Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Gründerwettbewerb an Jacobs University Mit Maden gegen den Hunger

Sie bekämpfen die Hungersnot mit Insekten oder entwickeln künstliche Hornhäute fürs Auge: Beim Gründerwettbewerb an der Jacobs University präsentieren Studenten aus aller Welt ihre Geschäftsideen.
09.03.2018, 17:46 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Von Lisa Büntemeyer

Eine künstliche Hornhaut für Augen, eine Plattform für Urlaubsunterkünfte bei Einheimischen und Insektennahrung gegen die Hungersnot – mit diesen Ideen treten studentische Gründer an diesem Sonnabend beim Start-up-Wettbewerb an der Bremer Jacobs University an. Den Siegern winkt ein Preis von 3000 Euro und professionelle Unterstützung beim Aufbau ihres Unternehmens. 138 Teams haben sich beworben, elf schafften es ins Finale. Dafür reisten die studentischen Gründer aus Pakistan, den USA, Belgien, Indien, England, Italien, aus ganz Deutschland und weiteren Ländern an.

Bei ihrer Präsentation, dem sogenannten Pitch, haben die Gründer jeweils fünf Minuten Zeit, um die Jury von ihrem Start-up zu überzeugen. Mit dabei ist auch BWL-Student Tim Weyel mit seinen Kollegen von SocialBnB aus Köln. Das Team hat eine Internetplattform gegründet, auf der Reisende günstige Unterkünfte bei nichtstaatlichen Organisationen (NGOs) buchen können. „Man kann sich das wie Airbnb vorstellen“, sagt Weyel. „Aber wir verbinden NGOs und Touristen mit dem Ziel, die Spendenabhängigkeit von NGOs zu verringern.“

Auf die Idee kamen die Kölner Studenten bei einer Kambodscha-Reise. In einem Dorf trafen sie den Gründer einer NGO, der Kindern Englisch beibringen wollte. Ihm fehlte Geld für das Lernmaterial. Die Studenten kamen auf die Idee, ungenutzte Räume an Touristen zu vermieten, um den Unterricht für die Kinder finanzieren zu können.

Zurzeit bietet Socialbnb mehrere Unterkünfte in Kambodscha an, langfristig wollen sie weltweit mit NGOs zusammenarbeiten. Sollten sie beim Wettbewerb einen der ersten drei Plätze belegen, wollen die Gründer den Gewinn in rechtliche Beratung investieren. „Ich denke, unsere Chancen stehen gut, unser Projekt funktioniert weltweit“, sagt Weyel. „Aber es sind auch andere starke Teams dabei.“

Insektenzucht in Sambia

Dazu gehört Insectus, das wohl ungewöhnlichste Projekt des Wettbewerbs: Die Gründer von der Universität Hannover wollen Hunger in afrikanischen Entwicklungsländern bekämpfen – mit Insekten. Dafür sollen Einheimische in Sambia die Maden der Soldatenfliege züchten und zum Verzehr verkaufen. „Mit der Insektenzucht wollen wir auch Arbeitsplätze schaffen“, sagt Biologie-Student Alexander Massing, einer der Gründer von Insectus.

Die erste Insektenfarm steht schon: Die Gründer haben einen Partner in Sambia gefunden. Sie haben ihn geschult, damit er die Farm eigenständig betreiben und vermarkten kann. Insectus ist laut Massing kurz davor, an die Elfenbeinküste zu expandieren. Über den Gründerwettbewerb an der Jacobs University sagt der Student: „Das Geld zu gewinnen wäre schön, aber das Networking und die Erfahrungen anderer Gründer sind auch viel Wert.“

Für den Wettbewerb konnten sich Start-ups bewerben, die einen Umsatz unter 20 000 Euro erzielen und von denen noch mindestens ein Gründer studiert, erklären Annika Richter und Lara König, die beiden Hauptorganisatorinnen und selbst noch Studentinnen. Gemeinsam mit 30 anderen Studenten organisieren sie den Start-up-Wettbewerb jedes Jahr. Das Organisationsteam musste Jury-Mitglieder und Mentoren finden, die die Start-ups auswählen und in den späteren Bewerbungsrunden coachen und Workshops zur Finanzierung und Präsentationstechniken geben.

Mentoren unterstützen beim Pitch

Die Finalisten bekommen einen Mentoren zur Seite gestellt, der mit ihnen die Kurzpräsentation ihres Start-ups durchgeht. Einer der Mentoren ist Kent Bridgewater, ehemaliger Student der Jacobs Universität und selbst Gründer. Bridgewater unterstützt MyCornea, ein Team von der Universität Cambridge. „Die haben ein Verfahren entwickelt, um Hornhaut für Augen selbst herzustellen und so eine Ursache von Blindheit zu bekämpfen“, sagt Bridgewater.

Das Team von MyCornea ist begeistert von ihrem Mentor, als „amazing“, also unglaublich, beschreibt der Peruaner Daniel Morales Valdivia die Zusammenarbeit. Laut der Gründer aus Cambridge warten derzeit 30 Millionen Menschen weltweit auf eine Hornhauttransplantation. Ihr Produkt soll die Wartezeit verkürzen – von ein bis zwei Jahren auf sechs Wochen. Im Gegensatz zu Transplantaten würde ihre individuell gefertigte künstliche Hornhaut perfekt ins Auge des Patienten passen und sie wieder sehen lassen, berichten die Studenten.

Der Wettbewerb findet zwischen 13 und 16 Uhr statt. Wer die 3000 Euro und den Sonderpreis, ein Coaching, gewinnt, entscheidet eine fünfköpfige Jury von Unternehmern und Wissenschaftlern. Um zu gewinnen, ist besonders das Wachstumspotenzial des Unternehmens wichtig, sagt Jury-Mitglied Tilo Halaszovich, Professor für Globals Markets and Firms an der Jacobs University. „Und die Machbarkeit“, ergänzt Halaszovich. „Es macht keinen Sinn, einen Gewinner auszuwählen, dessen Idee sich nicht umsetzen lässt.“

Bremer Teams haben es in diesem Jahr nicht ins Finale geschafft. Um die Bremer Start-up-Szene zu fördern, veranstalten die Jacobs Universität um 12.45 Uhr ein Mini-Pitching. Gründer aus der Region haben eine Minute Zeit, ihre Geschäftsidee vor Publikum zu präsentieren.

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)