Bremen. Da steckt Daniel Kliche nun im Stau. Die A1 zwischen Bremen und Hamburg steht. Doch anstatt sich zu ärgern, zu hupen, zu fluchen, wandern die Augen des Bremers auf ein mit Werbung beklebtes Fahrzeug. „Es ist als Einziges aufgefallen“, erinnert er sich. Und Kliche fragt sich: „Warum werden eigentlich nicht mehr Autos als Werbefläche genutzt? Das ist doch nicht genutztes Kapital.“
Aus den Gedanken im Stau ist vor ein paar Monaten ein Geschäftsmodell geworden. Wer sein Fahrzeug bei „Myprintcar“ anmeldet, kann es als Werbefläche anbieten und damit Geld verdienen. Das Start-up vermittelt dabei zwischen den Privatpersonen und den Firmen und bringt deren Werbefolie an das Auto. Kliche hat das Unternehmen Anfang des Jahres zusammen mit seinem Freund Andre Scharnagl gegründet.
Der war gleich begeistert, als er im vergangenen Jahr von der Idee hörte. Die beiden schauten sich den Markt an, stießen aber nur auf wenig ernstzunehmende Wettbewerber. „Das war schon etwas verwunderlich“, sagt Kliche. Denn eigentlich sei die Idee ja recht simpel. Kliche und Scharnagl setzten sich also an ein Konzept für ihr Start-up. Die 28-Jährigen sind heute gemeinsam Gesellschafter von „Myprintcar“.
Wer sein Fahrzeug für Werbung zur Verfügung stellt, kann dabei bis zu 100 Euro im Monat verdienen – auch je nach Größe der Werbefolie. „Bei uns ist jedes Fahrzeug willkommen“, sagt Kliche. Anbieten könnten Autofahrer einen Premiumwagen, ein Mittelklasse-Fahrzeug oder ihren Kleinwagen. Nur zu alt dürfen die Werbeträger mit vier Reifen nicht sein: höchstens fünf bis maximal sieben Jahre.
In zwei Minuten sollen sich die Fahrer auf der Seite myprintcar.de mit ihrem Auto anmelden können. Dort müssen sie neben dem Alter der Fahrzeuge angeben, um welches Modell und welche Farbe es sich handelt, in welchen drei Stadtteilen das Auto am häufigsten unterwegs ist und wie viele Kilometer im Monat gefahren werden. Und angegeben werden muss auch, wie sehr das Auto beklebt werden darf: Kommt nur die Motorhaube infrage, auch die Türen oder sogar das ganze Auto? Kliche und Scharnagl schauen dann, wie die Angebote zur Nachfrage der Werbekunden passen.
„Wir wollen es den Leuten so leicht wie möglich machen“, sagt Kliche. In der Regel bleibe die Folie bis zu zehn Monate kleben. Theoretisch könne sie bis zu drei Jahre am Lack überdauern, ohne Rückstände zu hinterlassen. Derzeit seien knapp 30 beklebte Fahrzeuge unterwegs, im diesem Jahr sollen es am Ende 70 sein. „Das wäre eine super Sache.“ Im nächsten Jahr ist bereits eine Kampagne eingetütet: Ein Online-Warenhaus will auf 80 Fahrzeugen in Berlin, Hamburg, Bremen und Nordrhein-Westfalen werben. Während Scharnagl neben der Teilhabe am Unternehmen weiter in der Windkraftbranche tätig ist, steckt Kliche alle Energie in das Start-up. „Ich bin von morgens bis abends unterwegs, um zu akquirieren. Für mich gibt‘s nichts anderes.“ An seiner Idee zweifle er dabei nicht. „0,0 Prozent.“
Die beiden Gründer wollen das Angebot zunehmend auf ganz Deutschland ausweiten. 1000 Fahrzeuge in der Flotte – das ist das erste große Ziel. Weitere Anfragen von Unternehmen und Fahrern gebe es schon jetzt aus Hamburg, Hannover, aber auch aus Augsburg, Duisburg und Berlin. „Damit haben wir nicht gerechnet. Es wächst uns schon fast etwas über den Kopf. Wir müssen expandieren.“ Interesse an der mobilen Werbung gebe es „querbeet“: vom Möbelgeschäft, dem Burgerladen oder der Versicherung bis zur Veranstaltung. „Das ist eben etwas Neues.“ Vor allem in Berlin, der Start-up-Stadt, komme die Idee gut an.
Und auch von einem anderen Start-up aus Bremen gibt es Bestätigung: Myprintcar und Drivo werden in Zukunft zusammenarbeiten. Über die App des Unternehmens soll es möglich sein, dass Kunden auch die verschiedenen Fahrten der Autos genau verfolgen. „Das ist natürlich freiwillig und gibt einen Aufschlag.“
Daniel Kliche schwebte schon länger vor, sich einmal selbstständig zu machen. „Der Wunsch war schon immer da.“ Nur das Geschäftsmodell fehlte bis zum vergangenen Jahr noch. „Es sollte etwas sein, das den Leuten einen Mehrwert gibt. Nur dann kann die Idee erfolgreich sein.“ Das sei bei Myprintcar der Fall: Die Fahrer könnten sich mit der Rate etwa den Leasingvertrag oder die Versicherung für das Auto finanzieren. „Das ist eine Win-Win-Win-Situation für die Fahrer, die Firmen und uns.“
Das Geschäft mit der Werbung kennt Kliche gut: Sieben Jahre hat er im Marketing eines großen Konzerns gearbeitet und sich um den Vertrieb von klassischen Werbeträgern an Bus oder Bahn gekümmert. Der Vorteil der Werbung am Auto sei, dass zugleich der Bekanntenkreis des Fahrers oder der Fahrerin nebenbei auf das Unternehmen aufmerksam gemacht werde. „Das ist das Gute an der Idee.“ Das Start-up übernimmt die komplette Kommunikation zwischen den Unternehmen und Fahrern sowie die Kontrolle der Werbefläche. Wer sein Auto mit einer Folie versieht, muss regelmäßig mit Fotos den Kilometerstand und die Reklame am Auto nachweisen.
Derzeit arbeitet Kliche noch aus dem Homeoffice, um Kosten zu sparen. In der Überseestadt, in Hafennähe, haben die beiden Gründer eine Lagerhalle gemietet. Dort werden die Autos in mobile Werbeträger verwandelt. Wenn alles nach Plan läuft, entstehen bundesweit solche Standorte, sagt Scharnagl: „Im Idealfall gibt es dann in jeder Stadt eine Print-Station. Das wäre optimal.“ Die beiden 28-Jährigen bezeichnen sich als Autonarren. Dieses Interesse kommt dabei ihrem Unternehmen zugute. „Wir sind zwar keine klassischen Schrauber“, sagt Scharnagl, „aber wir sprechen über jedes neue Modell, das rauskommt.“
Wenn Daniel Kliche und Andre Scharnagl heute auf der Straße unterwegs sind oder im Stau stehen, dann dürften die beiden nun vor allem eins sehen: potenzielle Kunden.