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Kfz-Werkstätten in Bremen geöffnet Reifenwechsel unter erschwerten Bedingungen

So einigen Kunden ist gar nicht bewusst, dass die Kfz-Werkstätten in Bremen und Niedersachsen geöffnet haben. In Bayern wäre der Wechsel auf Sommerreifen bis vor kurzem dagegen noch strafbar gewesen.
15.04.2020, 11:25 Uhr
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Von Florian Schwiegershausen und Christof Rührmair

Ostern ist vorbei, und damit wäre es auch langsam Zeit für den Wechsel von Winter- auf Sommerreifen. Denn die alte Regel lautet ja: „Von O bis O – also von Oktober bis Ostern.“ Doch für Millionen Autofahrer wird das dieses Jahr zur Herausforderung. „Die Kunden müssen sich auf längere Wartezeiten einstellen“, sagte Yorik M. Lowin, Geschäftsführer des Reifenfachhandelsverbands BRV, in Bonn. Die Einschränkungen wegen der Corona-Pandemie bremsten den Wechsel.

Zudem ist es bis vor Kurzem in manchen Bundesländern, die wie Bayern stärkere Ausgangsbeschränkungen haben, gar nicht erlaubt gewesen, wegen eines Reifenwechsels in die Autowerkstatt zu fahren. So bestätigte Anfang April noch das Gesundheitsministerium des Freistaats: „Reifenwechsel stellen keine triftigen Gründe zum Verlassen der Wohnung dar.“ Diese strenge Ansicht hatte das Bundesland erst in der vergangenen Woche etwas gelockert.

„Selbst wenn die Unternehmen offen haben, können sie nicht mit 100 Prozent plus X arbeiten“, sagte Lowin. Normalerweise sind die Wechselzeiten im Frühjahr und Herbst ausgesprochen hektische Zeiten beim Reifenhandel, in denen teilweise am Anschlag gearbeitet wird. Das ist laut Lowin jetzt nicht möglich – schon alleine, weil die Mitarbeiter auch in der Werkstatt Abstand halten müssten und man auch nicht so viele Kunden wie sonst gleichzeitig im Betrieb haben könne. Dass – wie sonst manchmal zu Stoßzeiten – 20 Menschen gleichzeitig warteten, sei derzeit nicht möglich. Zudem ließen manche Betriebe derzeit die Kunden ihre Autos selbst in die Werkstatthallen fahren, damit sich die Mitarbeiter nicht in die Fahrzeuge setzen müssten.

Auch Wilhelm Hülsdonk, Bundesinnungsmeister des Kfz-Handwerks, sagte: „Die Saison wird wegen der aktuellen Einschränkungen und unserer Bemühungen, die Kontakte mit den Kunden zu reduzieren, länger dauern.“ Bisher kämen auch noch nicht so viele Kunden in die Werkstätten. „Aber ob ich diese Umsätze im April oder Juni mache, ist nicht so wichtig.“ Da gebe es zurzeit größere Probleme. „Insgesamt ist die aktuelle Situation für unsere Betriebe sehr belastend.“

Werkstätten in Bremen und Niedersachsen geöffnet

Zusätzlich bremsend wirkt sich aus, dass manche Werkstätten derzeit gar nicht geöffnet haben. ATU aus Weiden zum Beispiel, mit 574 Filialen die größte unabhängige Werkstattkette Deutschlands, hat seit Mitte März den Großteil ihrer Betriebe vorübergehend geschlossen. Aktuell gebe es zehn Standorte, die eine Notfallversorgung böten, sagte ein Sprecher. Man arbeite daran, weitere zu öffnen.

ATU erwartet aber, dass sich die Reifenwechselsaison dieses Jahr ohnehin nach hinten verschiebt. „Wir gehen aktuell davon aus, dass ATU rechtzeitig zur diesjährigen Frühjahrsumbereifung wieder flächendeckend den Betrieb aufnehmen kann“, so der Sprecher. „Spezielle Maßnahmen für die Zeit nach den Covid-19 bedingten Betriebsunterbrechungen sind derzeit in Vorbereitung.“ Andere Ketten – wie beispielsweise Euromaster – haben dagegen geöffnet. Momentan beobachte man noch keinen riesigen Ansturm, sagte eine Sprecherin.

Aber in Bremen und Niedersachsen dürfen die Werkstätten grundsätzlich geöffnet haben. Christian Emigholz vom gleichnamigen Bremer Reifenhändler hat das entsprechend auf die Internet- und die Facebook-Seite der Firma geschrieben. Auf die Seite greifen auch viele Menschen zu. Doch er sieht, dass er damit eben nicht alle erreichen könne, für die das relevant ist. Gleichzeitig sagt Emigholz: „Wir sind ganz klar systemrelevant. So war es auch selbstverständlich, dass wir Ostersonnabend geöffnet hatten.“ Denn das Unternehmen hat neben den gängigen Reifen für alle Pkw eben auch die Spezialreifen für Lkw oder sogar Feuerwehr auf Lager, damit auch die mobil bleiben. Wenn zumindest nicht allen bewusst sei, dass sie geöffnet haben, hätten zumindest ab Mitte März eine ganze Reihe von Stammkunden bereits telefonisch um einen Termin gebeten. Klar sei auch, dass in allen Werkstätten natürlich die Bestimmungen eingehalten werden, was den Abstand angeht, um die eigenen Mitarbeiter und die Kunden zu schützen. „Eine Reihe von Terminen sind bereits gemacht. Wir schauen aber natürlich, wie wir in dringenden Fällen auch kurzfristig den Wechsel der Reifen hinbekommen.“ An den Standorten mit kleineren Verkaufsräumen werden die Kunden dann auch gebeten, vor der Tür zu warten. Das Team von Emigholz macht auch die Erfahrung, dass derzeit viel mehr Kunden ihr Auto selbst in die Werkstatt bringen.

Verkehrssicherheit wird durch späteren Wechsel kaum beeinträchtigt

Im Autohaus Orléa in Bremen-Nord seien die Termine zum Reifenwechsel diese Woche bereits vergeben. Geschäftsführer Ralph Orléa bittet um Verständnis: „Wir haben unseren Verkaufsraum geschlossen. Doch viele Werkstattarbeiten ergeben sich eben auch in Zusammenhang mit dem Verkauf.“ Daher sei die Hälfte seiner Mitarbeiter momentan in Kurzarbeit. Die andere Hälfte steht entsprechend zur Verfügung, um beispielsweise an den Autos der Kunden von Winter- auf Sommerreifen zu wechseln. Allerdings hat Orléa auch die Erfahrung gemacht: „So mancher Kunde ist unsicher und fragt am Telefon zuerst, ob wir denn überhaupt geöffnet haben.“ In der kommenden Woche seien aber noch Termine möglich.

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Ebenso unterstreicht der Präsident des Kfz-Gewerbes Niedersachsen-Bremen, Karl-Heinz Bley, nochmals: „Die Werkstätten sind systemrelevant. Schließlich müssen die Menschen doch verkehrssicher zur Arbeit fahren können.“ Bley wären allerdings bundesweit einheitliche Regelungen lieber gewesen, sodass nicht jedes Bundesland sein eigenes Süppchen kocht. Laut Bley ist den Werkstätten in Niedersachsen auch der Verkauf von Autos online erlaubt. „Der Käufer darf keine Probefahrt machen, er kann es sich aber auf dem Hof angucken und vorher telefonisch natürlich die Infos einholen.“

Auf die Verkehrssicherheit habe die verzögerte Wechselsaison wohl keine dramatischen Auswirkungen – auch wenn Winterreifen bei hohen Temperaturen wegen ihrer auf Kälte eingestellten Gummimischung längere Bremswege haben. „Wenn Reifen schon stark heruntergefahren sind oder eine längere Reise ansteht, sollte man den Wechsel möglichst bald machen lassen“, sagte Kfz-Bundesinnungsmeister Hülsdonk. „Aber wenn das Auto im Moment ohnehin vor allem vor der Türe steht, kann man ruhig noch ein oder zwei Monate warten.“

Dass in der Krise deutlich mehr Menschen als sonst selbst zu Wagenheber und Drehmomentschlüssel greifen, um die Reifen zu wechseln, erwartet Verbandsgeschäftsführer Lowin nicht. Angesichts von Techniken wie Reifendruckkontrollsystemen könne das nicht jeder. Zudem würden die Reifen auf den Autos immer größer, und damit schwerer selbst zu wechseln. Zumindest wäre es derzeit auch in Bundesländern wie Bayern erlaubt, dass die Menschen die Reifen selbst bei sich vor der Tür wechseln.

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