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Insolvenzen bei der einstigen Erfolgs-Reederei Für Beluga wird die Zeit knapp

Bremen. Kaum noch jemand wundert sich über den achten Insolvenzantrag für die Reederei Beluga, am Mittwoch hat es die firmeneigene Reisetochter getroffen. Es ist die logische Konsequenz aus der Zahlungsunfähigkeit der Kernsparten "Shipping" und "Chartering".
24.03.2011, 05:00 Uhr
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Von Krischan Förster

Bremen. Kaum noch jemand wundert sich über den mittlerweile achten Insolvenzantrag für die Reederei Beluga, nun hat es die firmeneigene Reisetochter getroffen. Es ist die ebenso bittere wie logische Konsequenz aus der Zahlungsunfähigkeit der Kernsparten "Shipping" und "Chartering". Auch am Mittwoch hat Insolvenzverwalter Edgar Grönda daher intensiv mit Hauptgesellschafter Oaktree und den Banken über eine Fortführung des schwer angeschlagenen Unternehmens verhandelt. Denn die Zeit, die für eine mögliche Rettung bleibt, wird nun immer knapper.

"Wir müssen versuchen, wieder Vertrauen zu Beluga aufzubauen und möglichst viele Schiffe zurückzuholen", hatte Grönda gleich nach seiner Ernennung zum Insolvenzverwalter als oberstes Ziel ausgegeben. Denn ohne Schiffe könne eine Reederei nun mal kein Geschäft betreiben. Massenhaft hatten zuvor etliche Schiffsfonds ihre Verträge gekündigt, weil der US-Investor Oaktree nach den Betrugsvorwürfen gegen Firmengründer Niels Stolberg und dessen Entmachtung bei Beluga von ihnen schmerzhaften Verzicht gefordert hatte - ohne Erläuterung und Gegenleistung. Damit hatte Oaktree zu hoch gepokert. Die Emissionshäuser sahen ihre Interessen und die ihrer vielen Anleger massiv gefährdet und stiegen lieber aus. Grönda muss nun versuchen, den angerichteten Flurschaden wieder zu beseitigen. Ob ihm das gelingt, scheint aber fraglich.

Viele der abgezogenen Schiffe fahren bereits unter neuer Flagge. Die neu abgeschlossenen Verträge bieten zwar Einnahmen, die im Schnitt um ein Viertel unter den ursprünglich vereinbarten Raten liegen. Aber es fließt wieder so viel Geld, dass neben den Schiffsbetriebskosten auch Zins und Tilgung an die Banken abgeführt werden können - Beluga hatte dagegen ab Mitte Februar alle Zahlungen eingestellt, nach dem Willen von Oaktree sollte dies bis einschließlich Mai so bleiben.

Abkehr von Beluga hat mehrere Gründe

Die offenen Rechnungen sind aber nur ein Grund für die Abkehr von Beluga. Mindestens ebenso schwer wiegen inzwischen der durch das rüde Vorgehen erlittene Vertrauensverlust und die Skepsis hinsichtlich einer Rettung der Reederei. Oaktree wird dies offenbar nicht mehr zugetraut: "Die haben keine Ahnung vom Geschäft", sagt ein Branchenvertreter. So hätten die vom US-Investor eingesetzten Manager nicht einmal verstanden, dass sie über viele Schiffe gar keine Verfügungsgewalt hatten, sondern dass Beluga lediglich Charterer (Mieter) war und sie sich gerade mit deren Eigentümern und Betreibern, also anderen Reedereien, anlegten. Das Gespür für eine Traditionsbranche, in der hart, in der Regel aber fair miteinander umgegangen wird und es noch Abschlüsse per Handschlag gibt, hätten sie ohnehin vermissen lassen. So kam es, wie es wohl kommen musste.

Allein 25 der ehemaligen Beluga-Schiffe stehen jetzt bei der Hamburger Reederei Döhle unter Vertrag, andere sind bei Briese aus Leer untergekommen oder werden frei auf dem Markt angeboten, der so schlecht nicht ist. "Es reicht in der Regel, um Zins und Tilgung zu zahlen", sagt Thomas Wenzel vom Emissionshaus Ownership. Und das ist für Banken und Anleger das entscheidende Kriterium. Fünf der elf betroffenen Schiffe fahren bereits für die Konkurrenz, die anderen sind noch mit einer letzten Ladung für Beluga unterwegs, aber auch deren Verträge sind gekündigt.

Ohne eine entscheidende Wende in diesem Wirtschaftskrimi blieben Beluga dann nur wenige eigene Schiffe. Höchstens 20 sollen es noch sein, andere Quellen sprechen von zwölf oder noch weniger. Mit ihnen kann der Insolvenzverwalter wohl rechnen, aber auch dann ist die Ausgangslage alles andere als gut. Edgar Grönda genießt zwar, so ist in der Branche zu hören, einen deutlich besseren Ruf als Oaktree, weil er wieder "vernünftige und konstruktive" Gespräche führe. Seine Verhandlungsposition bessert das allerdings nicht unbedingt.

Klangvoller Firmennamen gilt als ruiniert

Die Branche sieht Beluga mittlerweile als "Trümmerhaufen", der einst klangvolle Firmenname des ehemaligen Weltmarktführers gilt als nahezu komplett ruiniert. Das wiederum könnte potenzielle Kunden davon abschrecken, Kontrakte aufrechtzuerhalten oder gar neue Verträge mit einer Reederei abzuschließen, deren Zukunft höchst ungewiss erscheint. Noch wird allerdings nichts kategorisch ausgeschlossen.

"Grundsätzlich ist es denkbar, unsere Schiffe auch Beluga wieder anzuvertrauen", sagt Ownership-Geschäftsführer Thomas Wenzel. Carsten Dujesiefken, geschäftsführender Gesellschafter des Schiffsfinanzierers Bluewater, verweist auf die vergangenen Turbulenzen und die bereits eingetretenen Verluste für seine Anleger. Aber auch er ist zu Gesprächen bereit. Nur müsste die Reederei, also der Insolvenzverwalter, wenigstens eine Rate "auf marktüblichem Niveau" anbieten und deren Zahlung durch Frachtverträge, Banksicherheiten oder Bar-Zahlungen absichern. Wer aber sollte dafür bei einem insolventen Unternehmen garantieren wollen?

Von Grönda ist derzeit wenig zu hören. Er werde sich zunächst auf die ohnehin schwierige Sanierung konzentrieren und versuchen, möglichst viele Arbeitsplätze zu retten. So hatte er es bei Übernahme des Mandats angekündigt. Erst wenn Ergebnisse vorlägen, werde er sich wieder äußern. Der erfahrene Insolvenzanwalt weiß natürlich, dass es schnell gehen muss. Das Schwergutgeschäft lebt von einem über Jahre aufgebauten Netzwerk an persönlichen und vertrauten Kontakten. Ohne Aussicht auf Besserung könnten die in der Branche begehrten Befrachtungsexperten eilig das Weite suchen und Beluga den letzten Rest an Substanz nehmen - das Know-how für ein anspruchsvolles Geschäft.

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