Die US-Tochter ist die bedeutendste Sparte im T-Konzern. Sie dürfte in diesem Jahr fast die Hälfte zum operativen Gewinn des Gesamtkonzerns von gut 21 Milliarden Euro beisteuern.
John Legere ist der Popstar unter den Telekom-Managern. Der 58-Jährige mit der Langhaarfrisur pflegt sein Nonkonformisten-Image. Am Dienstag zeigte er sich auf Twitter im Jogginganzug und mit Turnschuhen in einem grellen Pink-Lila. Er ist für schrille Auftritte bekannt, notfalls nebst Gesangseinlagen auf offener Bühne. Legere Selbstinszenierung funktioniert als Image-Transfer.
Er ist der Chef von T-Mobile US, der Mobilfunker profiliert sich jenseits des Atlantiks mit günstigen Tarifen und Rebellen-Attitüde. Das hat den Ableger des Bonner Konzerns stark gemacht. So stark, dass er womöglich den kleineren Konkurrenten Sprint demnächst schluckt.
Für die Deutsche Telekom wäre das der größte Deal seit der Übernahme von Voicestream zur Jahrtausendwende, die zugleich den Einstieg in den US-Markt darstellte. Ein anderer Selbstdarsteller dürfte ganz maßgeblich für den Deal werden: US-Präsident Donald Trump.
Veto der Kartellbehörden
Die Gespräche über eine Übernahme sollen sich in einem frühen Stadium befinden. Offiziell darf derzeit gar nicht verhandelt werden. Das haben die Behörden so festgelegt, da in den USA gerade neue Funkfrequenzen versteigert werden. Die Auktion wird Mitte April beendet sein. Experten erwarten, dass dann um Übernahmen im ganz großen Stil gerungen wird. Die gesamte Telekommunikationsbranche könnte sich neu sortieren.
Naheliegend wäre aus betriebswirtschaftlicher Sicht in der Tat eine Fusion von T-Mobile mit Sprint. Es wäre das Zusammengehen der Nummer drei mit rund 71 Millionen Kunden mit der Nummer vier mit etwa 60 Millionen Nutzern. Das verschmolzene Unternehmen käme mit seinen 130 Millionen Kunden nahe an den Marktführer AT&T (135 Millionen) heran und würde die bisherige Nummer zwei Verizon (115 Millionen) deutlich abhängen. Vor drei Jahren wollte Sprint T-Mobile übernehmen. Das scheiterte an einem Veto der Kartellbehörden.
Nach der Übernahme von Voicestream war die US-Tochter des Konzerns für viele Jahre das Sorgenkind des Bonner Konzerns, der noch zu einem Drittel dem deutschen Staat gehört. Legere startete vor gut vier Jahren eine einzigartige Aufholjagd. Das Unternehmen legte kontinuierlich zu – dabei gab es allerdings auch massive finanzielle Hilfe aus Deutschland.
US-Tochter ist bedeutendste Sparte
Das Wachstum geschah halbwegs wider Willen. Der Telekom-Vorstand hat mehrfach versucht, die Tochter loszuwerden. Die US-Regierung hat sich immer quergelegt, da sie bei einer Fusion mit einem Rivalen eine Beeinträchtigung des Wettbewerbs befürchtete. Dem Management blieb nichts anderes als eine Art Flucht nach vorne übrig.
Mittlerweile ist die US-Tochter die bedeutendste Sparte im T-Konzern. Sie dürfte in diesem Jahr fast die Hälfte zum operativen Gewinn (vor Steuern, Zinsen, Abschreibungen und bereinigt um einmalige finanzielle Effekte) des Gesamtkonzerns von gut 21 Milliarden Euro beisteuern. T-Mobile hat mit einem Börsenwert von 52 Milliarden Dollar Sprint (37 Milliarden) längst überholt. Sprint wäre also der Juniorpartner. Der Mobilfunker gehört zum japanischen Telekomriesen Softbank, dessen Management laut Medienberichten einen Verkauf sondiert. Ein Deal mit T-Mobile wäre nur eine Möglichkeit unter vielen.
Mehrere Medien- und Kommunikationskonzerne liebäugeln mit einem Einstieg ins Mobilfunkgeschäft. Dazu zählen der Kabel-TV-Konzern Comcast oder der Satelliten-TV-Anbieter Dish. Viele Analysten gehen davon aus, dass in den USA schon bald nur noch drei Mobilfunknetzbetreiber übrig bleiben – so wie es in vielen Ländern bereits der Fall ist, auch in Deutschland.
Autonomes Fahren
Die Branche wird von einer rasanten technischen Entwicklung getrieben. In den nächsten fünf bis zehn Jahren kommt die neue Mobilfunktechnik 5G, die eine Vervielfachung der Übertragungsgeschwindigkeiten und völlig neue Anwendungen bringt – unter anderem das autonome Fahren von Autos.
Aber auch das Geschäft mit Filmen, Serien und Sportübertragungen dürfte künftig mit Mobilfunktechnik maßgeblich bestritten werden. Vor US-Mobilfunkbetreibern liegen gigantische Investitionen von vielen Milliarden Dollar, um die Netze auch in ländlichen Gebieten für 5G zu ertüchtigen. Zugleich spricht vieles für einen verschärften Kampf um Kunden, was hohe Marketingausgaben bedeutet.
Die Frage ist nun, ob die Bonner diese finanziellen Kraftakte in den USA bewältigen können und wollen. Schließlich muss das Unternehmen auch auf dem deutschen Heimatmarkt und bei zahlreichen europäischen Töchtern 5G und zugleich die Festnetze ausbauen. Vieles spricht für eine Priorisierung des Heimatmarktes, auch angesichts der Staatsbeteiligung an der Telekom.
Das America-first-Argument"
In den USA jedenfalls, wird es in den nächsten Monaten um die spannende Frage gehen: Wer mit wem? Von Trump wird viel abhängen. Ihm wird eine laxere Haltung in puncto Wettbewerbsrecht zugeschrieben, was für eine Fusion von T-Mobile und Sprint spricht. Mit Zusagen für Investitionen und zur Schaffung neuer Jobs könnte das Wohlwollen des Präsidenten noch gesteigert werden.
Die Frage ist allerdings, wie Trump bewertet, dass hinter T-Mobile der deutsche Staat als größter Aktionär steht. Und man kann davon ausgehen, dass US-Firmen bei der Neuordnung der Mobilfunkbranche das America-first-Argument massiv hervorkehren werden.