UND GEORG ISMAR
Düsseldorf. Den deutschen Strom- und Gaskunden drohen neben den Preiserhöhungen durch die Energiewende weitere Belastungen. Das Düsseldorfer Oberlandesgericht kippte gestern Beschlüsse der Bundesnetzagentur und ordnete eine Neuberechnung der Durchleitungsgebühren für Strom und Gas an. Diese Entgelte müssen von den Versorgern an die Netzbetreiber gezahlt werden und sind Teil des Strompreises. Fast 300 Gas- und Stromnetzbetreiber hatten Beschwerde eingelegt und bekamen nun Recht. Die Bremer SWB und deren Muttergesellschaft EWE sind nach eigenen Angaben nicht unter den Klägern.
Konkret ging es um die von der Bundesnetzagentur verwendete Kalkulation, mit der die Entgelte für die Nutzung der Strom- und Gasnetze bestimmt werden. Die Netzagentur müsse andere Ansätze berücksichtigen, befanden die Richter. Sollte die Düsseldorfer Entscheidung Bestand haben, könnten die Netzbetreiber für mehrere Jahre rückwirkend höhere Netzentgelte verlangen. Die Nachforderung würde auf fünf Jahre gestreckt und aller Voraussicht nach von den Energieversorgern auf die Verbraucher umgelegt. Schätzungen der komplexen Gesamtforderungen bewegen sich zwischen einer dreistelligen Millionensumme bis hin zu einem Milliardenbetrag.
Das Gericht stieß sich an der Wertermittlung für die bestehenden Netze. Dafür waren Preisindizes für das produzierende Gewerbe verwendet worden. Eher hätten Indizes des Baugewerbes verwendet werden müssen, wie es auch in der Schweiz geschehe. Die Netzagentur müsse nun die Ansätze entsprechend ändern.
Damit konnten sich fast 300 Gas- und Stromnetzbetreiber durchsetzen. Das Gericht hatte ihre Beschwerden in 19 Pilotverfahren gebündelt. Allerdings ließ der Kartellsenat die Beschwerde gegen seinen Beschluss beim Bundesgerichtshof (BGH) zu. Die Bundesnetzagentur ließ gestern offen, ob sie vor den BGH zieht.