Weihnachtseinkäufer müssen sich am Tag vor Heiligabend auf besonders lange Schlangen in den Läden einstellen: Die Gewerkschaft Verdi ruft für den 23. Dezember in Bremen und Niedersachsen zum landesweiten Warnstreik im Einzelhandel auf. Dass Geschäfte ganz geschlossen bleiben, sei aber nicht zu erwarten, erklären Vertreter sowohl der Gewerkschaft als auch des Handelsverbandes. "Wir gehen davon aus, dass die Kunden ihre Weihnachtseinkäufe ungestört tätigen können", sagt Jan König, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Nordwest.
Verdi streikt bereits seit Monaten für höhere Löhne und faire Arbeitsbedingungen. Aber: "Da nur wenige Unternehmen bestreikt werden, spüren auch die Kunden kaum Auswirkungen", erklärt König. Zudem seien nur etwa fünf Prozent der Beschäftigten im Einzelhandel bei Verdi organisiert. Und nicht alle davon würden sich an den Streiks beteiligen.
Im September hatte Verdis Landesbezirkssekretärin Sandra Schmidt auf einer Kundgebung auf dem Bremer Marktplatz moniert, die hohe Inflation belaste viele Haushalte, weshalb die Löhne angepasst werden müssten. Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) sagte bei dieser Demo, dass die Reallöhne in Deutschland seit 2019 im Schnitt um drei Prozent gesunken seien. Jan König hält jetzt dagegen und verweist darauf, dass man einen längeren Zeitraum betrachten müsse. "Die Tarifsteigerung im Einzelhandel lag zwischen 2011 und 2021 bei 26,7 Prozent", sagt er. Das bedeute einen Reallohnzuwachs von elf Prozent.
Es dürfe auch nicht vergessen werden, dass der Einzelhandel "aufgrund der anhaltenden schwierigen welt- und innenpolitischen Rahmenbedingungen in diesem Jahr nach der Prognose des Handelsverbands Deutschland um real vier Prozent sinken wird", fügt er hinzu. Bereits seit 2020 sei eine große Kaufzurückhaltung und Verunsicherung bei den Kunden zu beobachten. Unter der hohen Inflation litten nicht nur die Arbeitnehmer, sondern auch die Unternehmen. "Der langfristige Schaden eines zu hohen Tarifabschlusses wäre für die Branche fatal", warnt König.
Zuletzt gab es keinerlei Gespräche mehr zwischen der Arbeitgeberseite und der Gewerkschaft Verdi. "Verdi hat in Hamburg die Tarifverhandlungen vor einigen Wochen aufgrund von Krankheit abgesagt", wie König mitteilt. Dennoch biete die Arbeitgeberseite mit einem Verhandlungstermin am 28. Dezember in Hamburg eine letzte Möglichkeit für eine Einigung in diesem Jahr an. Seit Mai hatte es mehr als 60 ergebnislose Treffen in den verschiedenen Tarifgebieten des Einzelhandels gegeben. Auch ein Spitzengespräch von Vertretern des Handelsverbandes Deutschland (HDE) und Verdi in Berlin ist ohne Annäherung zu Ende gegangen.