Die Stimmung in der Metall- und Elektroindustrie im Nordwesten sieht düster aus. Das zeigt eine Konjunkturumfrage unter anderem vom Verband Nordmetall, die dem WESER-KURIER vorab vorliegt. Die Qualität des Standorts Deutschland verschlechtere sich aus Sicht der Arbeitgeber dramatisch, äußerte sich der Präsident von Nordmetall Folkmar Ukena zu den Ergebnissen. Jedes dritte Unternehmen gab an, seine Produktion sei von Lieferproblemen stark bis sehr stark betroffen. Zu keiner Phase der Pandemie war der Wert höher. In Bremen berichtet annähernd die Hälfte der Betriebe wegen der Engpässe von starken Produktionseinschränkungen.
Auch explodierende Energie- und Materialkosten und anhaltend hohe Krankenstände machten nötige Investitionen für die Firmen "immer schwieriger bis unmöglich". Außerdem fehlten der Industrie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. „84 Prozent unserer Betriebe beklagen die schlechte oder unbefriedigende Verfügbarkeit von Fachkräften, 74 Prozent das Fehlen von geeigneten Auszubildenden – das sind noch nie da gewesene Negativwerte“, sagte Folkmar Ukena. Die Industrie im Norden sei durch den wachsenden Fachkräftenotstand existenziell bedroht. Immer schwieriger wird es für die Unternehmen, geeignete Auszubildende zu finden. Die Lage auf dem Arbeitsmarkt in Bremen scheint dabei im Vergleich etwas entspannter.
Rund ein Drittel der Betriebe im Norden erwartet im nächsten halben Jahr eine schlechtere Geschäftsentwicklung. Was am Ende vor allem für die Verbraucher Folgen haben könnte: Der Großteil rechnet in den nächsten Monaten mit einem hohen bis mittleren Aufschlag auf die Verkaufspreise.
An der Umfrage mehrerer Verbände beteiligten sich 180 Betriebe aus Bremen, Niedersachsen, Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern. 40 Prozent der Unternehmen in Bremen beurteilen ihre Geschäftslage demnach derzeit als unbefriedigend. Fast die Hälfte der Betriebe in der Hansestadt will die Investitionen im Vergleich zum Vorjahr einschränken – der höchste Wert der fünf Bundesländer. Im Schnitt müssen 28 Prozent der Firmen ihre Investitionen reduzieren. In Bremen wollen zudem am wenigsten Unternehmen ihre Investitionen ausweiten.
Am Donnerstagabend stellt der Nordmetall-Präsident die Umfrage beim Martinsgansessen der Metall- und Elektroarbeitgeber im Norden vor. 400 Gäste aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft sind dazu ins Hamburger Hotel Grand Elysée eingeladen. Im Vorfeld warnte Ukena, in der jetzt schwierigen Lage für die Unternehmen dürften die "ohnehin hohen Arbeitskosten nicht zu einer noch größeren Belastung" werden: "Ich appelliere an die Gewerkschaft, dieser schwierigen Situation Rechnung zu tragen und mit uns rasch einen maßvollen, langlaufenden Tarifabschluss zu verhandeln.“