Irgendwie ist die Situation mit den Diesel-Fahrzeugen gerade verzwickt. Plötzlich soll das, was die deutschen Autofahrer über Jahrzehnte lieb gewonnen haben, böse und dreckig sein.
Viele, die einen Diesel fahren, sind verunsichert. Sollen sie ihr Auto verkaufen, und wenn ja, sollen sie als Neuwagen wieder einen Diesel erwerben? Wer beispielsweise Berufspendler ist, macht sich derzeit solche Gedanken.
Was die Neuwagen angeht, greifen die Deutschen inzwischen deutlich seltener zu Diesel-Modellen. Nach einer aktuellen Untersuchung des CAR-Instituts an der Universität Duisburg-Essen betrug im April der Anteil an Diesel-Fahrzeugen bei Privatkäufen nur noch knapp 24 Prozent. Das sei der niedrigste Wert seit dem Auslaufen der Abwrackprämie gewesen. Mithilfe der Prämie im Jahr 2009 wurden vor allem die Verkaufszahlen bei benzingetriebenen Kleinwagen angeschoben.
Studienleiter Ferdinand Dudenhöffer führt die Zurückhaltung der Kunden auf eine Vielzahl von Tests zurück, bei denen auch Dieselfahrzeuge mit der neuesten und strengsten Abgasnorm Euro 6 im Realbetrieb ein Vielfaches der erlaubten Stickoxid-Mengen ausstießen. „Die Verunsicherung führt bei privaten Neuwagenkäufern immer stärker zur Kaufverweigerung“, folgert der Auto-Experte.
Die Bremer KFZ-Innung titelt sogar in ihrer aktuellen Mitteilung „Der Pkw-Markt an der Weser bricht ein“. So ging die Zahl verkaufter Diesel-Autos im April gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 25 Prozent auf 1071 Fahrzeuge zurück. Auch was die Käufe bei Gebrauchtwagen in Bremen angeht, beobachtet die KFZ-Innung in der Hansestadt einen Rückgang. „Das war ein schwacher April“, bilanziert Hans Jörg Kossmann, Obermeister der KFZ-Innung Bremen. Laut Statistik des Kraftfahrtbundesamtes wurden an der Weser im April 1318 gebrauchte Diesel verkauft. Das entspricht einem Minus von gut neun Prozent verglichen mit dem Vorjahr. Bei gebrauchten Benzinern waren es im April 2538 Fahrzeuge, was einem Minus von mehr als zehn Prozent entspricht gegenüber dem Vorjahr.
Weniger verkaufte Neuwagen
Die Preise für Diesel-Gebrauchtwagen sind vor allem in der Region rund um Stuttgart eingebrochen. Fahrzeuge sind für 20 Prozent weniger zu haben als noch vor einem Jahr. In der Stadt soll es ab 2018 ein Fahrverbot für ältere Diesel-Pkw geben. Inwiefern die Nachrüstung mit Feinstaubfiltern die älteren Fahrzeuge vom Verbot ausnimmt, verhandelt die baden-württembergische Landesregierung gerade mit der Autoindustrie. In Hamburg sollen zwei Hauptverkehrsadern in der Innenstadt demnächst für Diesel mit Euro-5-Norm und niedriger gesperrt werden. Diesel-Besitzer müssen dann möglicherweise Umwege in Kauf nehmen, um ihr Ziel in der Stadt zu erreichen.
Was in Bremen passieren soll, ist noch unklar. Diskutiert werden mögliche Fahrverbote für Diesel mit Euro-5-Norm in besonderen Zonen, in denen an bestimmten Tagen Emissionswerte überschritten werden. Doch da noch nichts beschlossen ist, sind so harte Preisabschläge bei Diesel-Fahrzeugen noch nicht zu erkennen. Dennoch beobachtet Stefan Kaemena, Abteilungsleiter Technik beim ADAC Weser-Ems: „Je nach Diesel-Modell sehen wir bei den Verkaufspreisen von gebrauchten Dieseln einen gesunkenen Preis zwischen sieben und zehn Prozent.“ Das Gebrauchtwagenportal mobile.de im Internet hat bundesweit einen Preisabschlag von sieben Prozent ermittelt. Das andere große Internet-Portal Autoscout24 kann eine entsprechende Preisentwicklung aber nicht beobachten.
Händler bestätigen sinkende Preise bei Diesel-Fahrzeugen oder eine Verunsicherung der Kunden nicht. Bei „Dat Autohus“ in Bremen-Arsten, einem der größten Gebrauchtwagenanbieter in der Region, heißt es, die Nachfrage sei ungebrochen. 90 Prozent der angebotenen Fahrzeuge seien außerdem Diesel-PKW. Das liege daran, dass viele PKW ehemalige Flottenfahrzeuge aus Firmenfuhrparks seien. Und da das Unternehmen einen Großteil der Autos über mobile.de oder autoscout24 verkauft, gibt es eben auch eine Reihe von Kunden aus Tschechien oder Rumänien. Dort sind Fahrverbote kein Thema. Bei den Interessierten aus der Region sei nicht festzustellen, dass der Dieselskandal größere Auswirkungen habe.
Der stellvertretende Obermeister der KFZ-Innung, Günther Engelke, der auch Geschäftsführer beim Autohaus Schmidt & Koch ist, berichtet: „Wenn die Kunden sich für ein bestimmtes Diesel-Fahrzeug interessieren, wird ab und zu mal die eine oder andere Frage mehr gestellt, aber ansonsten lassen sich die Bremer momentan nicht verrückt machen.“
Bisher keine Sonderrabatte
Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen beobachtet anhand aktueller Zahlen, dass die Autoindustrie bislang auf besondere Rabattaktionen für Diesel-Neuwagen verzichtet hat. Wer aber bei bis zu einem Jahr alten Autos sucht, findet auf mobile.de beispielsweise einen Mercedes E 350 Diesel mit etwa 14 000 gefahrenen Kilometern und Baujahr August 2016 für 43 000 Euro – im Angebot bei der Mercedes-Niederlassung Hannover. Der Listenpreis liegt bei 70 000 Euro.
Stefan Kaemena vom ADAC Weser-Ems rät: „Auf alle Fälle sollte man den gebrauchten Diesel jetzt nicht panisch verkaufen.“ Als eine Antriebs-Alternative bietet sich weiterhin Autogas (LPG) an. Denn der Finanzausschuss des Bundestags hat sich vergangene Woche auf eine Verlängerung der Steuerbegünstigung bis 2022 ausgesprochen. Kaemena rechnet vor: „Die Umrüstung eines Benziners kostet etwa 1500 Euro. Normalfahrer sparen da etwa ab einem Einsatz von vier Jahren.“ Ein Tank reiche für bis zu 500 Kilometern aus.