An ein paar Schreibtischen in einem Großraumbüro im swb-Kraftwerk City Accelerator im Postamt 5 arbeitet man an der Lösung eines globalen Problems. Die fünf Mitarbeiter des jungen, internationalen Start-up-Unternehmens FoPo Food Powder wollen ihren Teil dazu beitragen, die weltweite Lebensmittelverschwendung zu reduzieren.
Ihre Idee und ihre Mission: Sogenannte „ugly fruits“, also Früchte, die nicht den ästhetischen Normen und perfektionistischen Ansprüchen der Endverbraucher entsprechen, zu Pulver zu verarbeiten und so vor der Müllhalde zu retten.
„Mit der Technik der Gefriertrocknung werden die Früchte schockgefroren und ihnen unter niedrigem Druck dann das Wasser entzogen“, erklärt Adriana Balazy, Ende 20, Nahrungsmitteltechnikerin aus Polen. Durch den Entzug des Wassers sterben bestimmte Mikroorganismen in der Frucht, der Verfallsprozess ist weitgehend gestoppt. „So kann man Nährstoffe wie Vitamine und Mineralien und die Geschmacksaromen bis zu 90 Prozent erhalten und die Lebensmittel bis zu zwei Jahre haltbar machen. Statt zwei Wochen!“, betont Nadine Ghawi, Mitte 30 und Grafikerin im Fo Po-Team.
50 Gramm für 3,50 Euro
Auf dem Tisch in einem Besprechungsraum mit hohen geweißten Wänden stehen die fruchtbunten 50- und 20-Gramm-Tüten mit dem Fo Po-Lebensmittelpulver. Es gibt „Apfelpulver Granny Smith“, Ananas, Olive, Mango mit Stevia, „Awesome Avocado“ ist gerade ausverkauft. 50 Gramm kosten 3,50 Euro. „Unsere Zielgruppe sind hauptsächlich Singlehaushalte, vor allem von jungen Leuten mit wenig Zeit, aber auch ältere Menschen“, skizziert Nadine Ghawi den Markt für das Produkt. Als Alternative zu „echten“ Früchten, die – jeder kennt das – leicht mal in der Obstschale verrotten. Man kann das Pulver zum Backen verwenden, für Smoothies, als Joghurt-Zusatz oder auch für Cocktails. Vertrieben wird das Fruchtpulver bereits über einige Supermärkte und im Fo Po-Onlineshop. Aber auch eine Ausweitung auf den französischen und niederländischen Markt sowie eine Lieferung ins Haus sind geplant.
Die Früchte kommen momentan aus Israel, von den Philippinen und aus Kenia, wo man das Geschäft gerade aufbaut. Dort werden die Früchte gesammelt, schockgefroren, gemahlen und größtenteils nach Europa und in die USA verschifft. „Durch die Schockfrostung vor Ort müssen wir so nur ein Fünftel der Menge transportieren“, erklärt Nadine Ghawi. Auf den Philippinen wird ein Teil des Pulvers für ein kleines humanitäres Ernährungsprojekt verwendet.
„Unsere Aufgabe ist es, die Landwirte, Importeure und Exporteure mit der Technik der Gefriertrocknung in Verbindung zu bringen. Wir organisieren die Logistik“, sagt Nadine Ghawi.
Jedes dritte Lebensmittel landet auf dem Müll
Das Unternehmen kann pro Jahr maximal 60 Tonnen Pulver produzieren – aus 300 Tonnen Früchten und auch Gemüse, die dann nicht vernichtet würden. Speziell in Kenia haben die jungen Unternehmer das erschreckende Ausmaß der Lebensmittelverschwendung beobachten können. „Ein Mango-Exporteur hat uns erzählt, dass er jeden Tag 5000 Früchte wegwirft, da sie nicht den Export-Standards entsprechen, also nicht perfekt geformt sind oder leichte Dellen haben“, berichtet Ada Balazy. Früchte, die noch problemlos essbar sind.
In einem Video auf der Homepage der Firma sieht man, wie ein Bauer eine große Menge Mangos in einem Fluss entsorgt. Zur zusätzlichen Ressourcenschonung plant Fo Po zudem, die Früchte in Kenia mit Sonnenenergie zu trocknen.
Lebensmittelverschwendung ist ein weltweites Problem. Laut einer Studie des World Wide Fund (WWF) aus dem Jahr 2015 landen jährlich weltweit 1,3 Milliarden Tonnen Nahrungsmittel auf dem Müll, das entspricht 30 bis 40 Prozent der produzierten Menge. In Deutschland geht der WWF von jährlich rund 18 Millionen Tonnen aus, fast ein Drittel des aktuellen Verbrauchs. Ein wesentlicher Grund für die zunehmende Verschwendung sind die perfektionistischen Ansprüche der Verbraucher vor allem in den Industrieländern.
Mit weniger Verschwendung könnten bis zu zwölf Milliarden Menschen ernährt werden
Das aus Polen, Tschechien, den Philippinen und Deutschland stammende Fo Po-Team hat sich während eines Erasmus-Master-Programms zum Thema Lebensmittel-Innovation und Produktdesign in Paris, Dublin und Neapel kennengelernt. 2015 gewannen sie mit ihrer Idee den Thought for Food-Wettbewerb, bei dem es um genau dieses Problem ging. „Wie ernährt man im Jahr 2050 neun Milliarden Menschen?“, berichtet Adriana Balazy.
Lebensmittelverschwendung einzudämmen ist eines der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen, das unterstreicht die Dringlichkeit des Problems. Dabei könnten mit der Reduzierung der Verschwendung bis zu zwölf Milliarden Menschen auf der Erde ernährt werden. Die Fo Po-Macher wollen – wie inzwischen einige Unternehmen in Europa – ihren Teil dazu beitragen.