Bremen/Düsseldorf. Zahlreiche Schiffsfonds-Anleger haben in den vergangenen Jahren Millionenbeträge verloren. Nun hat das Landgericht Düsseldorf einer Anlegerin aus Hagen aufgrund von Falschangaben im Emissionsprospekt vollen Schadensersatz zugesprochen. "Das ist ein sensationelles Urteil zu Schiffsfonds", sagt ihr Anwalt Jan-Henning Ahrens aus Bremen. Denn auch andere Schiffsfonds-Anleger könnten von diesem Urteil profitieren.
Die Anlegerin hatte im Jahr 2007 für 50 000 US-Dollar (42 000 Euro) eine Beteiligung an dem Schiffsfonds gezeichnet. An dem seinerzeit exklusiv über die Commerzbank AG vertriebenen Fonds ihrer Tochtergesellschaft CFB Commerz Fonds Beteiligungsgesellschaft mbH haben sich laut Ahrens etwa 1200 Anleger mit einem Kapital von insgesamt rund 45 Millionen US-Dollar beteiligt. Rückflüsse habe es beim "CFB-Fonds 162 Gabriel Schulte" am Ende nur in Höhe von etwa 27 Prozent gegeben. Oder anders ausgedrückt: Die Anleger hätten mehr als 70 Prozent ihres eingezahlten Kapitals verloren. Die Klägerin erhält jetzt nach Angaben der Bremer Kanzlei KWAG ihr Investment plus Zinsen zurück. Abzüglich der Ausschüttungen sind das insgesamt etwa 25 500 Euro.
"Die Richter stellten massive Prospektfehler fest", so Anwalt Ahrens. Im Prospekt zum Fonds „CFB 162 MS Gabriel Schulte“ werde ein irreführender Gesamteindruck erzeugt. Pflichtwidrig habe er die geringe Planungssicherheit der Anlage verharmlost, die sich aus den hohen Schwankungen des Schiffschartermarktes ergebe, wie es im Urteil heißt.
Beteiligt hatten sich die Anleger an der MS "Gabriel Schulte", einem Vollcontainerschiff der Panamax-Klasse. 2007, also vor Beginn der Schifffahrtskrise, wurde das Handelsschiff mit 42 Millionen Euro in der Bilanz bewertet. 2013 waren es nur noch 9,9 Millionen Euro. Die Charterraten waren in den Keller gerutscht. Die Folge: Die MS "Gabriel Schulte" wurde für 11,25 Millionen Euro verkauft, weil offenbar keine nachhaltigen Charterraten mehr erzielt werden konnten.
Ein Schicksal, das viele Schiffe in den vergangenen Jahren erlitten haben: Viele private Anleger haben dadurch Hunderte Millionen Euro verloren, häufig verbunden sogar mit einem Totalverlust. Zum Großteil mussten sogar die Ausschüttungen der vergangenen Jahre zurückgezahlt werden. Etwa 600 deutsche Fondsschiffe sind seit Ausbruch der Schifffahrtskrise 2008 in die Insolvenz gefahren.
Im Fondsprospekt zum „CFB-162“ werden laut Ahrens Expertisen angesehener Branchenanalytiker derart unvollständig zitiert, dass deren Aussagen ins genaue Gegenteil verkehrt werden. So rechnete etwa das britische Analysehaus Drewry mit sinkenden Charterraten – ein ganz wesentlicher Aspekt für die künftige wirtschaftliche Entwicklung eines Schiffsfonds. Im Fondsprospekt sei dagegen nur jener Teil des Gutachtens zitiert worden, in dem von „positiven Umschlagprognosen" die Rede sei. Ähnlich verhalte es sich mit Feststellungen des Bremer Institutes für Seeverkehrswirtschaft und Logistik, die im CFB-162-Prospekt ebenfalls völlig aus dem Zusammenhang gerissen zitiert worden seien. Auch da sei die Kernaussage in ihr Gegenteil verkehrt worden.
„Aufgrund der zitierten renommierten Experten und Gutachter musste sich den Anlegern der Eindruck aufdrängen, sie investieren in ein zukunftssicheres Schiff, dessen wirtschaftlicher Erfolg quasi garantiert ist", sagt Ahrens. Das genaue Gegenteil sei der Fall gewesen. Das zeige sich auch bei wichtigen Informationen, die für eine Investitionsentscheidung wesentlich gewesen wären, im Prospekt aber überhaupt nicht auftauchten. So fehlten etwa sämtliche Angaben zur Entwicklung von Schiffspreisen. „Wären diese Angaben enthalten gewesen, hätten die Anleger leicht erkennen können, dass sie ein Schiff zu historischen Höchstpreisen erwerben", so Ahrens.
Nach Ansicht des Bremer Fachanwalts für Bank- und Kapitalmarktrecht können Anleger von CFB-Fonds als Folge dieses Urteils jetzt deutlich entspannter einem eigenen Rechtsstreit entgegensehen. Das Düsseldorfer Landgericht habe in der Darstellung einer angeblichen Planungssicherheit einen schweren Aufklärungsfehler gesehen. „Ein sehr erfreuliches Urteil, das Signalwirkung haben dürfte, denn auch bei anderen CFB-Fonds wurden nahezu identische Angaben gemacht, obwohl lediglich für die Anfangsjahre ein Festchartervertrag existierte", so Ahrens. Das Urteil sei deshalb nicht nur für bereits anhängige Rechtsstreitigkeiten richtungweisend. Es sei auch interessant für CFB-Schiffsfondsanleger, die ihre Beteiligung in der zweiten Jahreshälfte 2008 oder später gezeichnet haben, bislang allerdings noch nicht Klage gegen die Fondsemittentin eingereicht haben.
Was andere Schiffsfonds angehe, könne er nur spekulieren. "Ich kann als Anwalt nur etwas Konkretes zum CFB-Fonds sagen." Allerdings seien durch dieses Urteil sicherlich auch andere Anleger von anderen Schiffsfonds in einer deutlich besseren Position. Denn das Prinzip ähnele sich: Präsentiert werde im Emissionsprospekt ein bestehender Fünf-Jahres-Chartervertrag, der für diesen Zeitraum tatsächlich für Sicherheit sorge. Allerdings sei häufig den Anlegern vermittelt worden, dass es ohne Probleme möglich sein werde, Anschluss-Chartervertäge gleicher Qualität abzuschließen. "Dann von einer Planungssicherheit von 15 Jahren zu reden, ist natürlich Blödsinn", so Ahrens. Schließlich sei der Schiffs-Chartermarkt schon immer volatil gewesen.