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Problem bei der kontaktlosen DHL-Zustellung Auf der Suche nach dem Paket

Wegen der Pandemie soll die Paketzustellung nahezu kontaktlos sein. Bei DHL quittiert sich der Bote selbst die Zustellung. Wie dabei in Bremen eine Armbanduhr im Wert von mehreren tausend Euro verschwunden ist.
30.07.2021, 17:56 Uhr
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Auf der Suche nach dem Paket
Von Florian Schwiegershausen

Mit Beginn der Pandemie haben sich die Paketversender Gedanken gemacht, wie man ein Paket zustellen und dabei gleichzeitig den Kontakt zwischen Boten und Empfänger verhindern kann. Bei DHL etwa können die Zusteller selbst quittieren, dass sie die Sendung an den Empfänger oder einen Nachbarn übergeben haben. Genau dieses System führt nun zu Ärger: Es geht um eine mehrere tausend Euro teure Armbanduhr der italienisch-schweizerischen Marke Panerai.

Im Juni hat Andreas H. von Rotenburg/Wümme aus mit DHL ein Paket nach Bremen auf die Reise geschickt. Die Sendung enthielt eine Panerai-Armbanduhr eines Bekannten, die mehrere tausend Euro wert ist. Die Uhr ist gebraucht und sollte aufgearbeitet werden. Andreas H. kennt jemanden, der so etwas kann. Diesen hat er an seinen Bremer Bekannten vermittelt. Als die Uhr fertig war und aussah wie neu, hat Andreas H. die Uhr auch zurück nach Bremen-Schwachhausen geschickt, wo der Besitzer wohnt.

Zwei Wochen nachdem er das Paket verschickt hatte, fragte er in Bremen nach, ob der Besitzer denn zufrieden sei mit der Aufarbeitung der Uhr. Der sagte ihm am Telefon: „Wieso? Die Uhr habe ich doch bisher gar nicht erhalten.“ Da wurde Andreas H. stutzig und gab die Sendungsnummer im Internet ein, um das Paket nachzuverfolgen. Dort sah er: Einen Tag nach Einlieferung soll das Paket bereits angekommen sein. Laut der Einträge im Internet hat es der DHL-Zusteller der Empfängerin überreicht. Da wurde Andreas H. noch stutziger. Schließlich hatte er es doch an seinen Bekannten, also einen Empfänger adressiert. „Zum Glück hatte ich die Uhr unter Zeugen eingepackt“, sagt er.

Bei den Nachforschungen von Andreas H. stellte sich heraus, dass es sich bei der Empfängerin, an die er das Paket angeblich adressiert haben soll, um die Nachbarin seines Bekannten handelt. Doch weder sie war nachweislich an dem Tag zu Hause, noch der Bekannte selbst. Der DHL-Zusteller hatte aber selbst quittiert, dass er das Paket an die Nachbarin zugestellt hat.

Von der Sendung mit der wertvollen Armbanduhr fehlt nun jede Spur. Andreas H. ist verärgert: „Ich hatte extra ein unscheinbares neutrales Paket verwendet, damit es von außen keine Begehrlichkeiten weckt. Er beschwerte sich beim Paketunternehmen DHL und stellte einen Nachforschungsauftrag. Bis das in Gang kam, brauchte es auch einige Tage. Weil sich das hinzog, hat Andreas H. mittlerweile auch Anzeige gegen den DHL-Zusteller erstattet. Schließlich hatte der sich selbst die auftragsgemäße Übergabe quittiert.

Andreas H. ärgert sich aber auch über sich selbst: „Das Paket ist standardmäßig versichert.“ Das bedeutet, dass im Verlustfall DHL bei Werten höchstens bis zu 500 Euro zahlt. Andreas H. hatte trotz der teuren Uhr auf DHL vertraut, weil er bisher immer gute Erfahrungen gemacht hatte.

Hoffnung, dass das Paket mit der Uhr wieder auftaucht, hat er keine mehr. Zusätzlich hatte er bei Geschäften in Bremen angerufen, die Armbanduhren in Zahlung nehmen: „Ich wollte wissen, ob bei ihnen in den vergangenen Wochen eine solche Uhr angeboten wurde; und wenn nicht, dann sind die Läden gewarnt.“

DHL verfolgt den Fall ebenso. Laut Sprecherin Maike Wintjen laufen die Nachforschungen. Man warte allerdings noch auf die Eingabe des Besitzers der Armbanduhr. Zum Prozedere, dass sich die Zusteller seit mehr als einem Jahr selbst die Abgabe beim Empfänger quittieren können, sagte Wintjen: „Wir sehen in diesem System keine Schwachstellen.“

Das sieht die Verbraucherzentrale Bremen anders. Rechtsexperte Mathias Hufländer macht den Geschädigten sogar Hoffnung, dass unter bestimmten Voraussetzungen DHL nicht nur für die üblichen 500 Euro als Versicherungssumme aufkommen müsse, sondern sogar für den gesamten Schaden. Er sieht in diesem kontaktlosen Zustellsystem von DHL bei gewissenhaften Mitarbeitern und bei einer normalen Arbeitsbelastung der Zusteller nur wenige Tücken. Doch der Jurist gibt zu bedenken: „Allerdings müssen die Paketzusteller auch bei kontaktloser Übergabe dafür sorgen, dass Pakete nur unter Aufsicht zugestellt werden. Bei Verlust oder Beschädigung der bestellten Ware wird es sonst sehr schwierig für DHL, zu beweisen, dass das Paket tatsächlich zugestellt worden ist.“

Denn wird das Paket mit bestellter Ware nicht persönlich übergeben und geht es verloren, so müsste laut Hufländer der Händler beziehungsweise das Transportunternehmen die ordnungsgemäße Zustellung inklusive persönlicher Übergabe erst einmal beweisen können: „Hier werden die Unternehmen lediglich den Zusteller als Zeugen benennen können. Hat der Adressat des Pakets eine andere Wahrnehmung, stünde Aussage gegen Aussage. Die Zeugenaussage des für die Zustellung verantwortlichen Zustellers wird vor Gericht nur einen sehr geringen Beweiswert haben.“

Der Jurist führt weiter aus, dass hier durchaus Vorsatz im Spiel sein könne: „Wenn im vorliegenden Sachverhalt sowohl die Nachbarin als auch der eigentliche Adressat des Pakets den Nachweis führen können, dass sie zum Zeitpunkt der behaupteten Zustellung nicht zu Hause waren, dann liegt der Vorwurf nahe, dass der Paketzusteller nicht ordnungsgemäß gehandelt hat und durch sein vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten den Verlust des Pakets verursacht hat.“

Wenn das der Fall ist und das Paket von einer Privatperson, also einem Verbraucher, verschickt wurde, ist laut Hufländer der Haftungsausschluss unwirksam gemäß Paragraf 307, 7b im Bürgerlichen Gesetzbuch. Das heißt: Der Geschädigte würde den vollen Schaden ersetzt bekommen – und nicht nur die 500 Euro Versicherungssumme. Der Rechtsexperte der Verbraucherzentrale sagt: „Am sichersten wäre es natürlich gewesen, wenn die Versicherung entsprechend hochgesetzt worden wäre.“

Andreas H. richtet sich darauf ein, dass sich dieser Fall noch länger hinziehen wird. Er will mit seinem Beispiel aber andere Verbraucher warnen, damit ihnen nicht Ähnliches widerfährt.

Info

Nachbarschaftshilfe mit Tücken

Oft passiert es, dass ein Zusteller im Mehrparteienhaus klingelt und fragt, ob man das Paket für den Nachbarn entgegennehmen könne. Diese übliche Nachbarschaftshilfe kann am Ende aber Kosten nach sich ziehen, wenn es schlecht läuft: Je nach Paketunternehmen kann es sein, dass der Zusteller das Paket einfach nur schnell im Erdgeschoss neben die Eingangstür im Innenbereich stellt und dann fix zum nächsten Haus geht. Dann sollte man schnellstens nach unten gehen und das Paket an sich nehmen.

Der Grund dafür: Wenn von dem Punkt an das Paket verschwindet, kann der Nachbar, für den das Paket bestimmt war, denjenigen, der das Paket bereitwillig stellvertretend für ihn angenommen hat, haftbar machen. Noch schwieriger wird es, wenn der Inhalt des Pakets beschädigt wurde. Im schlimmsten Fall muss derjenige, der aus Hilfsbereitschaft das Paket in Empfang genommen hat, den Beweis führen, dass der Inhalt nicht in seiner Obhut beschädigt wurde.

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