Ikea verbraucht alles in großem Stil – Holz, Baumwolle, Energie, Fläche. Ein britischer Ökologe trimmt das Möbelhaus nun auf Nachhaltigkeit. Schon heute betreibt der Konzern in sechs Ländern eigene Windparks, auf 60 Dächern stehen Fotovoltaikanlagen, die Sonnenlicht in Strom umwandeln. Für das Ziel, 100 Prozent grüne Energie zu verbrauchen, ist bislang allerdings noch kein genauer Zeitpunkt definiert.
Hofheim-Wallau. Der internationale Möbelkonzern Ikea will nachhaltiger werden. „Langfristiges Ziel ist, dass alle unsere Produkte verwertet, wiederverwendet oder recycelt werden“, sagte der für Nachhaltigkeit zuständige Ikea-Vorstand Steve Howard. „Das Holz von Regalen oder Tischen könnte man sechs- bis siebenmal recyceln“, erläuterte er beim Gespräch in der deutschen Ikea-Zentrale in Hofheim-Wallau bei Frankfurt. Recyceltes Holz habe in der Möbelproduktion den Vorteil, dass es durch die lange Standzeit bereits trockener als Frischholz sei.
Kann der Kunde sein abgenutztes Billy-Regal dann bald wieder bei Ikea zurückgeben, wenn es ausrangiert wird? Noch hält Howard das für weit hergeholt. „Bei dieser umgekehrten Lieferkette gibt es viele Fragen.“ Ikea erprobe aber in einigen Ländern, Plastikwaren oder Gartenmöbel zurückzunehmen. „Wir arbeiten an Geschäftsmodellen“, sagt er, die bräuchten allerdings noch mehrere Jahre Entwicklung.
„Wir müssen Nachhaltigkeit erschwinglich machen“, sagte der promovierte Ökologe Howard (46). Er arbeitete in Umweltgruppen und leitete die Klimaschutz-Beratung Climate Group, bevor er Anfang 2011 zum Möbelkonzern Ikea wechselte. Dort ist der Brite einer der ersten Topmanager, die nicht innerhalb des Möbelriesen Karriere gemacht haben.
Deutschland größter Markt für Ikea
Ikea setzte im Geschäftsjahr 2011 (bis 31. August) weltweit 24,7 Milliarden Euro um und erzielte einen Nettogewinn von 2,9 Milliarden Euro. Deutschland ist der größte Einzelmarkt für das Möbelhaus mit schwedischen Wurzeln, das heute von einer Stiftung in den Niederlanden gesteuert wird.
Der Seitenwechsel zu Ikea habe nichts an seinen Überzeugungen zur Nachhaltigkeit geändert, sagte Howard. „Wir werden in den kommenden Jahrzehnten etwa das Anderthalbfache dessen verbrauchen, was dieser Planet erzeugt“, sagte Howard. Zwei Drittel der Menschheit lasse mittelfristig das Stadium der Armut hinter sich und werde mehr konsumieren – umso wichtiger sei ein schonender Umgang mit Naturressourcen und Energie.
Als Beispiel für den Nachhaltigkeitseffekt für den Kunden nannte Howard Induktionsherde, die weniger Energie verbrauchen als herkömmliche Elektro- oder Gasherde. „Andere Firmen machen die neueste Technologie am teuersten. Wir wollen Innovationen erschwinglich anbieten und das über Massenproduktion ausgleichen.“ Im Geschäftsjahr 2011 verkaufte Ikea den Angaben nach 168000 Induktionsherde. Damit hatte fast jeder zweite verkaufte Herd die neue Technik.
Die Stellschrauben für Nachhaltigkeit, an denen Howard arbeitet, helfen auch Ikea selber, Kosten für Rohstoffe, Energie oder Transport zu senken. Als Großverbraucher von Energie habe der Konzern im letzten Geschäftsjahr insgesamt 470 Millionen Euro in Wind- und Solarenergie investiert, sagte Howard. „60 Gebäude sind mit Fotovoltaik-Anlagen ausgestattet.“ In sechs Ländern betreibe Ikea bereits eigene Windparks.
Strom aus eigener Produktion decke etwa ein Sechstel des tatsächlichen Bedarfs, insgesamt werde zur Hälfte erneuerbare Energie konsumiert. „Wir wollen auf 100 Prozent kommen“, sagte Howard zu den Plänen der Möbelhauskette. Im Nachhaltigkeitsbericht für das Jahr 2011 hatte das Unternehmen noch keine Frist dafür genannt. „Aber wir werden bald einen Zeitrahmen festsetzen.“