Bremen. In immer mehr Bremer Einkaufszonen nehmen Händler und Grundstückseigentümer die Aufwertung ihrer Straße selbst in die Hand. Mit den sogenannten Business-Improvement-Districts (BID) wollen sie die Attraktivität ihrer Zone steigern. In der Sögestraße entsteht jetzt eine weitere Standortinitiative – die aus den Erfahrungen der bestehenden BIDs manches lernen könnte.
Wenn der Antrag beim Wirtschaftssenator schnell durchkommt, kann die City-Initiative für die Sögestraße schon im Januar 2012 ihre ersten Vorhaben umsetzen: Bislang sind zum Beispiel modernerer Weihnachtschmuck, Grünpflanzen und zusätzliche Reinigungen geplant. „Wir wollen den Antrag für den BID noch vor der Sommerpause stellen“, sagt Jan-Peter Halves, Geschäftsführer der City-Initiative, der den Innovationsbereich in der Sögestraße vorantreibt.
Bislang gibt es in Bremen zwei Innovationsbereiche, wie die BIDs auch genannt werden: Im Oktober 2009, nachdem die Bürgerschaft mit einem neuen Gesetz die Grundlage legte, gründeten sich eine Standortinitiative rund um den Ansgarikirchhof und eine weitere im Viertel. Etwa 380Grundstückseigentümer im Ostertor und Steintor finanzieren die Initiative durch verpflichtende Abgaben, die zum Beispiel in Straßenschmuck, Feste oder Sonderaktionen wie die Kulturbaustelle fließen. Die verpflichtenden Beiträge für Grundstückseigentümer sorgten allerdings auch für Streit: Eine Anliegerin zog sogar gegen die Zwangsabgabe vor Gericht.
„Zone im Viertel viel zu groß“
„Aus den Erfahrungen mit dem BID im Viertel lässt sich viel lernen“, sagt Halves von der Sögestraßen-Initiative. „Die Zone dort ist viel zu groß.“ Bei über 300 Anliegern im Viertel bekomme man kein Gemeinschaftsgefühl mehr hin: „Da kennt man sich einfach nicht mehr“, so Halves.
Auch die große Uneinheitlichkeit sieht er als Problem: Im Viertel gehen Halves zufolge Kerngebiet und Mischgebiet ineinander über. „Vom Theater am Goetheplatz bis zum Sielwall ist der Ostertorsteinweg so etwas wie Großstadt, ein Kerngebiet, wo wir alle hingehen“, sagt Halves. „Aber im Steintor zwischen Ziegenmarkt bis zum Lüneburger Platz hat die Straße eher den Charakter eines Stadtteilzentrums, das vor allem die direkten Anwohner nutzen.“
Tatsächlich hatten sich in der Vergangenheit unter anderem Händler aus dem Steintor beklagt, das Geld aus den Abgaben werde vielfach in Aktionen wie den Samba-Karneval oder das Viertelfest investiert, die nur im Ostertor stattfinden, nicht aber im Steintor.
Solche Schwierigkeiten sieht der Initiativen-Sprecher für die Sögestraße nicht: „In der Sögestraße ist das Gebiet viel überschaubarer und einheitlicher, es gibt ja dort kaum Wohngebiet“, sagt Halves. „Wir haben hier 45 Immobilienbesitzer, das ist ein gutes Maß.“
Verpflichtende Abgabe für Eigentümer
Die Bremer Haus & Grund als Interessensvertretung der Immobilieneigentümer ist kein grundsätzlicher Kritiker der BID im Viertel und informierte ihre Mitglieder über die Pläne für den Innovationsbereich. Trotzdem hat der Bremer Geschäftsführer Bernd Richter teilweise Bedenken: „Ein Problem ist, dass mindestens 30 Prozent der Anwohner widersprechen müssen, damit ein BID verhindert wird. Geschieht das nicht, dann geht man davon aus, dass die Mehrheit dafür ist“, sagt Richter.
Diese schweigende Mehrheit fühlt sich aber teilweise gar nicht richtig informiert. Das hat damit zu tun, dass die Adressen der Immobilienbesitzer unter den Datenschutz fallen und deshalb nicht einfach von der Standortinitiative mit Info-Post angeschrieben werden können. Die Bremer Behörden haben die Adressen der Eigentürmer, von denen viele gar nicht in Bremen oder sogar im Ausland wohnen, dürfen sie aus Datenschutzgründen aber nicht herausgeben. Um die verpflichtende Gebühr einzuziehen, kommt man allerdings schon an die Eigentümer heran.
„Wenig konstruktive Kritik“
Diese Tatsache sorgte bei vielen Anliegern im Viertel für Kritik. „Ich finde es schade, dass so viele Beschwerden kommen und kaum konstruktive Kritik oder Vorschläge, wie man das Geld der Standortgemeinschaft besser investieren könnte“, sagt Viertelmanagerin Anne-Catherine Caesar, die bei der Interessengemeinschaft „Das Viertel“ (IGV) die Umsetzung der BID-Projekte koordiniert. „Viele im Viertel denken sehr kurzfristig und sehen gar nicht die Hebelwirkung, die viele unserer Projekte gebracht haben – zum Beispiel die große Aufmerksamkeit für die Kulturbaustelle.“
Die Standortgemeinschaft im Viertel will den Umsatz der Läden steigern, das Image der Zone verbessern und den Wert der Gebäude heben. Dazu investiert sie jedes Jahr mehr als 220.000 Euro aus den Abgaben der Eigentümer.
Umsatzsteigerung bislang ungewiss
Nach der Bilanz dieser Investitionen gefragt, stützt sich die IGV auf eigene Umfragen unter Händlern im Viertel, aus denen sie eine gute Entwicklung ableitet. „Die Umsätze im Viertel haben sich im Jahr 2010 positiv entwickelt“, heißt es im Jahresbericht der IGV. Schaut man genauer hin, dann zeigt sich allerdings, dass sich die Zahl der Händler mit sinkenden Umsätzen (38 Prozent) und die der Händler mit steigenden Umsätzen (36 Prozent) in dieser Umfrage etwa die Waage halten.
Die Ergebnisse beruhen auf den Antworten von nur rund fünfzig Kaufleuten – ein vergleichsweise kleiner Anteil der ansässigen Händler. Mehr als ein Stimmungsbild habe man auch gar nicht erstellen wollen, sagt Caesar von der IGV. Eine Umsatzsteigerung lässt sich aus dieser stichprobenartigen Befragung dennoch nicht herauslesen.
Um zu sehen, ob die BID-Projekte für eine Wertsteigerung der Immobilien im Viertel sorgen, sei es schlicht noch zu früh, sagt Bernd Richter von Haus und Grund: „Dafür braucht es längere Zeiträume als anderthalb Jahre. Die Wohnungsmieten waren im Viertel schon immer hoch, und die Gewerbemieten sind in den vergangenen Jahren gar nicht gestiegen“, so Richter.
Ob und wie gut der Innovationsbereich im Viertel seine eigenen Ziele erreicht, wird aktuell von den Wirtschaftsgeografen der Uni Bremen mit einer Studie geprüft, deren Ergebnis auch für die neue Sögestraßen-Initiative interessant sein dürfte. Ergebnisse wird es allerdings frühestens im Herbst geben.