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Niederlande statt Bremen Monacors Nachspiel vor dem Arbeitsgericht

Der Bremer Audiotechnik-Spezialist Monacor hat nach 60 Jahren den Standort in Mahndorf betriebsbedingt geschlossen. Wie betriebsbedingt das wirklich war, ist nun eine Frage für das Bremer Arbeitsgericht.
04.06.2025, 05:00 Uhr
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Monacors Nachspiel vor dem Arbeitsgericht
Von Florian Schwiegershausen

Den Audiotechnik-Spezialisten Monacor International in Bremen-Mahndorf gibt es nicht mehr. Im vergangenen Jahr verkündete die Geschäftsführung das Ende des Standorts aus betriebsbedingten Gründen. Seit Mai läuft das operative Geschäft nun offiziell aus den Niederlanden. Dennoch hat die Gesellschaft dort mindestens 24 Beschäftigte, die nicht in Wijchen gleich hinter der holländisch-deutschen Grenze zum Niederrhein arbeiten, sondern weiterhin in Bremen – jedoch im Homeoffice. So bestätigen es die Anwälte, die die vielen entlassenen Monacor-Mitarbeiter vertreten.

Der Arbeitsrechtler Paul Troeger von der Bremer Kanzlei Dette, Nacken, Öğüt und Kollegen sagt: "Bei diesem Punkt sind wir in der Prüfung." Denn wenn ein Unternehmen betriebsbedingt schließt, weil es keine Arbeit mehr gibt, gleichzeitig aber 24 Beschäftigte vom Homeoffice in Bremen aus weiterhin arbeiten, könne das für die Kündigungen und ihre Wirksamkeit aus Sicht der Anwälte durchaus eine Rolle spielen.

Ab jetzt Überseestadt statt Mahndorf

Ein langjähriger Mitarbeiter von Monacor hatte sich deshalb am Dienstag bei dem Verhandlungstermin vor dem Bremer Arbeitsgericht nicht auf den Vergleich eingelassen. Er will den Klageweg gegen seine Kündigung weitergehen, weil er eben auch sieht, wie ehemalige Kollegen weiterhin von Bremen aus im Homeoffice arbeiten. Doch es gibt auch eine Büro-Adresse: Statt Mahndorf residiert Monacor International nun in der Bremer Überseestadt.

An diesem Tag vertrat Anwalt Troeger noch zwei weitere Ex-Monacor-Mitarbeiter. Sie stimmten einem Vergleich zu. Troegers Kanzlei hat allein 20 ehemalige Monacor-Beschäftigte als Mandanten. Im Publikum der öffentlichen Verhandlung saßen noch 13 weitere ehemalige Beschäftigte. Wenn man sie nach ihrer Betriebszugehörigkeit fragt, geht es nicht um Jahre, sondern eher um Jahrzehnte. Was sie vom Unternehmen dafür als Abfindung erhalten: Bis zu vier Monatsgehälter oder die Weiterbeschäftigung für vier Monate in der niederländischen Niederlassung bei gleichzeitiger Freistellung.

Mir glaubt das ja keiner, dass kein Geld da ist.
Hendrik Iffländer, Geschäftsführer Monacor

Bei anderen Betriebsschließungen aus unternehmerischen Gründen rechnen Arbeitsrechtler durchaus mit einen Monatsgehalt pro Jahr der Betriebszugehörigkeit. Deshalb klopfte Arbeitsrechtler Egon Lutomsky für seine Mandanten am Dienstag ab, ob da zumindest noch ein fünftes Monatsgehalt drin wäre. Das lehnte der anwesende Monacor-Geschäftsführer Hendrik Iffländer zusammen mit seinem Anwalt Fritjof Schlepper von der Wirtschaftsberatung DHPG ab. Iffländer sagte vor Gericht: "Mir glaubt das ja keiner, wenn ich sage, dass kein Geld da ist." Lutomsky antwortete ihm: "Naja, eine Hälfte der Belegschaft hat es ihnen ja geglaubt, weil nur die andere Hälfte der Belegschaft vor dem Arbeitsgericht Klage eingereicht hat." Nur vier Monatsgehälter bei den Abfindungen würden die Monacor-Gesellschafter mittragen. Bei Vergleichen der vergangenen Wochen und Monaten hatten sich ehemalige Mitarbeiter darauf eingelassen.

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Anwalt Lutomsky fügte hinzu: "Gäbe es im Unternehmen einen Betriebsrat, würden wir hier nicht sitzen." Denn dann hätte der Betriebsrat für die gut 100 Beschäftigten am Bremer Standort einen Sozialtarifvertrag aushandeln können. So muss nun jeder für sich kämpfen. Laut Bremer Arbeitsgericht lag im Februar die Zahl der anhängigen Monacor-Verfahren bei fünfzig.

Standort-Schließung völlig überraschend

Einige ehemalige Mitarbeiter berichteten, dass das Ende des "Mutter-Standorts" für sie völlig überraschend gewesen sei. "Monate zuvor wurde noch mit uns über Gehaltserhöhungen gesprochen", sagte einer, der mit Namen nicht erwähnt werden möchte. Nach der Verhandlung gab der WESER-KURIER der Gegenseite Gelegenheit, sich zur Sache sowie dem Verhandlungstag zu äußern. Mit Verweis auf die noch schwebenden Verfahren wollten Anwalt Fritjof Schlepper und Monacor-Geschäftsführer Hendrik Iffländer zu diesem Zeitpunkt keine Stellung beziehen.

Fachanwalt Björn Steveker von der Bremer Kanzlei Witte & Steveker ließ sich an diesem Verhandlungstag für zwei seiner Mandanten ebenfalls auf einen Vergleich ein. Auch er vertritt gleich mehrere Ex-Monacor-Beschäftigte und sagte: "Einige nehmen vier weitere Monatsgehälter an bei gleichzeitiger Freistellung, andere die Abfindung. Diejenigen, die gegen ihre Kündigung geklagt haben, sind so zumindest einige Schritte weiter als noch im September."

Und ein Ex-Mitarbeiter konnte vor dem Arbeitsgericht Verden einen kleinen Erfolg erreichen: Die dortige Kammer stellte im November die Wirksamkeit seiner Kündigung infrage. Deshalb hatten alle gekündigten Monacor-Mitarbeiter nach ihrer Kündigung im September vorsichtshalber nochmals eine Kündigung in diesem Jahr erhalten. Weitere Verhandlungstermine vor dem Bremer Arbeitsgericht werden folgen.

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