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Boot Düsseldorf Je größer die Jacht, desto besser

Bremer Händler, Aussteller und Zubehörspezialisten sind mit der Boot Düsseldorf schon vorm Finalwochenende zufrieden.
25.01.2018, 19:01 Uhr
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Von Volker Kölling

Düsseldorf. Es werden wieder Jachten gekauft – je größer, desto besser. Dementsprechend zufrieden sind gerade die Bremer Bootshändler schon vor dem Finalwochenende der internationalen Wassersportmesse Boot, die noch bis Sonntag läuft. Die Halbzeitbilanz bei vielen Zubehörspezialisten fällt etwas weniger euphorisch aus. Aber alle sagen, dass Düsseldorf noch einmal internationaler geworden ist und das B2B-Geschäft blüht.

Ralf Hartwig ist gedanklich schon bei der Frage, wie er im nächsten Jahr eine 23 Meter lange Galeon-Jacht noch irgendwie in die Superjachthalle 6 gemogelt bekommt. Diesmal hat er mit 1000 Quadratmetern Stand für den HW Bootscenter den größten Auftritt eines Bremer Messeplayers. Mit sechs Schiffen ist es trotzdem diesmal schon fast zu eng auf der Fläche. Denn 600 Quadratmeter davon sind eben schon für den Komplex mit der großen Lounge samt Restauration, für Besprechungszimmer und die Büros reserviert – ein Edelfirmensitz mit der Standzeit von neun Tagen. Aber der Aufwand lohnt sich offenbar: „Die Leute geben heutzutage eine Unmenge an Geld aus für ihre Freizeit. Und solch ein Auftritt hier in Düsseldorf ist ein Muss, wenn man international mitspielen will,“ sagt der Motorjachtspezialist.

Die Kundschaft von Albert Drettmann fährt in der Regel mit Crew. Als Händler für Majesty Yachts aus Dubai hat der Hemelinger eine 31,70 Meter lange Superjacht in die Halle karren lassen, fünf dieser Schiffe sind gerade zeitgleich in Bau, verrät er und strahlt über beste Geschäfte: „Es lief ja Jahre alles nur noch reduzierter. Aber im Moment habe ich das Gefühl, dass die tollen Zeiten wiederkommen: Alle geben Geld aus und alle sind gut gelaunt.“ 35 Leute hat Drettmann an seinem Stand beschäftigt, seine Frau Claudia mitgezählt. Die Beratung der Kunden geht schnell ins Detail. Die Leute kaufen ein Serienschiff, erwarten aber auch etwa bei der „Majesty 100“, dass noch ganz viele individuelle Wünsche für die 5,5 Millionen Euro eingebaut werden. Passen die irgendwann nicht mehr selbst in diese Bootsgröße, muss halt die Nummer größer bestellt werden. Drettmann: „Wir können in Dubai momentan bis 53 Meter bauen – und das zu einer Qualität in einem Preis-Leistungsverhältnis, das dreißig Prozent unter dem der Mitbewerber liegt.“

Wer etwas ganz Eigenes und kein Serienschiff will, kann sich eine Halle weiter einen Termin bei Immo Lüdeling und Tim Ulrich geben lassen. Die beiden Jachtkonstrukteure von Beiderbeck Designs mit Sitz im alten Speicher von Vegesack sind praktisch ununterbrochen in Meetings mit Menschen, die sich ihr ganz eigenes Schiff bauen oder ihre alte Superjacht auf den Kopf stellen lassen wollen. Tim Ulrich: „Die Boot läuft für uns gerade allerbestens. Wir werden das Refit für die „Rising Sun“, eine 140-Meter-Superjacht machen und sitzen gerade noch in Gesprächen für den Bau einer 25-Meter-Motorjacht.“

Beim 140-Meter-Schiff zu helfen, würde auch Holger Simon vom Bremer Unternehmen Kaefer Schiffsausbau interessieren. Simon und seine Kollegen sind am Gemeinschaftsstand „Deutsche Yachten“ zu treffen, wo sich auch die Fassmer-Werft aus Berne und die Bremerhavener Konstruktionsschmiede Judel/Vrolijk & Co präsentieren: „Für uns sind die meisten hier gezeigten Schiffe zu klein. Deshalb sind wir vor allem zum Netzwerken auf der Boot."

Das kann Albert Schweizer von Incidences Segel aus Vegesack bestätigen, der besonders viele Franzosen auf der Messe ausgemacht hat: „Auf dem Pariser Bootssalon werden die Premieren neuer Jachten weniger wie bei vielen anderen Messen auch. Alle Hersteller konzentrieren sich auf Düsseldorf.„ Das eigene Geschäft – der Verkauf hochwertigster Lösungen für den Vortrieb durch den Wind – läuft gerade so zufriedenstellend für Schweizer: „Die Branche ändert sich: Es gibt immer weniger Vollblutsegler, aber viele Quer- und Neueinsteiger. Die erwarten heute auch auf dem Segelschiff, dass alles vollautomatisch passiert.“ Da werde es für Segelmacher dann manchmal schwierig.

Heide Giese-Bothe von Gleistein Ropes aus Blumenthal bietet am Gemeinschaftsstand mit den Bremer Kollegen von Beilken Sails und Hahnfeld Masten Ratsuchenden Seglern deshalb gleich das komplette Programm vom Deck bis zur Mastspitze an. Mitunter stehen die Kunden in Scharen vor dem Stand: „Und dann gucken wir uns plötzlich wieder an und fragen uns, ob die Messe vergessen hat die Tore zu öffnen. Es ist sehr unterschiedlich in diesem Jahr.“ Positiv sieht sie, dass wie Gleistein praktisch alle Hersteller von Wassersportartikeln inzwischen auch direkt selbst auf der Messe vertreten sind: „Das bringt Tiefe in die Beratung. Und es ist auch gut für den B2B-Austausch untereinander.“ Wie aufs Stichwort taucht ein italienischer Gleistein-Händler am Stand auf, um sich von Heide Giese-Boote die neuesten Seile aus der Jachtkollektion zeigen zu lassen.

Geht es um Kreativität, kommt man in diesem Jahr nicht an Ulrich Schürgs „Elan GT 5“ vorbei, einer Deckssalon-Segeljacht mit gutem Speedpotenzial. Für die perfekte Präsentation hat „Elan“ beim Ausstellungsschiff den Kiel weggelassen und die 13,20 Meter Traumschiff in ein Wasserbecken gestellt. Schürg: „Das hat es so vorher hier noch nie gegeben.“ Der Lesumer Jachthändler muss sich eigentlich zwischen sechs Ständen zerreißen, auf denen Boote der von ihm in Deutschland vertretenen Marken zu sehen sind – von Blauwasserjachten für die Weltumsegelung von „Discovery Yachts“ oder den Alu-Hubkielern von „Allures“ bis hin zum Katamaran „Bali 4.0“ von Catana. Sein Eindruck vom Messegeschäft: „Tendenziell läuft es besser als in den Vorjahren.“

Auch bei seinem Grohner Kollegen Klaus Tietze von Catsale brummt das Geschäft. Und das, obwohl der die Trimarane von „Neel“ und die Hochsee-Highspeed-Katamarane von „Outremer“ gar nicht live und anfaßbar in der Halle 15 präsentiert. Mehrrumpfboote sind im Kommen, und neue Ideen in diesem Sektor werden viel bestaunt. Tietzes Tochter Guiletta Scheer zeigt stolz eine frische Auszeichnung für den Trimaran „Neel 51“. Klaus Tietze: „Oben auf den drei Schwimmern hat der Eigner sein Schlafzimmer praktisch hinter der Panoramascheibe und guckt im Bett über seine Füße auf das Wasser.“ Die sechs Meter breite Schiebetür zwischen Cockpit und Salon lässt sich komplett zur Seite schieben, so dass ein riesiger Lebensraum entsteht: „Cockloon“ heißt dafür die Wortschöpfung der französischen Werft für die Verbindung von Cockpit und Salon. Der Lifestyleaspekt hat offenbar auch die Fachjury der europäischen Yachtmagazine überzeugt, glaubt Klaus Tietze: „Und nebenbei segelt die Neel auch noch richtig gut und schnell: Die legt sich am Wind auf eine Seite, hebt den einen Schwimmer zappelig in die Luft und zischt richtig ab.“ Der Titel „European Yacht of the Year“ ist jetzt noch ein Argument für den Kauf des Dreibeins, so man denn 800 000 Euro für sein nächstes Boot übrig hat.

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