US-Präsident Donald Trump hat schon etliche Unternehmen aufs Korn genommen, doch derzeit richtet sich sein Zorn vor allem gegen die Motorrad-Ikone Harley-Davidson. Trump drohte der Firma kürzlich gar mit dem "Anfang vom Ende", sollte sie wirklich wegen des von ihm angezettelten Handelsstreits mit der EU einen Teil ihrer Produktion ins Ausland verlagern.
Nun bangt der über 115 Jahre alte Traditionshersteller nicht nur vor den Folgen der Vergeltungszölle, sondern auch vor Trump und seinen Anhängern. Im zweiten Quartal musste das Unternehmen aus Milwaukee im US-Bundesstaat Wisconsin schon deutliche Abstriche machen. Der Gewinn sank um mehr als sechs Prozent auf 242,3 Millionen Dollar (206,9 Mio Euro), wie Harley-Davidson am Dienstag mitteilte. Der Umsatz ging um gut drei Prozent auf 1,5 Milliarden Dollar zurück.
Damit fielen die Zahlen aber noch erheblich besser aus als befürchtet. Analysten hatten mit massiven Geschäftseinbußen gerechnet. Anleger reagierten erleichtert – die Aktie schoss im vorbörslichen US-Handel zeitweise um über sechs Prozent in die Höhe. Allerdings hatte das Papier seit Jahresbeginn bereits an die 20 Prozent verloren. Schon bevor im Juni der große Knatsch mit Trump losging, hatte Harley-Davidson einen schweren Stand an der Börse.
Vor dem Zerwürfnis hatte Trump die Firma noch als Inbegriff von "Made in America" umgarnt. Nach seinem Amtsantritt lud er die Harley-Chefs ins Weiße Haus ein und jubelte ihnen zu: "Wir sind stolz auf euch!". Die Charme-Offensive kam nicht von ungefähr: Harley steht mit seinem "Easy Rider"-Image zwar noch immer als Symbol für Freiheitsliebe und Individualismus.
Als Stammkunden gelten aber keine linken Althippies, sondern eher konservative weiße Männer – vereint etwa in der Initiative "Bikers for Trump", die schon Wahlkampf für 2020 macht. "Harley-Davidson ist die perfekte Marke für Präsident Trump, um sich mit ihr gemein zu machen", sagte Marketing-Experte David Langton von der Langton Creative Group vergangenes Jahr dem "Guardian".
Umso erboster war Trump, als das Unternehmen im Zuge des Handelskonflikts mit der EU ankündigte, als Reaktion auf Vergeltungszölle einen Teil der Produktion aus den USA abzuziehen. Trump fühlte sich hintergangen, tagelang polterte er bei Twitter. Die Tirade gipfelte in der beispiellosen Drohung, internationale Konkurrenz ins Land zu holen.
Händler im Nordwesten spüren Auswirkungen noch nicht
Bei Harley hält man sich zu Trumps Attacken bewusst bedeckt. Die Verschiebung von Produktionskapazitäten sei notwendig, um drastische Preiserhöhungen für Kunden in Europa und "sofortigen und lang anhaltenden" Schaden für das Geschäft zu vermeiden. Ganz abzuwenden dürfte der Schaden laut Experten aber ohnehin nicht mehr sein.
Bis die Produktion international neu aufgestellt sei, dürfte es neun bis achtzehn Monate dauern, heißt es in einer Analyse von Zacks Investment Research. Bis dahin dürften die neuen Zölle die Herstellungskosten im Schnitt um 2200 Dollar pro Motorrad erhöhen. Händler im Nordwesten spüren die Auswirkungen derzeit noch nicht. Verkaufsgespräche mit Kunden verliefen normal, heißt es: "Die Strafzölle sind natürlich ein Thema, aber dann auch relativ schnell vom Tisch."
Derzeit könnten noch Motorräder aus dem Bestand verkauft werden. Ohnehin wolle der Konzern die Kosten für die Strafzölle tragen. Die Harley-Davidson-Händler, wie in Bremen, Hannover oder Hamburg, soll das nicht treffen. Klaus Börjes betreibt ein Geschäft im Landkreis Ammerland. Er sieht Harley gleich zweifach enorm geschädigt.
Denn nicht nur durch den Importzoll von jetzt 31 Prozent treffe es den Motorradhersteller, sondern auch durch die Zölle auf Stahl- und Aluminium wegen der Produktion in den USA. "Die Zölle zu kompensieren ist ein sehr hartes Brot." Harley stehe für Freiheit – auch im Handel. Die Zölle seien völlig kontraproduktiv: "Die Kunden sprechen viel über die Strafzölle und sind beunruhigt." Gerade Europa sei ein Wachstumsmarkt. Das zeige sich auch bei "Börjes American Bikes": "Wir konnten den Marktanteil steigern und sehen ein starkes Interesse jüngerer Kunden."
Das sieht auf dem US-Markt anders aus. Der 1903 gegründete Motorradhersteller kämpft dort – nicht zuletzt wegen seiner alternden Kundschaft – ohnehin schon länger mit sinkender Nachfrage. Die Angriffe aus Washington kommen zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt. Nun könnten Trumps Attacken die Verkäufe noch weiter drücken, während der zweitwichtigste Absatzmarkt Europa unter den Zöllen ächzt. Zudem gibt es durchaus viele Amerikaner, die Trump bestärken.