Ein Bild, das es in dieser Form nicht oft zu sehen gibt: Carsten Sieling, Heiner Heseler und Peter Stubbe radeln einträchtig durch die Stadt. Als oberster Interessenvertreter der Stadt informiert sich der Bürgermeister an diesem Dienstag darüber, wie sich die Überseestadt entwickelt. Heseler und Stubbe stehen dabei sinnbildlich für zwei Strömungen, die in der Vergangenheit nicht immer ganz einfach in Einklang zu bringen waren: Heseler ist als Geschäftsführer der Initiative Stadtbremische Häfen (ISH) das Sprachrohr der ansässigen Wirtschaftsunternehmen, Stubbe vertritt als Gewoba-Vorstand das Thema Wohnen. Doch an diesem Dienstag fahren sie nebeneinander durch den Ortsteil, der nach dem angekündigten Verkauf des Kellogg-Geländes wieder zum Gesprächsthema geworden ist.
In Sichtweite des Areals des Cerealien-Herstellers und direkt am Europahafen gelegen, schlägt die Berthold Vollers GmbH in Schuppen 6 gut 7500 Tonnen Tee im Jahr um. Es ist der erste Stopp des Fahrradtrosses, Geschäftsführer Lüder Vollers führt durch die Lager- und Veredelungshalle. Vollers hat den Schuppen 4 und den Schuppen 6 über einen Erbbaurechtvertrag gekauft, dieser endet Ende des Jahres. Die Gespräche für eine Vertragsverlängerung laufen.
15 Jahre, so hört man, lautet das jüngste Angebot der Stadt. Dass Vollers damit nicht ganz zufrieden ist, sagt er später ganz deutlich im Gespräch mit dem Bürgermeister. Schließlich müsse er sich dann schon recht bald wieder nach möglichen anderen Umschlagstandorten umschauen, Planung und Umsetzung bräuchten schließlich Vorlauf. „Ich kann nicht elf Jahre warten und dann erst damit anfangen“, sagt er. Sieling hatte zuvor noch am Schuppen 6 gesagt: „Es ist sicher, dass Vollers auch über 2017 hinaus an diesem Standort Tee umschlagen wird.“
SPD-Bürgermeister will vermitteln
Der SPD-Bürgermeister will an diesem Nachmittag die Brücke schlagen zwischen traditioneller Hafenwirtschaft und gewerblicher Nutzung auf der einen sowie modernem Wohnen und kreativem Arbeiten am Wasser und den dazugehörigen Einrichtungen auf der anderen Seite. Halt macht die von Vertretern des Stadtmarketing-Projekts Bike it organisierte Tour daher auch am ersten öffentlich geförderten Wohnprojekt der Überseestadt an der Marcuskaje, am Skatepark im Überseepark und am Speicher XI, in dem unter anderem die Hochschule für Künste untergebracht ist.
Mehr als acht Kilometer haben der Bürgermeister und die anderen Teilnehmer am Ende der Route zurückgelegt, die an der Kaffeerösterei Lloyd am Fabrikenufer endet. Hier kommen Jan Müller, Vorstandsvorsitzender der J. Müller AG, und Berend Jürgen Erling, Geschäftsführer der Rolandmühle, dazu. Und plötzlich steckt Sieling wieder mitten drin in den Gesprächen über die Zukunft der Hafenwirtschaft in der Überseestadt. „Wir brauchen Planungssicherheit“, fordert Müller.
Für die kommenden Jahre und Jahrzehnte planen
J. Müller hat im vergangenen Jahr die Getreideverkehrsanlage übernommen. Noch einmal fünf Millionen Euro will er in das Gebäude stecken. „In diese alten Schätze muss man enorm investieren“, sagt Müller. Und wer investiert, will für die kommenden Jahre und Jahrzehnte planen.
Es ist schon früher Abend, als eine Stadtkarte auf den Tisch kommt. Die Zukunft des Naherholungsgebiets Weiche Kante, ein mögliches Bürogebäude am Ende des Holz- und Fabrikenhafens – all das betrachten die hafennahen Betriebe mit großer Sorge. Im Gespräch wolle man bleiben, sagt der Bürgermeister. Ein Gespräch, das direkt unter sechs Augen weitergeführt wurde. Sieling, ISH-Chef Heseler und Jan Müller haben sich im Anschluss an die Radtour noch einmal zusammengesetzt. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit.