Formalitäten und Kosten verbunden sind. "Dabei ist die Abtretung der Sicherheiten der kostengünstigere Weg im Vergleich zum erneuten Aus- und Eintragen der Grundschuld", rät Gottschalk. Allerdings muss man bei mehreren Krediten mit verschiedenen Laufzeiten und unterschiedlicher Absicherung vorher fragen, ob ein Wechsel auch möglich ist. "Sonst kann es passieren, dass man ein Forward-Darlehen abschließt, dass später gar nicht in Anspruch genommen werden kann", sagt Gottschalk.
Mindestens zehn Jahre Laufzeit
Den Schaden lässt sich die Bank nämlich ersetzen. Wichtig für den Abschluss eines Forward-Darlehens ist auch die exakte Berechnung der Restschuld. Wer einen Teil des Kredits tilgen will, muss das vorher berücksichtigen. "Da die Zinsen noch niedrig sind, sollte eine mindestens zehnjährige Laufzeit und möglichst eine höhere Tilgung als ein Prozent gewählt werden", rät Gottschalk.
Ob sich ein Forward-Darlehen auszahlt, hängt von der künftigen Zinsentwicklung ab. Steigen die Zinsen bis zum Ende der Zinsbindung des Altdarlehens über den vereinbarten Forward-Zins, hat sich die vorgezogene Zinsfestschreibung gelohnt. Fällt der Zinsanstieg geringer aus oder sinken gar die Zinsen, hat man ein schlechtes Geschäft gemacht. Denn das Darlehen muss zu den vereinbarten Konditionen abgenommen werden, unabhängig davon wie die Bedingungen dann am Markt sind. Bisher haben Kunden mit Forward-Darlehen keine guten Erfahrungen gemacht, da die Zinsen seit Jahren stetig gesunken sind. Doch damit könnte es jetzt vorbei sein. Doch jeder muss selbst abwägen, ob er bereit ist, einen Preis für die Sicherheit zu zahlen.
Beträgt die Restlaufzeit des Altdarlehens weniger als ein Jahr, sind Bereitstellungszinsen eine Alternative. Der Kreditvertrag wird jetzt zu den aktuellen Konditionen abgeschlossen, aber erst in einigen Monaten in Anspruch genommen. Diese Übergangszeit lässt sich die Bank mit Bereitstellungszinsen vergüten. Die sind zwar höher als die Forward-Aufschläge, müssen dafür aber nur bis zur Inanspruchnahme des Darlehens gezahlt werden. Manche Banken verlangen zudem erst nach sechs Monaten Bereitstellungszinsen.