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Erbschaftssteuer Der Nachlass von Immobilien kann teuer werden

Die Immobilienpreise sind deutlich gestiegen, nicht aber die Freibeträge bei der Erbschaftssteuer. Das kann im Erbfall dazu führen, dass die Immobilie verkauft werden muss.
21.03.2022, 00:00 Uhr
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Der Nachlass von Immobilien kann teuer werden
Von Peter Hanuschke

Die Immobilienpreise sind in den vergangenen Jahren explodiert – die Freibeträge bei der Erbschaftssteuer sind dagegen seit 13 Jahren stabil geblieben. Dieses Auseinandergehen kann dazu führen, dass der Erbe die Immobilie verkaufen muss, weil er nicht genügend Geld hat, um die Steuer zu bezahlen. Und das gilt nicht nur für absolute Immobilien-Preishotspots wie München oder Stuttgart. Auch in Bremen und Niedersachsen nehmen solche Fälle zu. Es gibt aber Ausnahmen und Möglichkeiten, keine Erbschaftssteuer zu zahlen oder sie zu minimieren.

Ein Fallbeispiel

Die zu vererbende Immobilie hat mit 600.000 Euro ihren Wert in den vergangenen zehn Jahren verdoppelt. Diese Summe ermittelt auch das Finanzamt über den Bodenrichtwert als Verkehrswert, der als Grundlage für die Höhe der Erbschaftssteuer dient. Erbt das Kind das Haus, hat es einen Freibetrag von 400.000 Euro (Ehepartner: 500.000 Euro) und müsste 200.000 Euro versteuern. Der Steuersatz liegt bei Steuerklasse I bei 19 Prozent, in der Steuerklasse III wären es 30 Prozent. Diese Steuersätze gelten bis zu einer zu versteuernden Erbschaft nach Abzug des Freibetrags bis sechs Millionen Euro. Für Summen darüber gibt es gestaffelt höhere Steuersätze.

Nicht jeder kann Erbschaftssteuer zahlen

"Wir führen dafür zwar keine Statistik, aber wir können eine Zunahme von Fällen beobachten, in denen der oder die Erbende die Immobilie letztlich gezwungenermaßen veräußern musste, weil nicht genügend Sparvermögen vorhanden war, um die Erbschaftssteuer zu zahlen", sagt Michael Tiedt, erster stellvertretender Vorsitzender des Steuerberaterverbands im Lande Bremen und einer der beiden Geschäftsführer der abinito Steuerberatungsgesellschaft. "Hier wird deutlich, dass die seit Jahren steigenden Verkehrswerte und die gleichbleibenden Freibeträge nicht in einer wechselseitigen Beziehung stehen." Das könne man durchaus als nicht mehr zeitgemäß beschreiben. "So eine Entwicklung kann ja auch der Gesetzgeber nicht wollen."

Ausnahme: Erben nutzen Immobilie selbst

"Wenn es sich beim Erbe um eine Familienimmobilie handelt, dann fällt meistens überhaupt keine Erbschaftssteuer an – unabhängig vom Wert der Immobilie", so Tiedt. Voraussetzung dafür sei, dass der gesetzliche Lebenspartner oder die Kinder dort wohnten oder sie im Erbfall einzögen und dort mindestens zehn Jahre lebten. Bei Kindern könne die Erbschaftssteuer allerdings dann anfallen, wenn der Wohnraum mehr als 200 Quadratmeter betrage, denn nur Wohnraum bis zu dieser Größe gelte als steuerfrei. Was darüber liege, müsse versteuert werden. Wobei das auch nur dann der Fall sei, wenn der Wert der "zusätzlichen" Quadratmeter, der sich anteilig aus dem Gesamtverkehrswert ergebe, über dem Freibetrag von 400.000 Euro liege.

Rechtzeitig das Erben vorbereiten

"Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Erbschaftssteuer ganz zu vermeiden oder zumindest erheblich zu minimieren", so Steuerexperte Tiedt. Das sei beispielsweise durch Schenkung möglich, weil dabei die persönlichen Freibeträge des Beschenkten alle zehn Jahre aufs Neue ausgeschöpft werden können. Welches Modell aber am sinnvollsten sei, hänge von mehreren Faktoren ab und könne nicht pauschal gesagt werden. "Was ich aber allgemein empfehlen kann, ist, dass es sinnvoll ist, sich zu Lebzeiten und frühzeitig Gedanken über das Thema zu machen."

Hohe Preise beeinflussen Bodenrichtwert

Ein Beispiel aus München: Dort lebt im Stadtteil Neuhausen-Nymphenburg Wolf Armin von Reitzenstein in einem 1907 vom Stiefgroßvater erbauten Anwesen. „Kürzlich ist ein Nachbaranwesen für zwölf Millionen Euro verkauft worden“, sagt Reitzenstein. Für die Familie war das eine schlechte Nachricht. „Die Verkaufsfälle in der unmittelbaren Umgebung beeinflussen schon allein den Bodenrichtwert und lassen damit nicht realisierte Papier-Grundstückswerte in astronomische Höhen steigen“, sagt Sibylle Barent, die Leiterin des Bereichs Steuer- und Finanzpolitik beim Eigentümerverband Haus & Grund in Berlin. „Bei der Erbschaftssteuer kommt hinzu, dass das Finanzamt die erzielbare Miete unterstellt, nicht die tatsächlich vereinnahmte.“ Reitzenstein sagt: „Meine Kinder könnten wahrscheinlich die Erbschaftssteuer nicht bezahlen." Dann falle das Haus an Investoren, die auf Wertsteigerung warten und die Mieten erhöhen. Er will sich dagegen wehren, dass das Anwesen vom Finanzamt so besteuert wird, als wolle er es verkaufen.

Erhöhung der Freibeträge gefordert

Unterdessen fordert Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU) vom Bund sowohl eine Erhöhung der Freibeträge als auch eine Regionalisierung der Erbschaftssteuer. Seine Begründung: "Das Familienheim muss Familienheim bleiben können. Wenn Kinder das Eigenheim der Eltern verkaufen müssen, weil sie sich die Erbschaftssteuer nicht leisten können, dürfen wir das nicht hinnehmen.“

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