Spiekeroog. Der US-Finanzinvestor Oaktree will nach der Machtübernahme bei der Reederei Beluga jetzt den Ex-Chef Niels Stolberg offenbar persönlich für die Verbindlichkeiten des Unternehmens haftbar machen.
Nachdem das Landgericht Aurich einem Vermögens-Sicherungsantrag von Oaktree stattgegeben hatte, hat ein Gerichtsvollzieher dem Reeder in seinem Privathaus auf Spiekeroog einen sogenannten "dinglichen Arrest" überbracht. Damit ist das Privatvermögen vorerst gesperrt -  Oaktree sichert sich so eine mögliche, spätere Zwangsvollstreckung der Forderungen. Es geht offenbar um offene Rechnungen, die Stolberg selbst oder eines seiner Unternehmen begleichen soll. Zahlt Stolberg nicht fristgerecht oder hat ein möglicher Widerspruch keinen Erfolg, könnte sein gesamter privater Besitz gepfändet werden. Oaktree wollte das Vorgehen am Montag nicht kommentieren.
Der Beluga-Gründer war vor genau zwei Wochen entmachtet worden und musste die eigene Reederei umgehend verlassen. Einen Tag später erstattete Oaktree Anzeige gegen Stolberg, einen zweiten ehemaligen Geschäftsführer sowie mehrere leitende Angestellte. Vorwurf: schwerer Betrug und Bilanzfälschung. Die Beschuldigten sollen seit 2009 Umsatzerlöse in dreistelliger Millionenhöhe falsch ausgewiesen haben. Am vergangenen Dienstag leitete die Bremer Staatsanwaltschaft dann ein offizielles Ermittlungsverfahren gegen die Beschuldigten ein. Noch in dieser Woche soll Stolberg in Bremen vernommen werden.
Nach Oaktree-Angaben ist der Reeder bislang lediglich "beurlaubt", er wird im Handelsregister noch immer als Geschäftsführer der Beluga-Gruppe und ihrer Tochtergesellschaften geführt. Allerdings könnte er nach Recherchen dieser Zeitung keine Entscheidungen mehr allein treffen, sondern bräuchte in jedem Fall die Zustimmung von Oaktree. In der Bremer Reederei-Zentrale haben jetzt zwei Manager des US-Finanzunternehmens das Sagen: Oaktree-Vizepräsident Roger Iliffe als "Einzelvertretungsberechtigter" und Heiko Keppler, nominell Stolberg gleichgestellt.
Oaktree hat nicht auf alle Firmen Stolbergs Zugriff
Neben seiner Beteiligung an der Unternehmensgruppe, offiziell noch gut 48 Prozent, und Anteilen an etlichen Beluga-Schiffen, gehören Stolberg allerdings weitere Firmen, auf die Oaktree bislang keinen Zugriff hat. Damit betreibt Stolberg ein Hotel, Ferienwohnungen und das Künstlerhaus auf Spiekeroog, aber auch das Restaurant Outer Roads in Bremen. Zudem besitzt er, ebenfalls mit Sitz in seinem Hauptwohnort Spiekeroog, eine offenbar sehr umsatz- starke Beteiligungs- und Handelsfirma, die der Gemeinde auf der ostfriesischen Insel erhebliche Steuereinnahmen beschert.
Die Reederei hingegen ist nach Angaben des Finanzinvestors, gleichzeitig wichtigster Beluga-Gesellschafter, in ernste finanzielle Schwierigkeiten geraten. Sie ist ihren Gläubigern teilweise schon seit mehreren Wochen die vereinbarten Zahlungen schuldig geblieben. Oaktree hatte bei mehreren Krisentreffen von Banken, Emissionshäusern und Anlegern eine deutliche Reduzierung oder sogar Stundung von Zins und Tilgung sowie von Charterraten in den nächsten drei Monaten verlangt. Andernfalls drohe die Insolvenz. Es wird spekuliert, dass ohne eine Einigung zwischen Beluga/Oaktree und den Gläubigern sehr schnell ein Insolvenzantrag für die Reederei oder Teile des Unternehmens eingereicht werden könnte.Bericht Seite 13