Indisch kochen ist gar nicht so schwer. Man nehme an Zutaten, was man gerne isst oder was der Kühlschrank hergibt. 150 exotische Ingredienzen braucht man dafür nicht. Der authentische Geschmack kommt in Tüten, von denen zwei freundliche Gesichter lächeln. In Zeiten, in denen immer mehr Menschen immer weniger selbst in der Küche stehen, möchten es Naranja und Ragulan Vijayakumar ihrer Kundschaft leicht machen. Weil im Handel nichts zu finden war, das wie zu Hause schmeckte, brachten sie vor einem Jahr ihre kleine Gewürzserie „O´India“ auf den Bremer Markt. „Weck den Inder in dir!“, lautet der fröhliche Slogan. Man könnte auch sagen: Leute, esst mehr Curry.
Zuhause – das ist seit drei Jahren das Einfamilienhaus in Horn. Dass die beiden in Bremen geboren wurden und hier aufgewachsen sind, ist direkt am typisch bremischen Tonfall zu hören. Naranja, 35 Jahre, und Ragulan, 36 Jahre, erzählen, dass sie sich seit Waller Schulzeiten kennen, und seit dem Abitur ein Paar sind. Die familiären Wurzeln liegen indes in Sri Lanka – beider Eltern waren Anfang der 1980er-Jahre aus dem Inselstaat geflohen, in dem damals ein blutiger Bürgerkrieg herrschte. Mitgebracht hatten sie unter anderem ihre Esskultur: „Wir sind mit indischer Küche und Gewürzkultur aufgewachsen“, erklärt Ragulan. Es sei, genauer gesagt, die traditionelle Küche des uralten Volkes der Tamilen, das in Südindien und auf Sri Lanka beheimatet ist.
Die Vokabel „Curry“ hat ihren Ursprung in der tamilischen Sprache und mit den handelsüblichen ockergelben Gewürzmischungen eigentlich gar nichts zu tun. Curries sind die reichhaltigen Gerichte auf Basis von Gemüse, Fleisch oder Fisch, die zu Reis oder dem Fladenbrot Naan gereicht werden: Wärmende, vitamin- und proteinreiche Kraftpakete, erklärt Naranja, „flott zuzubereiten und unkompliziert". Die eigenen Gewürzmischungen haben die Zubereitung auch im Hause Vijayakumar weiter beschleunigt. Ragulan hat die Zeit gestoppt: „Naranja schafft es in unter einer Viertelstunde.“
Im Bremer Freundeskreis waren die Einladungen an den Vijayakumar-Tisch seit jeher sehr begehrt. „Wir haben immer wieder gehört: ,Ihr müsst unbedingt ein Restaurant eröffnen'“, erzählt Ragulan. Tatsächlich habe man darüber ernsthaft nachgedacht, doch die Idee verworfen, die mit Familienleben und Vollzeitjob kaum zu vereinbaren gewesen wäre. Plan B wurde „O´India“ – eine Kleinserie der drei Gewürzmischungen Curry Madras, Garam Masala und Spicy India, in aufsteigenden Schärfegraden. Nicht, dass es im Handel nicht schon genug Gewürzmischungen und Pasten gäbe. Doch nichts davon schmecke „wie bei Mama“, sagt Naranja. Alles „irgendwie lasch“.
Es sei, erklärt Ragulan, die Qualität der einzelnen Gewürze, die den Unterschied mache. In den O´India-Kreationen stecken Koriander, Kurkuma und Kümmel, Bockshornkleesaat, Fenchelsamen, Nelken und Sternanis aus Indien und Sri Lanka. „Andere Länder produzieren günstiger, aber längst nicht so gut – weniger intensiv, weniger aromatisch.“ Folglich seien auch die Mischungen viel ergiebiger, ein Geschmackskonzentrat, das man sehr sparsam dosieren könne. „Wir sagen immer: Fangt mit einem halben Teelöffel an, meist reicht das schon.“ Verzichtet wurde auf Konservierungsstoffe, Geschmacksverstärker, Zucker und Salz. „Wir können guten Gewissens sagen: In unseren Mischungen ist nur drin, was draufsteht“, erklärt Naranja. „Das war uns sehr wichtig.“

Made in Bremen: O´India-Produkte kommen aus Horn.
Die 35-jährige Gesundheitswissenschaftlerin ist die Köchin im Horner Einfamilienhaus. „Meine Leidenschaft“, sagt sie. Sie war es auch, die die Rezepturen zusammenstellte, Kräuter und Saaten zunächst in der heimischen Kaffeemühle mahlte, mit der Feinwaage experimentierte, bis das Ergebnis ihren Ansprüchen genügte – der „perfekten Harmonie". Getestet wurden die Kompositionen anschließend im Familien- und Freundeskreis, „die alle nichts davon wussten“, erklärt Naranja. Insgesamt drei Jahre dauerte es von der ersten ernsthaften Idee über die Produktentwicklung bis zur Marktreife vor einem Jahr. Dazwischen lagen auch viele formale Schritte - Finanzamt, Gewerbeamt, Verpackungsregister, Markenamt, Lebensmittelüberwachung, „unglaublich viel Bürokratie“, erzählt Betriebswirt Ragulan. Orientierung und Unterstützung erfuhr das Existenzgründer-Paar vom Starthaus Bremen.
Gemahlen, gemischt, in die schwarzen 50 Gramm-Tütchen abgefüllt und verschweißt werden die Gewürze seitdem per Hand in der Profiküche des Bremer Food Labs Hanse Kitchen. Zu haben sind sie bislang über die Plattform Etsy (www.oindiashop.etsy.com), im Made-in-Bremen-Laden am Domshof sowie zurzeit zwei Rewe-Märkten in der Neustadt und in Horn. Doch es sollen mehr werden, die Produktion soll erhöht, die Reichweite vergrößert, eine eigene Website aufgebaut werden, auf der Naranja auch viele ihrer Rezepte teilen wird. Bislang hat das Paar sein Start-up aus eigenen Mitteln finanziert. Mit Unterstützung des Starthaus soll im Mai eine Startnext-Crowdfunding-Kampagne starten, über die Kapital zum Wachsen gesammelt werden soll. Rückenwind erhofft sich das Gründerpaar auch von den Fans seiner Produkte. Nachweis der geschmeckten Authentizität: „Bei uns bestellen auch viele Landsleute“, erklärt Ragulan. „Wenn Leute uns Fotos schicken und schreiben: ,Das war das beste Curry unseres Lebens'“, sagt Naranja: „Das gibt uns richtig viel Kraft.“