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Verband Deutscher Reeder Über 100 Schiffe sitzen im Schwarzen Meer fest

Über 100 Schiffe sitzen laut dem Verband Deutscher Reeder im Schwarzen Meer fest - darunter auch ein paar Schiffe, die von Deutschland aus bereedert werden. Der Verband fordert Freiheit für die Schifffahrt.
02.03.2022, 15:09 Uhr
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Über 100 Schiffe sitzen im Schwarzen Meer fest
Von Peter Hanuschke

Der Verband Deutscher Reeder (VDR) sorgt sich um die Seeleute, die derzeit auf Schiffen in ukrainischen Häfen festsitzen. Der Verband nahm seinen Jahresrückblick auf die deutsche Handelsflotte zum Anlass, den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine zu verurteilen. "Wir sind erschüttert über die Entwicklungen", sagte VDR-Präsidentin Gaby Bornheim an diesem Mittwoch.

5.000 Seeleute aus Russland und der Ukraine

„An Bord der Schiffe der deutschen Flotte leben und arbeiten Menschen aus Dutzenden verschiedenen Nationen – darunter auch tausende ukrainische und russische Seeleute, die teilweise auch an Bord desselben Schiffs sind", so Gaby Bornheim. Auf diesen Schiffen funktioniere das Miteinander. Laut VDR leisten geschätzt insgesamt etwa 5.000 Seefahrer aus beiden Ländern ihren Dienst an Bord der deutschen Handelsflotte, die Ende des vergangenen Jahres 1.917 Schiffe umfasste - davon kommen 240 Schiffe aus Bremen. Ein Jahr zuvor waren noch 84 Schiffe mehr in deutschen Schiffsregistern aufgeführt. Trotz des Rückgangs stelle Deutschland im Bereich Containerschifffahrt hinter China nach wie vor die weltweit zweitgrößte Flotte.

Eine globale Branche

Die Schifffahrt sei eine zutiefst globale Branche, die essenziell auf Frieden und freie Handelswege angewiesen sei, um die Versorgung weltweit sicher zu stellen, so die VDR-Präsidentin. „Wir fordern, dass alle Schiffe mit ihren Crews die Konfliktzone unbeschadet verlassen dürfen." Russland müsse die Freiheit der Schifffahrt respektieren. Unbeteiligte Handelsschiffe dürften nicht angegriffen werden. „Die Sicherheit unserer Seeleute hat für uns absolute Priorität. Wir fordern alle Parteien auf, sicherzustellen, dass – neben der ukrainischen Bevölkerung – die Männer und Frauen an Bord, gleich welcher Nationalität, nicht zu Opfern in diesem Krieg werden.“

Ukrainische und russische Seeleute stellen auch auf den Schiffen der deutschen Handelsflotte einen wichtigen Teil der Besatzungen: Geschätzt insgesamt etwa 5.000 Seefahrer aus beiden Ländern leisten ihren Dienst an Bord. Weltweit stellen Crew-Mitglieder aus beiden Nationen insgesamt 14,5 Prozent aller 1,89 Millionen Seeleute. Knapp 200.000 davon sind Russen, 76.000 Ukrainer.

Kriegsgebiet Schwarzes Meer

Die Lage sei insgesamt noch sehr unübersichtlich, so die Präsidentin. Das Schwarze Meer sei zum Kriegsgebiet erklärt worden. "Gleichwohl befinden sich nach unserem Kenntnisstand dort über 100 Schiffe - davon ein paar, die von Deutschland aus bereedert werden." Deutsche Seeleute seien auf diesen Schiffen nicht an Bord. Derzeit gebe es Bestrebungen, dass russische Häfen insgesamt nicht mehr angelaufen werden dürfen. Großbritannien habe das bereits am Dienstag beschlossen. Offen sei, ob die EU-Kommission das auch so umsetzen werde. Unabhängig davon, hätten große Containerlinienreedereien wie Maersk und Hapag-Lloyd sich dazu entschlossen, russische Häfen insgesamt nicht mehr anzulaufen. "Die Linienreedereien haben generell gesagt, dass sie keine Buchungen mehr annehmen in Richtung Russland und Ukraine", ergänzte VDR-Geschäftsführer Martin Kröger.

In den mittlerweile zwei Jahren nach Ausbruch der Corona-Pandemie hätten viele deutsche Schifffahrtsunternehmen durch unruhige See navigieren müssen, sagte die Präsidentin: „Die deutsche Schifffahrt besteht im Wesentlichen aus mittelständischen Unternehmen. Wir sollten uns nicht von den positiven wirtschaftlichen Ergebnissen einiger großer Reedereien blenden lassen.“ 80 Prozent der Reedereien hätten weniger als zehn Schiffe, bei längst noch nicht allen sei der Aufschwung angekommen. „Hinter der Schifffahrt insbesondere in Deutschland liegt eine ganze Dekade der Krise. Nach mehr als zehn Jahren sind vor allem die kleinen und mittelgroßen Reedereien wirtschaftlich ausgezehrt und brauchen mehr als ein Jahr guter Zahlen, um die Herausforderungen der Zukunft, insbesondere die nötigen Investitionen etwa für den Klimaschutz, finanziell schultern zu können“, sagte Bornheim: „Mit den erfreulich positiven Entwicklungen an den Containermärkten sehen wir nun zunächst nur die Ruhe nach dem Sturm.“

Schiffsmärkte teilweise sehr volatil

Die Schiffsmärkte müssten zudem differenziert betrachtet werden, so der VDR: Container und auch Bulker würden von hoher Nachfrage profitieren, im Tankermarkt und bei Fähr- und Kreuzfahrtreedereien sei die Situation aber weiter sehr volatil. Niemand wisse darüber hinaus, wie nachhaltig der aktuelle Nachfrage-Zuwachs sei, wenn die Pandemie-Effekte und die vielen staatlichen Konjunkturprogramme in den Ländern der Welt ausliefen.

Trotz der momentanen Unwägbarkeiten werde die Schifffahrt daran festhalten, bis spätestens 2050 global klimaneutral fahren zu wollen, so VDR-Geschäftsführer Kröger. Es sei offen, welcher klimafreundliche Brennstoff Seeschiffe bald antreiben werde. Doch die Motoren, die die Schifffahrt CO2-frei machen würden, gebe es schon heute – allein, es fehlt der entsprechende Treibstoff dafür. Deshalb bedarf es einer gemeinsamen Kraftanstrengung – gefordert seien Politik, die Mineralölbranche, Motorenhersteller, Forschung und Häfen. "Deswegen braucht es vorerst noch LNG", stellt Kröger fest. "Diese Motoren können später aber ohne hohen Aufwand auf grünes Gas umgestellt werden."

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