Der Angriff auf die zwei Tanker im Golf von Oman in der vergangenen Woche beschäftigt die Branche. Schon seit Jahren gilt das Gebiet als schwieriges Umfeld für die Handelsschifffahrt. Der jüngste Vorfall ist allerdings von besonderer Dramatik. Auch wenn die Bremer Reeder nicht die großen Rohöl-transportierenden Tankschiffe in ihrer Flotte haben, waren die Angriffe auf die Tankschiffe in der Straße von Hormus Thema beim traditionellen Bremer Rhederabend am Donnerstagabend.
Generell verurteilen die Reeder jegliche Angriffe auf die zivile Schifffahrt aufs schärfste. Zudem könnte eine langanhaltende Eskalation im Golf von Oman auch die Preise für Marinediesel und Schweröl nach oben treiben – des Treibstoffs, der überwiegend in der Schifffahrt verwendet wird. Hinzu kommt, dass die eine oder andere Bremer Reederei zwar nicht Tanker, aber andere Handelsschiffe durch die Straße von Hormus fahren lässt. Befürchtet wird in der Branche auch, dass die Transportversicherungen teurer werden.
Die Angst vor Lieferunterbrechungen hat die Preise für Rohöl bislang nur um sechs Prozent steigen lassen. Das liegt vor allem daran, dass weltweit derzeit die Lager gut mit Rohöl gefüllt sind. Dennoch bleibt eine Ungewissheit, auch wenn die USA eigentlich kein Interesse daran haben dürften, dass es zu einer Eskalation und militärischen Auseinandersetzung mit dem Iran kommt. Die Vereinigten Staaten machen die islamische Republik für die beiden Angriffe verantwortlich.
Zu den Gästen des Bremer Rhederabends gehörte Katharina Stanzel, die Geschäftsführerin von Intertanko, des international tätigen Verbands der unabhängigen Tankerreeder. Intertanko wurde 1970 in Oslo gegründet. Mitglieder sind mehr als 200 Eigner und Betreiber von Öl- und Chemikalientankern, die unabhängig von Ölgesellschaften sind und nicht im Staatsbesitz. Mit über 3000 Tankschiffen vertritt Intertanko den größten Anteil der Welttankerflotte.
Laut dem Statistikportal Statista gibt es etwa 7300 Rohöltanker und 5600 Produktentanker. Man müsse sich vor Augen führen, dass ungefähr 30 Prozent des Erdöls der Welt durch die Meerenge fließe, warnte Intertanko nach dem Vorfall in der Straße von Hormus. „Wenn die Gewässer unsicher werden, könnte die Versorgung der gesamten westlichen Welt gefährdet sein.“
Noch seien die Hintergründe der Anschläge und die Urheber nicht bekannt, so Michael Vinnen, Vorsitzer des Bremer Rhedervereins. „Es hätte für die Weltwirtschaft allerdings unabsehbare Folgen, wenn es in der Region zu kriegerischen Auseinandersetzungen und in deren Folge zur Sperrung der Straße von Hormus käme.“ Ein daraus folgender starker Anstieg der Rohölpreise würde die globale Wirtschaft und natürlich auch die internationale Seeschifffahrt hart treffen. „Stärker noch beunruhigt mich allerdings der Umstand, dass hier die zivile Handelsschifffahrt und ihre Schiffe als Ziele und Faustpfand für strategische und militärische Zwecke missbraucht und das Leben der Bordbesatzungen gefährdet wurden“, so Vinnen.
Sollte aus dem Säbelrasseln der Konfliktpartner dennoch eine ernsthafte Auseinandersetzung werden, der Iran seine Drohung wahr machen und die Straße von Hormus für den Schiffsverkehr sperren, dann würden auch die Rohlölpreise rapide ansteigen – trotz der derzeitigen weltweiten Ölschwemme, von der Experten momentan sprechen.
Denn die Straße von Hormus ist für die weltweite Ölversorgung von großer Bedeutung: Die Meerenge, die an der engsten Stelle knapp 50 Kilometer breit ist und deren eigentliche Fahrrinne für Riesen-Tanker nur etwa drei Kilometer Breite in jeder Richtung hat, verbindet den Golf von Oman mit dem Persischen Golf – einer der größten Ölregionen. Durch die Straße von Hormus gehen etwa ein Fünftel der weltweiten Öltransporte.
In der ersten Hälfte des vergangenen Jahres waren das rund 17,4 Millionen Barrel pro Tag, berichtete die Deutsche Welle unter Berufung auf Angaben der Beratungsfirma Vortexa, die den weltweiten Öl-Tagesbedarf mit 100 Millionen Barrel angibt. Nicht weniger wichtig ist die Straße von Hormus als Transportroute für Flüssiggas (LNG) aus Katar. Das Emirat ist der weltweit größte Lieferant von Flüssiggas.
Die zivile Seeschifffahrt sei eine der Voraussetzungen für den Wohlstand in aller Welt, hob Vinnen beim Rhederabend hervor. „Unsere Seeleute sehen für Monate ihre Familien nicht, arbeiten und leben unter Entbehrungen an Bord, machen einen tollen Job und sorgen dafür, dass Industrien und Konsumenten in aller Welt mit den gewünschten Gütern versorgt werden.“ Die Unversehrtheit und das Leben dieser Seeleute zu gefährden, sei ein Tabubruch, er sei menschenverachtend und müsse völkerrechtlich geächtet werden. „Die zivile Handelsschifffahrt ist aus militärischen Konflikten herauszuhalten.“
Bremer Rhederverein
Der Bremer Rhederverein wurde im Jahre 1884 in Bremen von 35 Reedereien als „Verein der Rheder des Unterwesergebiets” gegründet. Der Zweck der Gründung war, die „Interessen der deutschen Rhederei zu vertreten und zu fördern”. Der Rhederverein lädt regelmäßig zu Versammlungen ein und informiert über die aktuellen Themen der nationalen, europäischen und globalen Schifffahrtspolitik. Diese Veranstaltungen dienen zugleich als Forum für den Meinungsaustausch zwischen den Bremer Reedern. Einmal im Jahr findet der Bremer Rhederabend im Atlantic Grand Hotel in der Bredentraße statt.