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Verbesserte Umwelttechnik in Bremen Stahlwerk will Staubentwicklung reduzieren

Bremen. Der Stahlkonzern ArcelorMittal hat 67 Millionen Euro in die Umwelttechnik des Bremer Stahlwerkes investiert. Die Stahlwerks-Anwohner dürften sich vor allem über die neue Filtertechnik freuen, die einen erneuten Ausstoß von Staubwolken verhindern soll.
07.05.2011, 05:00 Uhr
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Von Arno Schupp

Bremen. Der Stahlkonzern ArcelorMittal hat 67 Millionen Euro in die Umwelttechnik des Bremer Stahlwerkes investiert: Gestern wurde eine neue Anlage in Betrieb genommen, die bisher ungenutztes Konvertergas zum Beheizen der Öfen verwendet. Aus Sicht der Stahlwerks-Anwohner dürfte jedoch die zweite Neuerung viel gravierender sein, denn dank neuer Filtertechnik soll es künftig keine Staubwolken mehr geben, wie sie in der Vergangenheit immer wieder vom Werk aus über die angrenzenden Ortschaften wehten und Schiffe, Gartenmöbel und Autolacke in Mitleidenschaft zogen.

Lange haben die Stahlwerke mit Experten des Düsseldorfer Betriebsforschungsinstituts (BFI) nach einer Lösung für das Staubproblem gesucht. Die Ingenieure des BFI, eines privatwirtschaftlichen Instituts für anwendungsnahe Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet der Stahltechnologie, entwarfen schließlich eine Art riesiger Dunstabzugshaube, die den Staub auffangen soll, der bisher immer wieder in die Luft entwichen ist.

Der Staub entsteht bei der eigentlichen Produktion, also wenn Roheisen zu Stahl umgewandelt wird. Bei diesem Prozess wird Sauerstoff in die Öfen geblasen, um dem Eisen Kohlenstoff zu entziehen. Dabei sind immer wieder Eisen- und Kohlenstoff-Partikel aufgewirbelt worden, die als Wolke über dem Werk schwebten und zu den umliegenden Ortschaften getrieben worden sind. "Unzureichende Abgaserfassung" heißt dieses Problem in der Fachsprache, "Sekundärentstaubung" die Lösung. Die riesigen und rund 16 Millionen Euro teuren Filter sollen diese Wolken auffangen. Rund 250 Tonnen Eisen- und Kohlenstoff-Partikel werden so übers Jahr gerechnet gesammelt, was einer Staubreduktion um 60 Prozent entspricht, hieß es Freitag von ArcelorMittal.

"Technisch auf dem neusten Stand"

"Mit dieser Anlage sind wir technisch auf dem absolut neuesten Stand", unterstrich der ArcelorMittal-Vorstandsvorsitzende Dietmar Ringel. Und das dürfte auch für die zweite Anlage gelten, die gestern in Betrieb genommen worden ist: die neue Konvertergas-Anlage.

51 Millionen Euro hat ArcelorMittal in die Anlage investiert, mit der sich die Umweltbilanz des Unternehmens deutlich verändern wird. Die Anlage sammelt das sogenannte Konvertergas, eine Art Abfallprodukt, das bei der Stahlproduktion entsteht. Bisher ist dieses Gas einfach abgefackelt worden, wobei nicht nur Dampf entstand, sondern auch Staub und Stickstoffoxide. Künftig wird das Gas in zwei sogenannten Hubbalkenofen verfeuert, in denen die Stahlbrammen vor dem Walzen auf eine Temperatur von rund 1250 Grad gebracht werden. Diese Anlage reduziert den Kohlendioxid-Ausstoß des Werkes um 136000 Tonnen pro Jahr. Außerdem fallen 380 Tonnen weniger Stickstoffoxide und 70 Tonnen weniger Staub an.

Eine Millioneninvestition wie diese ist ein Vertrauensbeweis in den Standort, kommentierte Bürgermeister Jens Böhrnsen gestern, als die beiden neuen Anlagen in Betrieb genommen wurden. Ähnlich beurteilt auch Dietmar Ringel die Neuerungen, denen noch eine Reihe weiterer Investitionen folgen werden. Die Schrott-Logistik will der Stahlwerke-Chef optimiert, ein neuer Pfannenofen ist im Gespräch, als nächstes werde die Kokerei Prosper, die ArcelorMittal gerade erst von der Herner RAG Aktiengesellschaft gekauft hat, "in die Produktionsprozesse des Bremer Werkes integriert", sagte Ringel. Die Übernahme von Prosper in den Konzernverbund sei ein strategischer Schritt, um die Versorgungssicherheit der Bremer Hütte mit hochwertigem Koks zu gewährleisten.

Mit den Millionen-Investitionen in die Anlagentechnik habe das Stahlwerk in Sachen Kohlendioxid-Reduktion den modernsten Standard erreicht, erklärte Ringel. Entsprechende Sorgen bereitet ihm deshalb auch die von der EU-Kommission beschlossenen Änderungen des Emissionsrechtehandels. Die Vorgaben zur CO2-Emissionen seien technisch nicht zu erfüllen, sie "liegen weit unter dem Emissionsniveau der international besten Stahlanlagen", deswegen sieht Ringel die Wirtschaftlichkeit der Stahlindustrie gefährdet. Auch die Wirtschaftsvereinigung Stahl hatte zu Beginn des Jahres massive Kritik an dem EU-Vorhaben formuliert. Die Vorgaben der EU-Kommission könne weltweit kein Stahlunternehmen mit Hochofen erreichen, hatte Hans Jürgen Kerkhoff, Präsident der Wirtschaftsvereinigung, erklärt.

"Eine Stahlproduktion ohne Emissionen ist nicht möglich", sagte Dietmar Ringel gestern. Das müsse bei der Diskussion über Klimaziele berücksichtigt werden - gerade auch, weil die Branche schon mit ihren Produkten einen erheblichen Beitrag zum Klimaschutz leiste. Sie entwickle innovative Stähle, etwa für den Bau effizienterer Kraftwerke, Stähle, die im Bereich der erneuerbaren Energien eingesetzt werden, oder im Automobilleichtbau.

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