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Made in Bremen Hotels auf der Weser: Wie die Klabauterbett-Flotte wuchs und wuchs

Benjamin Feth und Katharina Berndt haben sich ihren Traum erfüllt und ihre eigenen Hotels auf der Weser erschaffen: Die Gäste für die Klabauterbetten kommen aus aller Welt.
21.05.2023, 11:32 Uhr
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Von Anke Velten

Ganz aufgeregt klang die Stimme am Telefon: „Ich bin jetzt angekommen. Aber Ihr Hotel kann ich nirgendwo sehen!“. Was der Geschäftsreisende nicht wusste: Wer in Bremen ein Klabauterbett bucht, übernachtet in einer einfachen Kajüte auf einem richtigen Schiff. Vor neun Jahren wurden Benjamin Feth und Katharina Berndt zu Gastgebern auf der Weser. Im Laufe der Jahre richteten sie drei ganz unterschiedliche Schiffe für Gäste her, die Lust haben, Bremen auf eine unkonventionelle Art zu erleben. Das Vierte und Größte von allen wird gerade umgebaut. Nicht viele hatten den beiden anfangs diesen Erfolg zugetraut. „Wir sind schon ziemlich stolz darauf, wie wir das ganz alleine geschafft haben“, sagt Katharina Berndt.

Das Hotel, das der Gast erfolglos gesucht hatte, nennt sich „Ronja“ und ist tatsächlich leicht zu übersehen. Es schmiegt sich auf der Woltmerhauser Weserseite in zweiter Reihe an die mächtige „Liefde", deren Deck man überqueren muss, um auf den historischen Segelklipper zu gelangen. Die Ronja ist ein rund 27 Meter langer Schoner, der im Jahr 1910 im holländischen Papendrecht vom Stapel lief. Für Benjamin Feth ist sie nichts weniger als ein Lebenstraum, den er sich selbst erfüllte. „Es war immer mein Traum, auf einem Schiff zu wohnen“, sagt der 40-jährige gelernte Orthopädietechniker.

Schon während seiner Ausbildungsjahre in Bremervörde hatte er sich als 20-Jähriger den Küstenkreuzer „Jule“ angeschafft, restauriert und wohnlich eingerichtet. Von Berufs wegen zog er nach der Gesellenprüfung in eine Bremer Wohnung. Der Wunsch nach dem Wohnen auf dem Wasser blieb. „Er hat ständig davon gesprochen und hatte sehr genaue Vorstellungen davon, wie das Schiff aussehen sollte", erzählt Katharina Berndt, Lebenspartnerin seit 2012. Die Ronja, die in den Niederlanden zum Verkauf stand, war das Traumschiff.

Banken glaubten nicht an den Erfolg der Klabauterbett-Flotte

Zwei Monate dauerte die Überfahrt im Winter 2014 mit mehreren wetterbedingten Unterbrechungen und Kurswechseln. Viel schwieriger war aber etwas ganz anderes, erzählt Berndt. Von der Idee, ein Schiff zur Herberge umzubauen, war im Heimathafen damals niemand zu überzeugen. „Obwohl sich Bremen zu dieser Zeit mit der maritimen Vergangenheit schmückte und als „Stadt am Fluss" für sich warb, fanden wir keine Bank, die uns einen Kredit geben wollte, ganz zu schweigen von Fördermitteln", erklärt die 41-Jährige, die in Potsdam aufgewachsen ist. „Hätten wir einfach ein Haus kaufen wollen, dann hätte man uns problemlos das Vierfache geliehen."

Der Einwand, dass so etwas in den Niederlanden gang und gäbe sei, galt nicht als Argument. „Wir seien hier ja nicht in den Niederlanden, sagte man uns." Entmutigen ließ sich das Paar dennoch nicht. Mit Unterstützung von privaten Kreditgebern und in ungezählten Arbeitsstunden erhielt das zuvor völlig entkernte Schiff ein neues Innenleben. In der vorderen Hälfte entstand die Herberge mit muckeliger Kombüse und vier Kajüten. Schlafen wie die Matrosen kann man in der „Klüverkoje",  die nur über eine Luke an Deck und mit Leiter erreichbar ist.   

Die Ronja und ihre ältere Schwester Jule – die inzwischen durch den Segler Kaja ersetzt wurde – wurden als Unterkünfte über die gängigen Buchungsportale und die Webseite www.klabauterbett.de rasch gefunden und gerne gebucht. Im Jahr 2019 kam mit dem Motorboot Johann aus dem Besitz von Benjamin Feths Großeltern ein Bruderschiff hinzu. Die Gäste kommen von überall her und umspannen alle Generationen. Es können Stadtbesucher aus ganz Deutschland sein, aus den europäischen Nachbarländern und aus Übersee, es sind Touristen, Handwerker auf Montage und Manager auf Dienstreise, Familien, Freundeskreise. „Alles querbeet", sagt Feth. „Was sie alle verbindet: Sie suchen das Unnormale.“

Einmal im Jahr fährt das Hotel an die Nordsee

Einige wenige haben im Laufe der Jahre allerdings ihr blaues Wunder erlebt – zumeist, weil sie sich nur die Preise und die Fotos angeschaut hatten, und buchten, ohne sich den Informationstext durchzulesen. Enttäuscht oder ärgerlich war darunter aber niemand, betont das Gastgeberpaar. So wie der besagte Geschäftsmann, der das Hotelgebäude gesucht hatte. „Ich sah ihn am nächsten Tag ganz entspannt auf dem Sonnendeck beim Kaffee mit anderen Gästen“, erzählt der Klabauter-Kapitän. „Den wichtigen dienstlichen Termin hatte er verschlafen.“

Den hinteren Bereich der Ronja bewohnt von Anfang an die Besatzung, zu der seit fast neun Jahren Sohn Merlin gehört. Nur 50 gemütliche Quadratmeter teilt sich die Familiencrew mit dem wuscheligen Hundebär Fiete und Schiffskatze Minka. Doch dafür hat man den unverstellten Blick auf den Himmel, den Horizont und die Stadt, und den Duft von Freiheit und Unabhängigkeit in der Nase. „Das ist schon Luxus", sagt Katharina Berndt. Einmal pro Jahr werden die Segel gesetzt und die Ronja nimmt Fahrt auf Richtung Nordsee zum Familienurlaub, erzählt Feth. „Das ist mir wichtig: alle unsere Schiffe sind seetauglich und fahrbereit, und die Tanks sind immer gefüllt." 

Im Jahr 2020 fiel sein Blick auf die „Glückauf“, die seither einige hundert Meter flussaufwärts zur vierten Herberge umgebaut wird. In dem Binnenschiff, das einst Kies über ostdeutsche Gewässer transportierte, entstehen zwei separate Ferienwohnungen. Der ehemalige Laderaum wird zum geräumigen Aufenthaltsraum. Katharina Berndt, die als freischaffende Künstlerin arbeitet, bekommt ein großzügiges Atelier. In Kürze soll die gesamte Klabauterbett-Flotte auf ihrem neuen Anlegeplatz gegenüber des Kellogg's-Geländes vereinigt werden.

Benjamin Feth hat schon wieder einen neuen Traum. Er stellt sich dort eine große Steganlage vor, umgeben von klassischen Schiffen, die man sich anschauen oder auf denen man etwas Besonderes erleben kann, erklärt er. Ein Beispiel: Demnächst mache dort ein wunderschöner alter Segler fest, in dessen Bauch sich eine historische Druckerei befinde. Der Eigner wolle dort Workshops und Kurse anbieten. Er sei sich sicher, dass ein lebendiger historischer Hafen eine Attraktion für die Hansestadt werden könnte, sagt Feth. An alle, die sich für diese Idee begeistern lassen und sie unterstützen könnten, gilt daher sein freundliches Kommando: „Komm, Bremen! Lass uns das irgendwie zusammen machen!“  

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