Franziska Rosin steht morgens in der Eisküche des Cafés Lindenlaub. Die Auszubildende stellt das Speiseeis für den Tag her. Sie bereitet Maracuja-Eis vor. "Wenn es warm ist, wollen die Menschen Fruchteis haben“, weiß Rosin aus Erfahrung.
Insgesamt 20 verschiedene Eissorten hat das Eiscafé im Angebot. Das Eis bereitet Rosin aus natürlichen Rohstoffen wie Milch, Sahne und Obst frisch zu – ohne den Zusatz von Farb- und Konservierungsstoffen. Verglichen mit industriell gefertigtem Eis, das es im Supermarkt zu kaufen gibt, ist das ein erheblicher Unterschied. Schließlich wird das Eis dort in großen Mengen in der Fabrik hergestellt und enthält meist Konservierungs- und Farbstoffe.
Schulpraktikum als Entscheidungshilfe
Rosin wiegt die Maracuja-Früchte, ebenso wie Wasser und Zucker, ab. Anschließend werden die Zutaten zusammengemixt und püriert. Hinzu kommen Trockenbestandteile wie Bindemittel, Glukose und Inulin. "Die Bindemittel sorgen dafür, dass das Eis nicht so zusammenfällt", erklärt Rosin. Anschließend heißt es zehn Minuten warten. "Man nennt das reifen lassen", sagt die Auszubildende. Danach kippt Rosin die Flüssigkeit in eine Eismaschine. Das Eis wird bis auf etwa minus 30 Grad heruntergekühlt. Nach etwa zehn Minuten ist das Eis fertig. Die kühle Spezialität füllt Rosin in Eisbehälter ab. Entweder landet das Eis anschließend hinter dem Verkaufstresen, oder es wird im Kühlfach gelagert.
Die Arbeitsabläufe im Café Lindenlaub sind der jungen Frau schon länger bekannt. Bereits zu Schulzeiten machte sie hier ein Praktikum. Der Oytenerin hat es so gut gefallen, dass sie sich später für die Lehre zur Speiseeisherstellerin entschied. Dafür kam nur das Café Lindenlaub in Frage. "Da ich das Eis schon immer gemocht habe, wollte ich hier unbedingt die Ausbildung machen."

Franziska Rosin hat in ihrer Lehre zur Speiseeisherstellerin nicht nur mit Eis zu tun.
Sie hat sich für diesen Beruf entschieden, weil er "perfekt" zu ihr passe, sagt die 20-Jährige. "Backen, viel kochen, in der Küche stehen: All das gehört dazu." In ihrem Umfeld können nur die wenigsten etwas mit ihrem Job anfangen. „Immer wieder wundern sich die Leute, dass das ein Beruf ist“, sagt Rosin. Ihr ist bewusst, dass Speiseeishersteller ein Dienstleistungs- und Saisonberuf ist. Oft herrscht Zeitdruck, besonders an sonnigen Tagen und an Wochenenden. "Das ist halt Sommerarbeit", sagt Rosin. "Im Winter ist weniger bis gar nichts los." Dann ist das Café Lindenlaub teilweise geschlossen – etwa im gesamten November.
Ihre dreijährige Ausbildung hat Rosin fast beendet. Die theoretische und praktische Prüfung im Mai hat sie bereits erfolgreich bestanden. Wie sie genau abgeschnitten hat, weiß sie allerdings noch nicht. Ihr Chef Carsten Elfers dagegen schon. Schließlich sitzt der 52-Jährige seit 2012 bei der Bremer Handwerkskammer im Prüfungsausschuss für die praktische Prüfung. Er verrät nur so viel: "Es war eine überdurchschnittlich gute Leistung", sagt er und lächelt seine Auszubildende an.
Das Handwerk des Speiseeisherstellens ist vielfältig. Auch betriebswirtschaftliche Kenntnisse gehören zum Beruf: Wareneinkauf, Betriebs- und Buchführung. In der Berufsschule lernte Rosin viel über Hygiene- und Gesundheitsvorschriften, über die richtige Lagerung von Rohstoffen und Eis sowie über den Umgang mit Kunden. Aber ihr Beruf hat nicht ausschließlich mit Gefrorenem zu tun. Das Café Lindenlaub bietet täglich selbst gebackene Torten und Kuchen an. "Wenn unsere Bäckermeisterin nicht da ist, helfe ich auch mal beim Backen. Das ist aber selten", sagt Rosin.
Mehr als 3000 Speiseis-Betriebe
Sie gehört zu den wenigen Azubis in Deutschland, die die Speiseeisherstellung lernen. Der Beruf ist hierzulande erst seit 2008 anerkannt. Nicht nur Eiscafés, auch Konditoreien und Restaurants mit eigener Eisproduktion bilden aus. Laut dem Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) gibt es in Deutschland mehr als 3000 Betriebe, die Speiseeis herstellen.
In Bremen hat in Rosins Jahrgang nur ein weiterer Azubi den Beruf erlernt – keine Seltenheit. „Wenn es gut läuft, haben wir in Bremen maximal vier Auszubildende in einem Jahrgang“, sagt Hajo Kaemena, selbst Besitzer eines Eiscafés in Bremen. Er sitzt wie Elfers im Prüfungsausschuss der Handwerkskammer. Weil in Deutschland die Nachfrage nach einer Ausbildung zum Speiseeishersteller bislang gering ist, müssen sich die Auszubildenden in Bremen eine Klasse mit Gastronomiefachkräften und Konditorlehrlingen teilen. Wie viele Azubis insgesamt in Deutschland diesen Beruf erlernen, dazu macht der ZDH keine Angaben.
Rosin ist erst die zweite Auszubildende, die Carsten Elfers in der Speiseherstellung unterwiesen hat. Nicht nur er habe Probleme, Nachwuchskräfte zu finden. Die gesamte Handwerksbranche habe es da schwer, meint der gelernte Kraftfahrzeugmechaniker. "Es sieht bei uns so karg aus wie in jedem anderen Handwerk, wo mit den Händen gearbeitet wird", sagt der gebürtige Achimer. Dass das mangelnde Interesse vielleicht auch daran liegen könnte, dass der Beruf des Speiseeisherstellers noch zu unbekannt ist, glaubt er nicht. "Wenn man sich mit Berufen auseinandersetzt, taucht dieser genauso auf wie andere Handwerksberufe." Elfers hat eine andere Erklärung: "Es ist einfach so, dass nur Wenige handwerklich arbeiten wollen."
Theoretisch könne jeder Speiseeishersteller werden, sagt Elfers. Ein bestimmter Schulabschluss wird für diese Ausbildung nicht verlangt. "Man muss aber schon ein bisschen rechnen können", sagt er – um etwa Eisrezepte kalkulieren zu können.
Statt einen Auszubildenden für Speiseeisherstellung einzustellen, möchte Elfers nun eine Restaurantfachfrau anlernen. "Das ist dann schon das nächste Problem", seufzt er. "Auch das ist ein Handwerk, für das man keine Leute findet."
Neue Serie: Mehr als 300 Ausbildungsberufe gibt es in Deutschland. Viele sind kaum bekannt. Der WESER-KURIER stellt die originellsten vor. Nächste Folge: die Kürschnerin.