Die Greensill Bank hatte in Bremen offenbar Großes vor. Anhand der Immobilienkäufe, die das Geldinstitut in der Hansestadt tätigte, lässt sich das ablesen. Die Bank selbst residierte in der Martinistraße 48 auf sechs Etagen. Dieses Gebäude gehörte dem Unternehmen. Doch angesichts der immer weiter steigenden Beschäftigtenzahl reichte Greensill der Komplex allein offenkundig nicht mehr aus. Wie der WESER-KURIER aus verlässlicher Quelle erfahren hat, kaufte die Bank noch die Bürogebäude in der Martinistraße 50 bis 56 hinzu.
Als der Bremer Hafendienstleister Geuther im Herbst 2020 von seinem Stammsitz in der Martinistraße 58 in die Überseestadt zog, kaufte Greensill von dem Traditionsunternehmen augenscheinlich auch dieses Gebäude, heißt es. Einige dieser Käufe gingen erst Ende des vergangenen Jahres über die Bühne. Alle Verkäufer sollen nach Informationen unserer Zeitung ihr Geld erhalten haben, bevor die Bank im März dieses Jahres Insolvenz beantragen musste.
Zuletzt hatte die Bank 140 Mitarbeiter. Das Wachstum nahm von Jahr zu Jahr zu: Waren es anfangs 30 Beschäftigte, stieg die Zahl im Folgejahr auf 80 und 2021 waren es schließlich 130. Die Immobilienkäufe lassen erkennen, dass bei dieser Beschäftigtenzahl das Ende noch lange nicht erreicht sein sollte. Die Insolvenz aber hat die Expansionspläne des Geldinstituts durchkreuzt. Nun sind es die verbliebenen Mieter in den Gebäuden, die bei der insolventen Bank für Einnahmen sorgen.
Auf der Gläubigerversammlung im Juni in der Glocke hatte Insolvenzverwalter Michael Frege von der Kanzlei CMS Hasche Sigle bereits den Gebäudebesitz der Bank erwähnt. Er hatte aber nicht konkret erklärt, um wie viele Gebäude es sich tatsächlich handelt. Zu Freges Aufgabe gehört es, im Sinne der Gläubiger Vermögenswerte zu sichern. Zu der Frage, ob die Gebäude möglichst bald verkauft werden sollen oder ob das noch Zeit habe, wollte sich Kanzleisprecher Finn Wehr nicht äußern. Er sagte dem WESER-KURIER auf Anfrage lediglich: „Das Insolvenzverfahren verläuft derzeit planmäßig.“
Für die Stadt Bremen könnten die Gebäude eine Bedeutung bekommen, wenn es darum geht, Schlachte und Martinistraße besser an die Obernstraße anzuschließen. Auch könnten die Pläne, die Martinistraße für den Autoverkehr zu beschränken, den Wert der Gebäude steigern. Das wiederum wäre ganz im Sinne von Nordenhams Bürgermeister und den Kämmerern der anderen Städte und Kommunen, die bei der Greensill Bank investiert hatten. Denn das könnte die Chancen steigern, nach Abschluss des Verfahrens aus der Insolvenzmasse Gelder zurück zu erhalten.
Wie das Portal „Finanz-Szene.de“ berichtet, liegen laut Insolvenzbericht Forderungen in Höhe von 3,86 Milliarden Euro vor. 2,95 Milliarden Euro davon entfallen auf die Gupta-Gruppe um den Stahlmagnaten Sanjeev Gupta. Es soll 232 Gläubiger geben, die insgesamt Forderungen in Höhe von 5,6 Milliarden Euro angemeldet haben. Der Bundesverband deutscher Banken habe 2,1 Milliarden Euro geltend gemacht, der Einlagensicherungsfonds eine Milliarde Euro und die Kommunen insgesamt 336 Millionen Euro. Die Einlagensicherung werde vorrangig bedient.
Laut „Finanz-Szene.de“ hat der Insolvenzverwalter bisher Gelder in Höhe von 452 Millionen Euro gesichert und vereinnahmt. Zusätzliches Geld lasse sich aus den drei Geschäftsflugzeugen generieren, die in Liverpool am Flughafen stehen. Ihr Wert, der bei mehr als 44 Millionen Euro liegen soll, ist in den Einnahmen noch nicht berücksichtigt.
Die Bremer Staatsanwaltschaft setzt die Ermittlungen im Rahmen ihrer Möglichkeiten fort. Die zuständige Wirtschaftsabteilung soll zwar personell mehr als verdoppelt werden, doch bis die sechs Vollzeitstellen um sieben weitere ergänzt werden, wird es noch etwas Zeit brauchen. In den Monaten Mai und Juni gab es Hausdurchsuchungen in den Privatwohnungen von Mitarbeitern der Greensill Bank. Laut Staatsanwaltschaft gibt es fünf Beschuldigte, gegen die wegen Bilanzfälschung ermittelt wird. Die Durchsuchungen im Gebäude der Greensill Bank sind nach Angaben von Staatsanwalt Frank Passade auch noch nicht abgeschlossen.
Es gibt noch ein kleines Team von Greensill-Mitarbeitern, die den Insolvenzverwalter bei seiner Arbeit unterstützen. Diese dienen auch als erste Ansprechpartner für die Staatsanwaltschaft, um Sachverhalte zu klären. Einige ehemalige Mitarbeiter der Greensill Bank, heißt es, hätten bereits neue Arbeitsplätze gefunden.