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WERFTEN Millionen-Hilfe für MV-Werften

Die in der Corona-Krise in schweres Fahrwasser geratenen MV-Werften können auf 600 Millionen Euro Staatshilfen hoffen. Die ebenfalls zur Genting-Group gehörende Lloyd-Werft schließt Kurzarbeit nicht aus.
23.04.2020, 19:50 Uhr
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Von Iris Leithold und Peter Hanuschke

Schwerin/Bremerhaven. Die in der Corona-Krise in schweres Fahrwasser geratenen MV-Werften können auf 600 Millionen Euro Staatshilfen bis Jahresende hoffen. Diese Summe nannte Wirtschaftsminister Harry Glawe (CDU) am Donnerstag in einer gemeinsamen Sitzung des Wirtschafts- und Finanzausschusses des Landtags von Mecklenburg-Vorpommern. Offen ist demnach noch, ob die Unterstützung als Kredit, Bürgschaft oder in anderer Form gewährt wird. „Wir verhandeln mit dem Gesellschafter, Bund und Banken weiter. Mit einem Ergebnis rechnen wir in den kommenden Wochen“, sagte Glawe nach der Ausschusssitzung.

Indirekt hat die Bremerhavener Lloyd-Werft auch etwas mit den MV-Werften zu tun – zumindest haben alle Werften denselben Eigentümer: die malaysische Genting Group. „Zur Situation der MV-Werften können wir keine Auskünfte erteilen“, sagte ein Sprecher der Lloyd-Werft am Donnerstag auf Nachfrage dieser Zeitung. Die Lloyd-Werft sei insoweit betroffen, als „dass die bei den MV-Werften bis zu 30 tätigen Mitarbeiter von uns aufgrund der Corona-bedingten Arbeitsunterbrechung dort nicht mehr arbeiten können“.

Am Großjacht-Neubauprojekt Solaris würden die Arbeiten in der Seestadt weiter fortgeführt, allerdings mit all den Auflagen, die die weltweiten Restriktionen mit sich brächten und das Unternehmen entsprechend forderten. „Dennoch stellen wir uns vorsorglich auf beschäftigungsarme Zeiten infolge der Corona-Krise ein“, so der Sprecher. „Daher schließen wir Kurzarbeit nicht aus und haben entsprechende Maßnahmen vorbereitet, um kurzfristig reagieren zu können.“ Derzeit hat die Lloyd-Werft etwa 280 Mitarbeiter und 43 Auszubildende.

In Mecklenburg-Vorpommern sollen die Zulieferer wegen unbezahlter Lieferungen an die MV-Werften mit bis zu 50 Millionen Euro unterstützt werden. Diese Liquiditätshilfen müssen später zurückgezahlt werden, wenn für die MV-Werften eine Fortführungs- und Finanzierungslösung mit dem Eigentümer, dem Bund und den beteiligten Banken steht. Dann wird offensichtlich davon ausgegangen, dass die Werften ihre Rechnungen bei den Zulieferern begleichen. „Wie viele Unternehmen bleiben auch die Werften in Norddeutschland nicht von den Folgen der Corona-Krise verschont“, sagte Glawe. Der Kreuzfahrtmarkt, für den die MV-Werften produzieren, ist eingebrochen. Aufgrund der Pandemie wurden zudem Lieferketten unterbrochen und Grenzen geschlossen. Auf den MV-Werften mit rund 3000 Beschäftigten herrscht Kurzarbeit.

Die Situation dort spitze sich zu, berichtete der Bezirksleiter der IG Metall Küste, Daniel Friedrich. Das Unternehmen brauche Geld und Zeit, um auf den Einbruch auf dem Kreuzfahrtmarkt reagieren zu können. „Der Schiffbau ist der industrielle Kern des Landes, der mit einem gemeinsamen Kraftakt von Banken, Bund, Land und Unternehmen gesichert werden muss“, appellierte Friedrich. Die Arbeitsplätze und Standorte der MV-Werften in Rostock, Stralsund und Wismar sowie bei zahlreichen Zulieferern müssten gesichert werden. „Alle Beteiligten sind jetzt gefordert.“

Für die Beschäftigten und ihre Familien sei die Situation eine enorme Belastung und bedeute erhebliche Einkommenseinbußen. Bei länger anhaltender Kurzarbeit helfe ihnen die von CDU/CSU und SPD im Koalitionsausschuss beschlossene Aufstockung der Unterstützung. „Nur mit viel Druck aus den Gewerkschaften ließ sich diese durchsetzen“, so der IG Metall-Bezirksleiter. Von den MV-Werften verlangt Friedrich Klarheit über das weitere Bauprogramm und die Auswirkungen auf die Beschäftigten und Standorte. „Wir wollen wissen, wie und wann es auf den Werften weitergeht.“

Im Landtag fielen die Reaktionen auf die in Aussicht gestellte Hilfe für die Werften in dreistelliger Millionen-Höhe unterschiedlich aus. Der CDU-Abgeordnete Egbert Liskow unterstützt die Linie seines Parteifreundes Glawe uneingeschränkt. „Die maritime Wirtschaft, und dabei an vorderster Stelle die Werften, ist eine der Schlüsselbranchen für Mecklenburg-Vorpommern“, sagte er. Die CDU setze sich deshalb dafür ein, dass das Land alles in seiner Macht Stehende tut, Werften und Zulieferunternehmen in der aktuellen Krise und darüber hinaus beizustehen.

Der Vorsitzende der oppositionellen AfD-Fraktion Nikolaus Kramer sagte hingegen: „Den MV-Werften wurden im vergangenen April von Bund und Land Bürgschaften von jeweils 375 Millionen Euro zugesagt.“ Das sei schon sehr viel Geld, und dabei solle man es auch belassen, bis mehr valide Zahlen vorlägen, um die Sache zu bewerten. „Das darf nicht zum Fass ohne Boden werden.“

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