Die meisten Leistungen sind vorgeschrieben, dennoch unterscheiden sich die gesetzlichen Krankenkassen in ihren Angeboten - etwa durch ihre Bonusprogramme. Gleiches gilt für den Zusatzbeitrag, den die Kassen selber festlegen können. Eine Erhöhung dieses Beitrags wird im nächsten Jahr aus Expertensicht immer wahrscheinlicher. Das liegt unter anderem daran, weil die Rücklagen vieler Kassen aufgebraucht und durch Corona die Kosten gestiegen sind. Ob und welcher Höhe die Krankenkassen ihre Zusatzbeiträge erhöhen werden, das entscheiden die Verwaltungsräte der Kassen in der Regel in den Dezemberwochen - auch in Bremen und Niedersachsen.
Durchschnittlich lag der Zusatzbeitrag in diesem Jahr bei 1,3 Prozent, 2020 waren es 1,1 Prozent. Vor dem Hintergrund der finanziellen Belastungen sei es fraglich, ob sich die Kassenbeiträge wie von der Bundesregierung gewünscht auf Dauer stabil halten lassen würden, zitiert das "Handelsblatt" Thomas Lemke, Geschäftsführer des Deutschen Finanz-Service Instituts (DFSI). „Auch Krankenkassen, die in der Vergangenheit solide gewirtschaftet haben, geraten wirtschaftlich zunehmend unter Druck, weil sie ihre Rücklagen abbauen mussten." Aus Sicht des DFSI ist die Wahrscheinlichkeit allerdings hoch, dass künftige Beitragssteigerungen bei einer finanziell gut aufgestellten Kasse geringer ausfallen werden. Welche Kassen gut aufgestellt sind, das hat das "Handelsblatt" in einem DFSI-Ranking veröffentlicht, das neben den Beitragssätzen auch die Finanzdaten von 70 allgemein geöffneten gesetzlichen Krankenkassen berücksichtigt.
Ganz weit vorne platziert sind die BKK Firmus (Platz 2) und die HKK (Platz 4). Die AOK Niedersachsen belegt Platz 32, die AOK Bremen/Bremerhaven Rang 35. Die HKK hatte vor einem Jahr den Zusatzbeitrag, den je zur Hälfte Arbeitgeber und Arbeitnehmer zahlen, unverändert bei 0,39 Prozent belassen. Auch die BKK Firmus, die ihren Verwaltungssitz in Bremen hat, kam ohne Erhöhung aus - zumindest bis Mitte dieses Jahres: Die Krankenkasse erhöhte den Zusatzbeitrag zum 1. Juli von 0,44 auf 0,84 Prozent. Ob Kassen erhöhen dürfen, hängt auch immer von der Höhe der Rücklagen ab. Bei der AOK Bremen/Bremerhaven ging es um 0,6 Punkte auf 1,3 Prozent rauf, bei der AOK Niedersachsen um 0,5 Punkte auf 1,3 Prozent.
Die gesetzlichen Krankenkassen wurden in den vergangenen Monaten nicht nur durch zusätzliche Kosten durch die Corona-Pandemie belastet, sondern auch dadurch, dass viele Unternehmen insbesondere im vergangenen Jahr Probleme hatten, für ihre Beschäftigten die fälligen Beiträge an die Krankenkassen abzuführen. Das ist aber noch nicht alles: Um das durch die Corona-Kosten entstandene Milliarden-Loch im Gesundheitsfonds mit zu stopfen, hat der Bund die Kassen gezwungen, ihre Rücklagen abzubauen. Davon sind also auch die überregional agierende Bremer Handelskrankenkasse (HKK), die AOK Bremen/Bremerhaven, BKK Firmus und AOK Niedersachsen betroffen.
In diesem Jahr läuft es besser: Im ersten Quartal 2021 hatten die gesetzlichen Krankenkassen zusammen rund 16 Milliarden Euro an liquiden Mitteln und Rücklagen gemeldet. Damit liegt die Reserve immer noch weit über der gesetzlich vorgeschrieben Marke, aber 2019 hatten die gesetzlichen Kassen noch knapp fünf Milliarden mehr im Rücklagentopf. Allerdings sind die Corona-Pandemie-Kosten noch längst nicht abgebaut, und außerdem steigen die Kosten allgemein im Gesundheitssystem.
Zur verpflichtenden Abführung in den Gesundheitsfonds - in diesem Jahr sind es insgesamt acht Milliarden Euro - sagt HKK-Sprecher Ilja Mertens: "Als solide wirtschaftende Kasse muss die HKK auf diese Weise knapp 200 Millionen Euro ihres über mehrere Jahre aufgebauten Vermögens an den Gesundheitsfonds zurückführen." Dennoch werde die HKK nach heutiger Einschätzung Ende 2021 über ein Vermögen von mehr als dem Doppelten der gesetzlich vorgeschriebenen Mindestrücklage verfügen. "Hinsichtlich des im Handelsblatt erschienenen Qualitätsratings freuen wir uns sehr über unsere Platzierung als eine der vier besten bundesweiten Krankenkassen." Neben der Einschätzung unserer Finanzkraft, die im absoluten Spitzenfeld liegt, wurden auch unser Leistungsangebot und unser Kundenservice weitaus besser bewertet als im Kassendurchschnitt.
"Wir sind sehr zufrieden damit, dass sich unser seriöses und nachhaltiges Wirtschaften in den zurückliegenden Jahren auszahlt, was unter anderem auch an derartigen Aufstellungen sichtbar wird", so Bastian Burghardt, Sprecher von BKK Firmus. Die politisch initiierte Abschmelzung eines Teils der vorhandenen Kassenvermögen treffe die BKK Firmus empfindlich. "Zwar werden zum Jahreswechsel unsere Rücklagen nicht gänzlich aufgebraucht sein, jedoch leisten wir mit einem zweistelligen Millionenbetrag einen nicht unerheblichen Beitrag zur Stabilisierung der Sozialbeiträge im kommenden Jahr."