Kejven sitzt gerade mit frisch gestylter Frisur auf einem Sofa mitten im Einkaufszentrum Weserpark. Gleich ist er an der Reihe für das Fotoshooting. Das klingt wie für ein Casting für "Germany's Next Topmodel" – ist es aber nicht. Denn Kejven und seine beiden Freunde Alman und Lucas wollen lieber Deutschlands nächste Handwerker werden. Deshalb sind sie hier. Denn seit Mittwoch hat hier im Weserpark der Pop-up-Store der Jugendberufsagentur geöffnet. Das Motto lautet "Nicht ohne Ausbildungsplatz in die Sommerferien".
Deshalb ist der 16-Jährige hier. Über den Lehrer von einem Freund hat Kejven erfahren, dass man sich hier bis Sonnabend über Ausbildungsberufe informieren kann. Also hat sich der Schüler, der zur Oberschule Habenhausen geht, mit seinen Freunden hierher auf den Weg gemacht. "Ich möchte gern Maurer werden", sagt er. Praktika hatte er bereits im Einzelhandel und im Kindergarten.
Je eher der Kontakt zur Kammer, umso besser
Ob es in seiner Familie bereits Maurer gibt? "Ja, in meiner Heimat." Damit meint er Mazedonien, denn er ist erst seit gut sechs Jahren in Bremen. Seinen Freund Alman hat er im Flüchtlingsheim kennengelernt. Alman weiß, dass er auch in einen Handwerksberuf möchte. Der 16 Jahre alte Schüler der Wilhelm-Olbers-Oberschule in Hemelingen weiß aber noch nicht, welchen.
Doch auch für solche Fragen hat die Handwerkskammer einen Stand. Dort berät Martin Kellner: "Die drei haben noch ein Jahr Schule vor sich. Wir haben jetzt ihren Kontakt." Das sehen Kellner und sein Kollege Frank Wilken als Vorteil. Da können sie mit Vorlauf beraten – zum Beispiel auf welche Schulfächer sie sich konzentrieren sollten, wenn sie schon wissen, was sie mal werden wollen.
Wunschberuf Anlagenmechaniker Heizung und Klima
Dann ist da noch Almans Freund Lucas. Der 15-Jährige geht auf die Oberschule Julius-Brecht-Allee und hat auch schon eine Vorstellung: "Ich würde gern eine Ausbildung zum Anlagenmechaniker Sanitär, Heizung und Klima machen."
Die drei wollten sich doch eigentlich nur über das Thema Ausbildung informieren. Dass sie hier kostenlos Bewerbungsfotos machen können, wussten sie nicht. Aber für die Fotos sollen sie ja auch gut aussehen. Deshalb ist vom Weiterbildungszentrum der Handwerkskammer auch noch die Hairdesign-Akademie hier. Sie bildet aus und schult um zum Friseur. Negervan Mohamed macht seit einem Jahr eine solche Umschulung zum Friseur und wird in einem Jahr fertig sein. Seine Praxis sammelt der 33-Jährige mit syrischen Wurzeln in Schwachhausen im Salon Hamrar in der Hollerallee. Nun stylt er also Almans Haare, damit der gleich für die Bewerbungsfotos eine gute Figur macht. Dabei sagt Mohamed: "Am liebsten mag ich Hochsteckfrisuren." Doch da erst jetzt die typischen Hochzeitsmonate angebrochen sind, wird er dafür noch genug Gelegenheit haben.
Beratung vor Ort ruhig mit Eistüte in der Hand
In dem nur leicht improvisierten Fotostudio wartet Joe Nickel-Rhone bereits auf die Jungs. Sie studiert Kommunikationsdesign an der Hochschule für Künste und mag am liebsten Porträt-Fotografie. Wenn Sie mit ihren Fotos den jungen Menschen zu einer guten Bewerbung und zum Ausbildungsplatz verhelfen kann, freut sie das.

Die Design-Studentin Joe Nickel-Rhone macht im Weserpark kostenlos Bewerbungsfotos von den jungen Bewerbern.
Es ist nicht das erste Mal, dass die Jugendberufsagentur mit einem solchen sogenannten "Pop-up-Store" für ein paar Tage ihre Zelte außerhalb der eigenen Räume aufschlägt. Für Tessa Ring und ihre Kollegen geht es darum, da zu sein, wo auch die jungen Menschen anzutreffen sind: "Eisschleckend und mit Einkaufstüte in der Hand – so soll das hier ruhig sein, wenn wir die Jugendlichen über mögliche Ausbildungsberufe informieren."
Aus dem Team ist deshalb auch immer jemand in der Hauptachse des Weserparks unterwegs, um junge Menschen anzusprechen und in den Pop-up-Store zu bringen. Der ist zwischen Edeka, der Nordsee und der Drogerie Müller – also leicht versteckt.
Absage erhalten – kein Problem
Aber dafür gibt es ja wiederum die Lehrerschaft von Bremens Schulen. Viele von ihnen wissen von diesem Angebot, eine ganze Reihe von ihnen waren bereits klassenweise am Mittwochnachmittag vor Ort. Da hatte auch die Hanseatische Steuerberaterkammer Bremen gute Gespräche mit Jugendlichen geführt. "Einige haben bei ihren Bewerbungen vielleicht erst jetzt eine Absage erhalten, deshalb ist jetzt ein guter Zeitpunkt, um den Kontakt zu den Jugendlichen zu suchen", sagt Sabine Ristedt, die bei der Kammer für das Thema Ausbildung zuständig ist. Ebenso ist auch die Bremer Handelskammer vor Ort und berät, immerhin sind laut Arbeitsagentur gut 450 Ausbildungsplätze im Land Bremen noch unbesetzt.
Der Pop-up-Store berät junge Menschen auf der Suche nach einer Ausbildung noch am Freitag von 14 bis 18 Uhr und am Sonnabend von 11 bis 18 Uhr. Kostenlose Bewerbungsfotos sind noch am Freitag möglich, am Sonnabend nicht. Kejven, Alman und Lucas fuhren frisch gestylt und mit Bewerbungsfoto nach Hause – dabei wollten sie doch eigentlich nur Infos zum Thema Ausbildung.