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Riss in Fünfeuroschein Backwerk verweigert Kundin die Zahlung

Bei Backwerk am Bremer Hauptbahnhof will eine Kundin ihren Einkauf mit einem Fünfeuroschein zahlen. Die Mitarbeiterin verweigert die Annahme, weil die Banknote leicht eingerissen ist. Darf sie das?
22.04.2022, 06:45 Uhr
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Backwerk verweigert Kundin die Zahlung
Von Florian Schwiegershausen

Bevor es am Bremer Hauptbahnhof auf das Gleis zum Zug geht, kaufen sich viele Reisende auf die Schnelle noch einen Kaffee oder ein Brötchen. Das wollte auch Rute Azevedo am vergangenen Donnerstagmorgen gegen sieben Uhr tun. Beim SB-Shop Backwerk nimmt sie sich ein belegtes und ein Schokobrötchen. Die 4,20 Euro dafür will sie an der Kasse möglichst passend mit einem Fünfeuroschein zahlen. Doch die Mitarbeiterin will die Banknote nicht annehmen, weil die leicht eingerissen ist. "Dann hielt sie den Geldschein auch noch gegen das Licht, als ob der nicht echt wäre", berichtet die Portugiesin.

"Wo steht das hier geschrieben, dass Sie solche Scheine nicht annehmen?", habe sie gefragt. Auch die herbeigerufene Filialleitung habe die Annahme des Fünfeuroscheins verweigert. Verärgert zahlte Azevedo schließlich mit einem Zwanzigeuroschein, weil sie ihren Zug zur Arbeit nicht verpassen wollte.

Dürfen Geschäfte die Annahme beschädigter Geldscheine verweigern?

Mathias Hufländer, Rechtsexperte der Verbraucherzentrale Bremen, sagt: "Da der Euro bei uns das einzige gesetzliche Zahlungsmittel ist, muss der Handel eigentlich auch eine solche Banknote akzeptieren. Erst bei mehr als 50 Münzen könnte der Händler die Annahme verweigern." Allerdings haben die Geschäfte eine Art Schlupfwinkel. "Gleichzeitig haben wir in Deutschland die Vertragsfreiheit. Es steht mir frei, mit wem ich einen Vertrag eingehe", ergänzt Hufländer. Und darauf könne man sich im Laden dann berufen. Denn beim Erwerb eines Brötchens handelt es sich streng genommen auch um einen Kaufvertrag. Der Bäcker kann sich aussuchen, mit wem er einen solchen Vertrag eingehen will. Erst wenn der Bäcker den Geldschein akzeptiert hat, geht er in sein Eigentum über. Bis dahin gehört der Schein dem Kunden.

Was sagt der Bankenverband?

Der Bundesverband deutscher Banken bestätigt: "Auch beschädigte Geldscheine sind grundsätzlich gesetzliches Zahlungsmittel – vorausgesetzt es ist über die Hälfte der Banknote vorhanden", erläutert ein Sprecher. Der Verband gibt den Tipp, kleinere Risse mit Klebestreifen zu reparieren. Doch das Problem ist hier ebenso bekannt; manche Ladenbesitzer verweigern die Annahme.

Wie geht die Sparkasse damit um?

Den Tipp mit dem Klebestreifen gibt auch die Sparkasse Bremen. "Wir tauschen unseren Kundinnen und Kunden beschädigte Geldscheine um", sagt Sprecherin Nicola Oppermann. Allerdings müsse eben mindestens mehr als die Hälfte des Geldscheines vorhanden sein. Eine kurze Nachfrage bei den Kollegen der Filiale in der Bahnhofstraße hat ergeben, dass da zurzeit tatsächlich ein erhöhter Bedarf festzustellen sei. "Ob dies in irgendeiner Kausalität steht, ist schwer zu sagen, da nach zwei Jahren Pandemie das 'normale' Leben gerade erst wieder losgeht mit Osterwiese, Shoppen in der Innenstadt und anderen Aktivitäten", ergänzt Oppermann. In Bremen sind es zehn Filialen mit Zahlungsverkehr, in denen der Umtausch möglich ist – in der Innenstadt an der Bahnhofstraße und im Ostertorviertel.

Was passiert mit den lädierten Scheinen?

Von den Sparkassen und Banken gehen die beschädigten Scheine an die Bundesbank. Die vernichtet die lädierten Banknoten und gibt neue aus. Die Verbraucher können sich auch direkt mit den eingerissenen Geldscheinen an die Bundesbank wenden, doch die hat ihre nächste Filiale in Oldenburg. Über das Internet kann man dort Termine montags bis freitags in der Zeit von neun Uhr bis 12.10 Uhr vereinbaren. Im Nachgang der Flutkatastrophe im Sommer hat die Bundesbank bis jetzt 1,5 Millionen Geldscheine ausgetauscht – so viel wie lange nicht mehr. Ob aus den betroffenen Gebieten leicht eingerissene Banknoten durch den Geldumlauf inzwischen bis nach Norddeutschland gekommen sind, lässt sich nicht belegen.

Was sind die Alternativen?

Die Verbraucherzentrale spricht sich schon seit langer Zeit dafür aus, dass sowohl im Handel als auch in Kneipen und Restaurants die bargeldlose Zahlung per Karte möglich ist. Aber da ist laut Rechtsexperte Mathias Hufländer an einigen Stellen dringender Nachholbedarf festzustellen. Und Valora Deutschland, zu denen die SB-Kette Backwerk gehört, möchte sich bei Rute Azevedo mit einem Kaffee und einem Snack entschuldigen: "Wenn Geldscheine Mängel vorweisen, werden auch diese vom Personal in der Regel angenommen. Bei der dargestellten Situation handelt es sich wohl um ein Missverständnis, auf jeden Fall um einen Einzelfall. Denn sämtliche Mitarbeitenden in unserem Netzwerk sind mit der beschriebenen Handhabung vertraut."

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Ein Pionier der Branche

Das Unternehmen Backwerk gehört in Deutschland mit zu den Pionieren unter den Selbstbedienungs-Backshops. Die Kette wurde 2001 im Rheinland gegründet und setzt auf ein Franchise-System. Man kann also Besitzer eines solchen Shops werden und zahlt dem Unternehmen eine regelmäßige Gebühr. Inzwischen gibt es in und über Deutschland hinaus mehr als 350 Filialen mit mehr als 3000 Beschäftigten und mehr als 250 Franchisenehmern. Den Umsatz gibt Backwerk mit mehr als 214 Millionen Euro an. 2017 wurde Backwerk an die Schweizer Valora-Gruppe verkauft, zu denen inzwischen auch die SB-Kette Back-Factory gehört sowie Brezelkönig und die Brezelkette Ditsch.

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