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Milka, Oreo und Co. Mondelez-Chef über Konsum-Trend: "Wird sich nicht wieder verändern"

Seit einem guten halben Jahr leitet Martin Kaufmann das Geschäft des US-Nahrungsmittelkonzerns Mondelez in Deutschland. Die Corona-Krise bescherte ihm gleich zu Beginn gute Zahlen - und ein paar Probleme.
22.02.2022, 18:15 Uhr
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Mondelez-Chef über Konsum-Trend:
Von Christoph Barth

Herr Kaufmann, seit einem guten halben Jahr verantworten Sie das Geschäft mit Milka-Schokolade, Oreo-Keksen, Tuc-Crackern, Philadelphia-Käse und all den anderen Mondelez-Produkten in Deutschland. Haben Sie sich schon durch das gesamte Sortiment durchprobiert?

In der Tat, ja. Und ich habe sogar schon vorher damit angefangen. Ein Großteil der Marken ist mir seit meiner Kindheit bekannt. Mein Vater hat sein ganzes Leben im Bereich Snacks gearbeitet, ich bin sozusagen damit aufgewachsen.

Mondelez hat gerade seine Zahlen für das abgelaufene Geschäftsjahr 2021 vorgelegt. Fünf Prozent Umsatzwachstum in Europa, das liegt sogar über den eigenen Zielen  – daraus darf man wohl schließen, dass das von Bremen aus geleitete Deutschland-Geschäft auch nicht so schlecht gelaufen ist, oder?

Es ist nicht schlecht gelaufen, da haben Sie recht. Wir veröffentlichen Zahlen ja nur auf Europa-Ebene, aber Deutschland leistet zu diesem Ergebnis einen ordentlichen Beitrag. Wir sind mit dem, was hier von dem Team in Bremen geleistet wird, schon ein Schwergewicht auf dem europäischen Markt.

Zu Beginn hat sich die Corona-Epidemie ja durchaus positiv auf ihr Geschäft ausgewirkt – die Leute mussten zu Hause bleiben und trösteten sich dort mit einer Tafel Schokolade. Hat dieser Effekt angehalten?

Die kurze Antwort ist: ja. Die Pandemie hat die Konsumgewohnheiten der Menschen beeinflusst und damit auch unser Snacking-Geschäft. Und wir glauben: Das ist eine neue Normalität. Wir sehen in unserer Studie, dass in Deutschland 80 Prozent der befragten Konsumenten mindestens einen Snack pro Tag essen, und die Pandemie hat das beflügelt. Wir gehen davon aus, dass sich diese Gewohnheiten nicht schlagartig wieder verändern werden.

Die negativen Folgen der Krise sind jetzt Lieferengpässe und Preissteigerungen in vielen Bereichen, auch bei Zutaten und Verpackungsmaterialien. Wie wirken die sich auf Ihr Geschäft aus?

Wir sehen spätestens seit dem vierten Quartal 2021 eine deutliche Kostensteigerung, zum einen bei den Rohstoffen wie Milch, Weizen oder Öl, aber auch bei Verpackungsmaterialien. Alles was knapp wurde, wurde auch teuer, bis hin zu Energie, Transport und Logistik. Ich kann mich nicht erinnern, in den 27 Jahren, die ich im Beruf bin, schon einmal solche Kostensteigerungen erlebt zu haben.

Wie gehen Sie damit um?

Bei den Lieferengpässen bemühen wir uns, die Dinge mit unserem Team hier in Bremen im Zusammenspiel mit unserer globalen Einkaufsabteilung täglich neu zu sortieren. Aber die Schwierigkeiten gehen nicht spurlos an uns vorbei – das haben wir zuletzt vor allem im Weihnachtsgeschäft gemerkt. Dennoch: Im Vergleich zu anderen Lieferanten schneiden wir – wenn wir dem Feedback unserer Kunden glauben – noch relativ gut ab.

Und bei den Kosten?

Wir sind als Unternehmen sehr effizient aufgestellt und bemühen uns ständig darum, unsere Abläufe zu verbessern. Damit können wir einen Teil der Kosten auffangen, aber nicht alles. Ein Teil muss sicherlich weitergegeben werden.

Ihr oberster Konzernchef hat bereits Ende vergangenen Jahres Preiserhöhungen für einige Mondelez-Produkte angekündigt. Wird Milka-Schokolade also bald teurer?

Die Kosten sind seitdem sogar noch einmal deutlich gestiegen. Die Endverbraucherpreise gestaltet jedoch der Handel und nicht wir.

Der Handel – namentlich Edeka-Chef Markus Mosa – macht die Markenhersteller selbst für ihre Probleme verantwortlich. Sie hätten ihre Beschaffungslogistik so zusammengespart, dass die Lieferketten in der Krise reißen, so der Vorwurf. Was entgegnen Sie dem Edeka-Chef?

Es ist richtig, wir waren auf solche Engpässe nicht eingestellt - kein Unternehmen war das, auch der Handel nicht. Alle Unternehmen sind ja ständig darum bemüht, ihre Prozesse weiter zu optimieren, das gilt auch für die Logistik. Wenn sich die Verhältnisse dann schlagartig verändern, muss man auch darauf wieder agil reagieren. Das geht uns so wie jedem anderen Unternehmen.

Ist solch ein öffentlicher Schlagabtausch auch Teil des Preispokers, der jetzt gerade in den Jahresgesprächen mit dem Handel stattfindet?

Ich hoffe, Sie werden Verständnis dafür haben, dass wir uns zu Verhandlungen nicht äußern.

Vorwürfe gegen Mondelez gab es kürzlich auch im ZDF, wo es eine dreiviertel Stunde lang um „Billigzutaten“ in Mondelez-Produkten ging: Kein echter Frischkäse im Philadelphia, keine Milch von glücklichen Bergkühen in der Milka-Schokolade, überhaupt keine Milch in Oreo-Keksen, stattdessen: Molkepulver, Bindemittel, Aromastoffe und vor allem viel Fett und Zucker. Sehen Sie Ihre Produkte damit korrekt beschrieben oder zu Unrecht an den Pranger gestellt?

Seit es unsere Produkte gibt, gibt es auch Leute, die diese kritisch betrachten, und das ist auch legitim. Für uns steht die Qualität unserer Zutaten und der Geschmack unserer Produkte an oberster Stelle und ich glaube, dass wir uns damit sehen lassen können. So sind auch die Reaktionen der Endverbraucher.

Trifft Sie so eine Breitseite zur besten Sendezeit?

Wir nehmen das ernst, ganz klar. Und wir beantworten gerne alle Fragen, auch zum Thema Definitionen: Was ist Frischkäse, was ist Frischkäsezubereitung? Und ich glaube, wir haben gute Antworten.

Mondelez selbst klassifiziert nur 30 Prozent seiner Produkte als „gesund“ – also mit rein natürlichen Zutaten, weniger Zucker, bio. Das Wachstum kommt aber nicht von Nuss- und Proteinriegeln, sagt Ihr oberster Chef. Setzen Sie also darauf, dass die Leute weiter lieber Schokolade und Kekse essen als Müsliriegel?

Ich gebe Ihnen gerne meine persönliche Meinung dazu: Ich möchte in meinem Leben auf Schokolade nicht verzichten. Das heißt aber nicht, dass ich keine Müsliriegel esse. Man kann das eine tun, ohne das andere zu lassen. Ich glaube nicht an Dogmen und die Bevormundung von Verbrauchern. Ich glaube an Aufklärung: Wir klären unsere Konsumenten darüber auf, was in unseren Produkten enthalten ist. Aber wir wollen sie nicht bevormunden.

Das Gespräch führte Christoph Barth.

Zur Person

Martin Kaufmann (55)

ist seit dem 1. Juli 2021 Geschäftsführer des US-Nahrungsmittelkonzerns Mondelez für die Region Deutschland, Österreich und Schweiz (DACH) mit Sitz in Bremen. Vorher hat er unter anderem für die Markenartikler Davidoff und Estée Lauder (Kosmetik), Wella (Haarpflege) und Braun (Rasierapparate) gearbeitet. 

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