Krisen bahnen sich häufig über einen längeren Zeitraum an und wenn sie denn kommen, ist es doch überraschend. Am Anfang wird optimistisch nur von einer kleinen Delle gesprochen, dann folgt aber doch die nicht vorhergesehene Kettenreaktion. Die 2008 wegen fauler Immobilienkredite in die Pleite gegangene US-Bank Lehman Brothers gilt dafür als ein sehr prominentes Beispiel: Denn viele Banken auch außerhalb der USA hatten sich jahrelang an diesem Geschäft unter anderem über Fonds an den Kreditbündeln beteiligt – das Bankensystem war und ist eben international eng verstrickt. Es folgte die globale Finanzkrise. Nun ist die Silicon Valley Bank pleite. Droht die nächste Kettenreaktion? Bremer Experten sehen dafür derzeit keinen Anlass.
Der Fall Silicon Valley Bank (SVB) sei nicht mit dem Fall Lehman Brothers vergleichbar, heißt es von Seiten der Sparkasse Bremen. Die Bank sei kleiner und nicht in globalen Geschäftsfeldern wie beispielsweise dem Investmentbanking tätig. "Das Problem ist allerdings, dass Banken vom Vertrauen leben", sagen die Sparkassen-Experten. "Wenn alle Banken unter Generalverdacht geraten, können auch Institute, die eigentlich kerngesund sind, in Mitleidenschaft gezogen werden." Auch die Bremische Volksbank sieht momentan keine Anzeichen für eine vergleichbare Entwicklung in Deutschland oder im EU-Raum wie in den USA oder wie bei der Credit Suisse. "Wir halten diese auch für äußerst unwahrscheinlich", sagte Prokurist Thomas Trenz auf Nachfrage des WESER-KURIER. Zudem habe die US-Einlagensicherung FDIC in den USA unmittelbar eingeschritten, um die Märkte zu beruhigen und Ansteckungsrisiken zu vermeiden, und die Schweizerische Nationalbank unterstütze die Credit Suisse, um deren Liquidität zu stärken.
Das schnelle Handeln der US-Behörden sei richtig und wichtig gewesen, so die Sparkasse. Im Ergebnis sei dadurch erreicht worden, dass zumindest die Kunden der SVB „gerettet“ wurden, aber die Aktionäre ihr Geld verloren haben. "Aktuell gehen wir nicht davon aus, dass der Fall Silicon Valley Bank zu einer zweiten Lehman-Krise führt", teilt die Sparkasse mit. "Aber wir beobachten die Situation weiter kritisch, da natürlich Risiken bestehen."
So richtig rund läuft es seit der Pleite der SVB aber nicht am Finanzmarkt: Die SVB hatte neue liquide Mittel benötigt und deshalb Anleihen zu niedrigeren Kursen verkauft. Es entstand dadurch ein Verlust von 1,8 Milliarden Dollar. Der Versuch, dies durch eine Kapitalerhöhung zu kompensieren scheiterte. Im Gegenteil: Kunden zogen im großen Stil ihre Einlagen von der SVB. Von der Wende hin zu höheren Zinsen wird die Finanzbranche langfristig sicherlich profitieren, heißt es in Finanzkreisen, aber kurzfristig kann die eine oder andere Bank durchaus unangenehme Verluste machen. Der Zusammenbruch der SVB zeige, wie verletzlich sich die Zinswende auf Banken auswirken könne, sagte beispielsweise Hans-Peter Burghof, Finanzprofessor an der Universität Hohenheim, dem "Handelsblatt".
Auch in Deutschland haben lang laufende Anleihen und auch lang laufende Kredite mit fester Zinsbindung deutlich an Wert verloren mit der Folge von Milliardenabschreibungen auf Wertpapierbestände. Das ist so lange kein Problem, bis die Anleihen zur Fälligkeit gehalten werden und sich Wertkorrekturen in den nächsten Jahren ausgleichen.
Die Gesamtsituation macht sich auch an der Börse bemerkbar: So hatten etwa Commerzbank und auch Deutsche Bank in den vergangenen Tagen Kursverluste hinnehmen müssen. Aktuell sieht die Bafin für das deutsche Finanzsystem aber keine direkte Ansteckungsgefahr aus den Problemen stark technologieorientierter amerikanischer Banken, hatte die deutsche Finanzaufsicht gegenüber dem "Handelsblatt" deutlich gemacht. Man behalte die Marktentwicklungen aber weiterhin im Blick.
"Der plötzliche massive Abzug von Einlagen erfolgt dann, wenn das Vertrauen der Bankkunden in die Sicherheit ihrer Einlagen erschüttert wird", so Trenz. Das scheine bei der Silicon Valley Bank der Fall gewesen zu sein. Das Vertrauen in die Sicherheit der Bankeinlagen sei deshalb von essenzieller Bedeutung für den regulären Bankbetrieb. Genau deshalb gibt es in der EU das gesetzlich vorgeschriebene Krisenmanagement für Banken. Dieses umfasst die Einlagensicherung und das Abwicklungsregime für Banken. Trotz der Bankpleiten in den vergangenen Jahren, unter anderem in Deutschland, Österreich und den Niederlanden, gab es keinen Einlagenabzug, weil das Vertrauen in die bestehenden Strukturen berechtigterweise sehr hoch ist. Die bestehenden Sicherungssysteme haben ihre Funktionsfähigkeit wiederholt bewiesen.