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Gewoba-Aufsichtsratswahl Niederlagen für Bullermann und Jägers

Bremen. Empörung, Ratlosigkeit, Genugtuung haben die Reaktionen auf die Aufsichtsratswahl für die Arbeitnehmerbank bei der Gewoba bestimmt. Die Abstimmung ist mit einem Debakel für Wolfgang Jägers und Maren Bullermann geendet.
24.03.2012, 05:00 Uhr
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Niederlagen für Bullermann und Jägers
Von Wigbert Gerling

Bremen. Empörung, Ratlosigkeit, Genugtuung - solche Gefühlslagen bestimmen die Reaktionen auf die Aufsichtsratswahl für die Arbeitnehmerbank beim größten Immobilienunternehmen im Land Bremen, bei der Gewoba. Die Abstimmung endete mit einem Debakel für den SPD-Funktionär und Bürgerschaftsabgeordneten Wolfgang Jägers. Zudem wurde die Betriebsratschefin des Unternehmens, Maren Bullermann, abgestraft und muss den Sitz im Kontrollgremium räumen. Mandate bekamen hingegen der Wissenschaftler Rudolf Hickel und DGB-Chefin Annette Düring.

Bremen ist Mehrheitsaktionär bei der Gewoba. Rund 75 Prozent hält die öffentliche Hand, die übrigen Aktien liegen bei Banken. Mit der Verwaltung von über 40000 Wohnungen gehört das Unternehmen auch im bundesdeutschen Maßstab zu den Großen der Branche. Etwa jeder siebte Bremer wohnt bei der Gewoba. Aufsichtsratsvorsitzender ist als Vertreter des Eigners der amtierenden Bausenator, derzeit Joachim Lohse.

Immer wieder hatten in den vergangenen Jahren interne Spannungen für öffentliche Diskussionen geführt. Phasenweise gab es heftige Querelen in der Vorstandsetage - und als es dann als fast sicher eingestuft wurde, dass Manfred Sydow die Chefetage verlassen müsse, ging sein konkurrierender Kollege Volker Riebel und wechselte zu einem ausländischen Wohnungsunternehmen. Auch in den Reihen der Belegschaftsvertretung gab es immer wieder Unruhe. Die unterschiedlichen Grabenkämpfe führten so weit, dass auch Juristen eingeschaltet wurden. Bei der Diagnose von Auseinandersetzungen wurde unter anderem ein "ungeahntes Maß an Destruktivität" festgestellt, gepaart mit "Anzeichen persönlicher Zerrüttung".

Jetzt kam es bei der Wahl der fünf Arbeitnehmer in den Aufsichtsrat zum Knall, der auch unter den Kennern des Betriebs in dieser drastischen Konsequenz nicht erwartet worden war. Und es ist offenbar nicht ausgeschlossen, dass die Entscheidung angefochten wird. Unter anderem wurde gestern beklagt, dass ausschließlich Männer als "ordentliche Mitglieder" in das Kontrollgremium gewählt wurden.

Grundlage der Aufsichtsratswahl war das Votum der Belegschaft. Gut 400 Beschäftigte hat die Gewoba. Als eher unspektakulär gilt die Wahl von Siegfried Wolfram, der als Vertreter der gewerblichen Beschäftigten zum "ordentlichen Mitglied" des Gewoba-Kontrollgremiums gewählt wurde. Bei den anderen Bewerbergruppen aber, den Angestellten und den "Externen" ohne Betriebszugehörigkeit, wird der Ausgang der Abstimmung als Eklat gewertet, der auch manche Beteiligte rätselnd und schließlich ratlos zurücklässt.

Die Diplom-Bauingenieurin Maren Bullermann ist seit langem in der Gewoba-Firmenpolitik aktiv. 2002 wurde sie in den Betriebsrat gewählt, längst ist sie freigestellte Vorsitzende der Belegschaftsvertretung. Unter anderem war sie auch auf der SPD-Liste mit den Kandidaten für die Bremische Bürgerschaft. 2007 bekam sie ein Mandat im Aufsichtsrat.

Kein Kommentar zum Wahlergebnis

"Für mich ist es sehr wichtig," so schrieb sie auf ihrer Internet-Seite, "dass ich die gute Arbeit des Betriebsrats im Aufsichtsrat fortsetzen kann". Die Tatsachen aber sprechen nun eine andere Sprache. Unter den Angestellten-Bewerbern für das Kontrollgremium bekam Norbert Gefken mit 142 Stimmen das beste Ergebnis. Damit ist er erste Wahl für die Funktion des stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden neben Senator Joachim Lohse. Für Maren Bullermann hingegen wurden lediglich 53 Stimmen gezählt. Sie muss damit das Mandat abgeben. Auf Nachfrage erklärte sie gestern, sie werde den Ausgang der Abstimmung "nicht kommentieren".

Der Vorlauf zu den Kandidaturen der externen Aufsichtsratsmitglieder hatte bereits intern für reichlich Gesprächsstoff gesorgt. Der Vorschlag, die DGB-Chefin Annette Düring sollte in das Kontrollgremium einziehen, wurde offenbar dadurch ergänzt, dass der sozialdemokratische Bürgerschaftsabgeordnete Wolfgang Jägers ins Rennen geschickt wurde. Er ist unter anderem in der Industriegewerkschaft Bau in leitender Funktion engagiert und Mitglied im Bundesvorstand der SPD-Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen. Als sich die Konstellation mit Jägers abzeichnete, entschloss sich offenbar der Bremer Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Hickel, im Namen der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi gegen Wolfgang Jägers anzutreten. Mit Erfolg, wie sich nun zeigte: Hickel, der Annette Düring als Stellvertreterin einbezog, bekam 238 Stimmen, Wolfgang Jägers lediglich 75.

Der Verlierer dieses Duells Hickel-Jägers machte gestern keinen Hehl daraus, dass er das Resultat "erstaunlich" findet. Aus Sicht von Jägers ist der Ausgang ein Beleg dafür, dass versucht wird, Arbeitnehmerpositionen zu schwächen. Der SPD-Abgeordnete: "Ich bin es gewohnt, dass versucht wird, mich als Gewerkschafter kaltzustellen." Es sei ein Zeichen dafür, dass "unbequeme Leute" herausgehalten werden sollten, Leute, zu denen auch er gehöre.

Rudolf Hickel und Annette Düring - so lautet jetzt das Tandem, das mit einem Mandat im Aufsichtsrat der Gewoba ausgestattet wurde. Der Wirtschaftswissenschaftler erklärte gestern, er sei über das Ergebnis der Abstimmung "zutiefst erfreut". Er habe den Auftrag auf demokratische Weise in einer Urwahl von der Belegschaft der Gewoba erhalten.

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