Bremen. Auch nach dem endgültigen Aus für den einstigen Drogeriemarkt-Riesen Schlecker geht der harte Preiskampf unverändert weiter. „Wenn in einem Autorennen der langsamste Wagen ausfällt, werden die beiden schnellsten ihr Tempo nicht verringern“, verdeutlicht Thomas Roeb, Professor für Handelsbetriebslehre an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. Die Marktführer DM und Rossmann würden auch ihre Expansion unverändert fortsetzen. Schlecker habe schon lange nicht mehr das Tempo in der Drogeriemarkt-Branche bestimmt, deren Jahresumsatz bei knapp 13 Milliarden Euro liegt.
Durch den harten Wettbewerb werden seit Jahren Stücke des Umsatzkuchens neu verteilt. So hatten DM und Rossmann zuletzt ihren Absatz erheblich steigern und Schlecker, dem einstigen Branchenprimus, Marktanteile abjagen können. Um die verbliebenen Anteile werde jetzt aber nicht nur die direkte Konkurrenz von DM, Rossmann und Müller rangeln. Eine Übernahme der von Schließung bedrohten Läden aber ist unwahrscheinlich. Rossmann hatte sämtliche Filialen geprüft und höchstes 80 hinsichtlich Größe (mindestens 600 Quadratmeter) und Standort (Städte mit mindestens 10000 Einwohnern) für gut befunden. Das waren in der Regel Geschäfte der Schleckertöchter IhrPlatz und Schlecker XL, die nun an den Münchner Investor Dubag gehen.
Gerade auf dem Land, wo Schlecker stark vertreten war, werde durch die Schließung der Märkte kurzfristig ein Angebotsvakuum entstehen. „Das wird auch von Discountern, Supermärkten und SB-Warenhäusern gefüllt“, sagt Robert Kecskes, Handelsexperte bei der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK). So sieht es auch Dirk Roßmann. Die Mitbewerber DM und Müller seien die härtesten Konkurrenten. Aber auch Aldi, Lidl und Kaufland mischten immer stärker auf dem Markt mit. „Die sind auch günstig, da müssen wir uns anstrengen, um mitzuhalten“, sagt Roßmann.
Der harte Preiskampf bei Shampoo, Waschmittel und Zahncreme führt dazu, dass sich die Verbraucher über stabile bis sinkende Preise freuen konnten. 2011 sanken die Preise, die die Kunden in allen Drogeriemärkten bezahlten, um durchschnittlich 0,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr, wie GfK anhand von Kassenbons ermittelte. Dieser Trend setzte sich in den ersten vier Monaten 2012 fort.
In den verbliebenen Schlecker-Märkten beginnt diesen Freitag der Ausverkauf. Es werde anfangs Rabatte zwischen 30 und 50 Prozent auf das gesamte Sortiment geben, sagte ein Sprecher der Insolvenzverwaltung. Ende des Monats soll das Schicksal von Schlecker endgültig besiegelt sein.
Die mehr als 13000 Beschäftigten können sich kaum noch Hoffnungen auf eine Transfergesellschaft oder einen Sonderfonds machen, wie von der Gewerkschaft Verdi gefordert, um die Entlassungen sozial abzufedern. Die Politik ist uneins. Der Sozialflügel der CDU sprach sich zwar für eine Transfergesellschaft aus, sieht aber Baden-Württemberg als Heimatland von Schlecker in der Pflicht. Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) winkte ab: „Der Zug ist abgefahren“, sagte er. Es gebe keine Arbeitsplätze mehr, die gerettet werden könnten. Das Heft des Handelns liege nun bei der Agentur für Arbeit. Die FDP hatte bereits bei der ersten Schließungswelle eine Transfergesellschaft abgelehnt.