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Richtfest beim bisher einzigen Unternehmen am Jade-Weser-Port / Standort gilt bei Logistikern als schwierig Nordfrost allein auf weiter Flur

Nordfrost ist bisher das einzige Unternehmen auf den 160 Hektar Logistikflächen direkt am Jade-Weser-Port. Unternehmer Horst Bartels feierte jetzt Richtfest. Pünktlich zum 5. August soll dort die Arbeit beginnen. Doch die Ware dafür muss er sich aus Bremerhaven holen.
16.06.2012, 05:00 Uhr
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Von Annemarie Struss-v.poellnitz

Nordfrost ist bisher das einzige Unternehmen auf den 160 Hektar Logistikflächen direkt am Jade-Weser-Port. Unternehmer Horst Bartels feierte jetzt Richtfest. Pünktlich zum 5. August soll dort die Arbeit beginnen. Doch die Ware dafür muss er sich aus Bremerhaven holen.

Wilhelmshaven. Horst Bartels hätte allen Grund, sauer zu sein. Donnerstagnachmittag feierte der Chef des Kühllogistikers Nordfrost mit über 800 Gästen Richtfest am Jade-Weser-Port. Pünktlich am 5. August werden seine neuen Lagerhallen für Obst, Tiefkühlkost und Handelswaren aller Art fertig sein, allein in der ersten Ausbaustufe eine Investition von 45 Millionen Euro. Insgesamt will Bartels dort 100 MiIllionen verbauen. Bisher landen 85 Prozent aller Obst- und Gemüseimporte, die die Deutschen konsumieren, in Antwerpen und Rotterdam an, erzählt Bartels. Er will einen möglichst großen Teil dieser Ladung nach Wilhelmshaven ziehen.

Aber kein Schiff wird kommen – jedenfalls nicht im August, wahrscheinlich nicht mal im September, hoffentlich dann aber im Oktober. Die Politik in Gestalt von Bremens Bürgermeister Jens Böhrnsen und dem niedersächsischen Ministerpräsidenten David McAllister hatte sich am 5. Juni beim Krisentreffen am Bremer Flughafen vorsichtshalber nicht auf ein genaues Datum für die Eröffnung des Tiefwasserhafens, der bundesweit schon den Zusatz Pannenhafen trägt, festgelegt.

Bei einem Jahrhundertbauwerk komme es auf ein paar Tage schließlich nicht an, sagt die Politik gern. Unternehmer Bartels sieht das zwangsläufig anders, denn für ihn fallen täglich Kosten an, für die Unterhaltung der Hallen und für rund 50 Beschäftigte. Aber Bartels, dessen Firmenzentrale in Schortens ihren Sitz hat, keine 20 Kilometer Luftlinie vom Jade-Weser-Port entfernt, will nur nach vorn sehen. Er glaubt an den Erfolg dieses Hafens – weil er ein Optimist ist, vor allem aber ein Lokalpatriot, der auf einen kräftigen Schub für seine strukturschwache Heimat hofft. Vorerst wird er Warenlieferungen aus Bremerhaven nach Wilhelmshaven umleiten, damit seine Leute etwas zu tun haben, sagt Bartels.

Noch 2000 neue Arbeitsplätze

Zum Richtfest waren alle angetreten, um den Pioniergeist des Nordfrost-Chefs zu feiern und sich gegenseitig zu bestätigen, dass der Hafen und die Logistikflächen ein Erfolg werden, und Erfolg, das heißt in dieser Region vor allem: Arbeitsplätze. 4000 bis 6000 neue Stellen hatte die Politik ursprünglich versprochen. Jetzt hat man sich auf die Zahl von 2000 verständigt.

Der niedersächsische Finanzminister Hartmut Möllring, ein alter Freund des Hauses, vergleicht den Bau des Jade-Weser-Ports mit dem Bau des Mittellandkanals. Der der neue Hafen werde "zum Dreh- und Angelpunkt der internationalen Containerverkehre" werden. Die über 400 Meter langen Schiffe der nächsten Generation sind hier besser aufgehoben als auf der Elbe. "Das wird eine Erfolgsstory."

Andreas Wagner, Oberbürgermeister der Stadt Wilhelmshaven, will nicht mehr alles auf eine Karte setzen: "Trotz der überragenden Bedeutung des Jade-Weser-Ports ist er kein Allheilmittel für die Region." Ein Strukturwandel müsse begleitet werden von vielen kleinen Investitionen in Wirtschaft und Wissenschaft und einem neuen Stadtentwicklungskonzept.

Wenn man sich in der Branche umhört, gibt es zwei starke Argumente für den Standort am Jadebusen: die natürliche Wassertiefe von 18 Metern und die Leere der Landschaft. In den großen Häfen Hamburg und Rotterdam stehen die Container-Laster ständig im Stau. Das kostet Reeder und Spediteure viel Zeit und Geld. Zum Jade-Weser-Port können die Trucker auf der A29 ampelfrei bis auf den Terminal rollen. Dennoch, sagt ein Logistiker, werden viele Reeder auch künftig Hamburg oder Rotterdam anlaufen, wegen der hohen Locoquote, der großen Zahl an weiterverarbeitenden Betrieben an diesen Standorten.

Dass der JWP für die neuen großen Schiffe ein wichtiger Hafen wird, bezweifelt kaum jemand. Aber es wird damit gerechnet, dass 60 bis 70 Prozent der Ware dort von den Großschiffen auf kleine Feederschiffe umgeladen wird. Terminalbetreiber Eurogate verdient jedes Mal, wenn ein Container bewegt wird. Aber für die Region bleibt so nur wenig Wertschöpfung hängen. Auch deshalb habe sich bisher kein weiterer Logistiker hier angesiedelt, glaubt der Chef eines Umschlagsunternehmens. "Wer hier baut, legt sich auf Schiffe fest, die in Wilhelmshaven anlegen. Wer in Bremen oder weiter im Hinterland siedelt, kann den Verkehr aus mehreren Häfen bündeln."

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