Die wuchtigen Säulen beherrschen den Raum. Aus weißem Marmor gefertigt, tragen sie die hohe mit dezenten Stuckelementen verzierte Decke. Die mit Marmor verkleideten Wände versprühen kühle Eleganz mit einem gewaltigen Hauch von Protz. Eine aus dunklem Holz im Jugendstil gefertigte Vitrine birgt Ausstellungsstücke zur Firmengeschichte von Kaffee HAG. Das 1906 gegründete Unternehmen produzierte als erstes weltweit entkoffeinierten Kaffee.
Ludwig Roselius, Bremer Kaufmann und Gründer der Kaffee HAG, ließ eine Werkshalle seiner Firma zum Marmorsaal umbauen. 1914 war der repräsentative Saal fertig – und für die meisten Angestellten nicht zugänglich. Lediglich bei Betriebsfeiern sahen sie ihn von innen. Ansonsten war das Prunkstück den Aufsichtsratsmitgliedern, Direktoren und ihren Gästen vorbehalten – für repräsentative Zwecke und als exklusiver Speisesaal. Die Belegschaft aß in der Kantine ein Stockwerk tiefer zu Mittag.
Über einen Speiseaufzug wurden die Gerichte in den Marmorsaal befördert. Auf einer Anrichte stand eine große Kaffeemaschine. 1979 verkaufte der Sohn Ludwig Roselius‘ das Unternehmen an die US-amerikanische Firma General Foods Corporation (heute Mondel?z International). Seitdem steht der Repräsentationsbau die meiste Zeit leer.
Für Feiern kann der Saal gemietet werden
„Als die Amerikaner damals hier einzogen, sollen sie am zweiten Tag den Direktoren gesagt haben, sie sollen in der Kantine essen“, erzählt Christian Ritschel. Der Miteigentümer von Lloyd Café organisiert heute im unter Denkmalschutz stehenden Marmorsaal Kaffeeseminare. Auch für Feiern, wie etwa Hochzeiten, kann der Saal gemietet werden.
An dem Marmorsaal beeindrucken Ritschel vor allem die Gegensätze: „Von außen diese heruntergekommenen Fabrikgebäude und innen dieser pompöse Saal. Er atmet die alte Bremer Kaufmannschaft, diesen Protz.“ Draußen, da ist der Holz- und Fabrikenhafen. Die Lastwagen donnern an den alten Fabrikgebäuden vorbei. Container schwingen in der Luft. Wer aus dem Saal auf eine großzügig angelegte Terrasse tritt, blickt auf die Außenwände des ehemaligen Kaffee-HAG-Werks. Der Putz blättert ab, die Fenster wirken etwas windschief.
Blick zurück in den Marmorsaal: Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden Fenster mit den Wappen ehemaliger ostdeutscher Provinzen und der Regionen eingebaut, die damals Teil der DDR waren. Mittendrin und nicht zu übersehen: das Bremer Wappen. „Das ist eine Replik“, sagt Ritschel. Das Original klauten Diebe samt Glas. Zum 100. Geburtstag des Saals wurde das Fenster ersetzt, mit Spenden finanziert.