Bremen. Nach dem zweiten Insolvenzantrag bei der Bremer Reederei Beluga hat der ehemalige Firmenchef Niels Stolberg dem US-Finanzinvestor Oaktree vorgeworfen, die Situation erst herbeigeführt zu haben. „Für mich sieht es so aus, als ob Oaktree Beluga bewusst in die Insolvenz gedrückt hat“, sagte er dem WESER-KURIER.
Es dauerte keine 24 Stunden, bis im Fall Beluga, wie von allen Experten erwartet, die zweite Insolvenz folgte: Nach der Befrachtungssparte hat das Oaktree-Management gestern Mittag beim Amtsgericht Bremen auch die „Beluga Shipping“ für zahlungsunfähig erklärt. Sie ist die Dachgesellschaft für das gesamte operative Geschäft und beschäftigt allein 228 der rund 598 Bremer Beluga-Mitarbeiter. In der Befrachtung sind es 100 Stellen.
Vermutlich werden jetzt weitere Gesellschaften folgen, denn für die meisten hatte die „Shipping“ Patronatserklärungen (Zahlungsverpflichtungen) übernommen, die nun nicht mehr beglichen werden können. In den Tagen zuvor hatten die Investoren nach den gescheiterten Krisen-Verhandlungen mit Oaktree alle Verträge gekündigt und ihre Schiffe abgezogen – die Reederei verlor damit die wirtschaftliche Basis.
Nach dem zweiten Insolvenzantrag hat der ehemalige Firmenchef Niels Stolberg gestern sein Schweigen gebrochen und erstmals seit seiner „Beurlaubung“ am 1. März den US-Finanzinvestor Oaktree offen angegriffen: „Für mich sieht es so aus, als ob Oaktree Beluga bewusst in die Insolvenz gedrückt hat“, sagte er im Gespräch mit dieser Zeitung. „Ich bin mir sicher, dass mit den Banken und Schiffsgesellschaften im vernünftigen Dialog eine Lösung möglich gewesen wäre, um die Zukunft der Gesellschaft zu sichern“, sagte Stolberg.
Gegen den 50-Jährigen wird von der Bremer Staatsanwaltschaft wegen Betruges in besonders schwerem Fall ermittelt, nachdem er von Oaktree wegen möglicher Bilanzfälschung „bei Umsätzen und Liquidität“ angezeigt worden war. Vor gut einer Woche hatte die Staatsanwaltschaft ein offizielles Ermittlungsverfahren eingeleitet. Zudem hatte der US-Finanzinvestor einen Vermögens-Sicherungsantrag vor Gericht erwirkt und droht mit der Zwangspfändung von Stolbergs Privatbesitz.
Der Beluga-Gründer will nach eigenen Angaben nicht kampflos aufgeben. „Ich bin entschlossen, alles in meiner Macht stehende zu tun, um den Insolvenzverwalter dabei zu unterstützen, Beluga fortzuführen“, sagte er weiter. „Für mich standen und stehen das Unternehmen Beluga und meine Mitarbeiter immer im Vordergrund. Und ich werde dafür kämpfen, dass es für sie eine Zukunft geben kann.“
Der am Vortag vom Amtsgericht bestellte Insolvenzverwalter Edgar Grönda, der zu einer ersten Betriebsversammlung eingeladen hatte, hat mit seinem Team nun einen wesentlich größeren und komplexeren Fall zu betreuen: Denn nach der Übernahme des Falls „Chartering“ bekam er zusätzlich auch das vorläufige Insolvenzverfahren für die „Beluga Shipping“ übertragen. Grönda sicherte gestern den Beluga-Beschäftigten zu, sich um eine Fortführung der Reederei zu bemühen.