Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Einzelhandel in Bremen Umweltschützer warnen vor Geld für Supermarkt-Obstbeutel

Bei Kaufland kosten Plastiktüten für Obst und Gemüse jetzt einen Cent. Umweltverbände sehen darin jedoch kein effektives Mittel zur Reduzierung von Plastikmüll.
20.01.2025, 05:00 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Umweltschützer warnen vor Geld für Supermarkt-Obstbeutel
Von Florian Schwiegershausen

Einige Kaufland-Kunden werden sich womöglich die Augen reiben, wenn sie sich ihre Einkaufsquittung genau anschauen: Jeder Plastikbeutel für Obst und Gemüse kostet künftig einen Cent. So verfährt die Handelskette seit Jahresanfang mit sogenannten Knotenbeuteln.

Wieso verlangt Kaufland Geld für diese Beutel?

Beim Verbraucherportal chip.de erklärt Julia Herrmann, Leiterin Warengeschäft bei Kaufland, das Vorgehen mit dem Willen zur Nachhaltigkeit: „Wir optimieren laufend Bestehendes und integrieren Mehrweglösungen in unseren Filialen, um Plastik im Alltag zu reduzieren.“ Das Unternehmen will Kunden dazu motivieren, Mehrwegtüten zu nutzen. Im Kaufland Bremen-Sebaldsbrück macht das Handelsunternehmen an den Haltern für die Beutel in der Obst- und Gemüseabteilung darauf aufmerksam. Das bedeutet auch: Wer sich bisher gern mal einen zweiten oder dritten Beutel in die Jackentasche stopfte, um darin später weitere Waren zu transportieren, riskiert, Ladendiebstahl zu begehen.

Ist dieser Schritt von Kaufland neu?

Nein. Aldi Nord verlangt seit fast sechs Jahren auch einen Cent für Knotenbeutel. Das Bundesumweltministerium gab damals an, dass in Deutschland jedes Jahr drei Milliarden der dünnen Tüten verbraucht werden. Laut Deutscher Umwelthilfe (DUH) werden mittlerweile pro Jahr 2,4 Milliarden Knotenbeutel verbraucht. Vom Discounter Aldi hieß es damals: „Die Erfahrung bei den normalen Plastiktüten habe gezeigt, dass Umdenken einsetze, wenn Geld dafür verlangt werde.“ Das Unternehmen hoffte schon damals, dass Mitbewerber nachziehen würden. Bei Lidl, das zu Kaufland gehört, sind die Beutel für Obst und Gemüse weiterhin kostenlos.

Was sagen Umweltverbände dazu?

Martin Rode, Geschäftsführer vom Bremer BUND, hielt diese Initiative bereits bei der Einführung bei Aldi für „Augenwischerei“. Das sei schon kein „Greenwashing“ mehr, das sei „Wortbruch“. Denn mit einem Cent ist so eine Tüte laut Rode viel zu billig: „Der Preis muss so hoch sein, dass er Anreiz gibt, die Tüte nicht wegzuwerfen.“ Mehrwegnetze seien eine Alternative, aber davon würden auch einige aus Plastik bestehen: „Eine Möglichkeit wären Beutel aus Naturfasern.“

Lesen Sie auch

Die DUH bezeichnet den Tüten-Cent als wirkungslos: „Ein Lenkungseffekt hin zu einem geringeren Verbrauch ist bei einem so niedrigen Betrag nicht zu erwarten. Damit tatsächlich weniger von den dünnen Tütchen verbraucht werden, sollten sie mindestens 20 Cent kosten. Am besten wäre es, die Einwegtütchen ganz abzuschaffen“, sagte DUH-Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz. Sie kritisiert außerdem: „Anstatt die umweltschädlichen Plastiktütchen bereits heute aus dem Sortiment zu nehmen und konsequent auf wiederverwendbare Mehrwegnetze zu setzen, will sich Kaufland für die verbleibende Zeit bis zum Verbot seine Umweltsünde auch noch bezahlen lassen. Das als Maßnahme für den Umweltschutz zu verkaufen, ist an Dreistigkeit kaum zu überbieten.“

Was sieht der Gesetzgeber vor?

Im vergangenen April stimmte das EU-Parlament mehrheitlich für eine neue Verpackungsordnung, die die bisherigen Regelungen verschärfen wird. Diese wird Einwegplastiktüten mit einer Wandstärke bis zu 15 Mikrometern für Obst und Gemüse ab 2030 europaweit verbieten.

Was ist mit den anderen Einkaufstüten aus Plastik?

Discounter wie Aldi und Lidl sowie die Handelsketten Rewe haben auch die Plastiktüte abgeschafft, in die die Verbraucher an der Kasse ihre Einkäufe steckten, um sie nach Hause zu tragen. Sie war mehrfach verwendbar. Diese Plastiktüten hat der Gesetzgeber längst verboten. Doch der Discounter Netto verkauft sie noch für 25 Cent pro Stück. Den Grund dafür nannte eine Sprecherin dem WESER-KURIER: „Unsere Schlaufentragetaschen haben eine Materialstärke von 55 Mikrometern und entsprechen damit den gesetzlichen Vorgaben.“
Das stimmt. Die Bundesregierung hatte Anfang 2022 ein Verbot von Plastiktüten mit einer Stärke von bis zu 50 Mikrometern erteilt – alles darüber ist erlaubt, damit handelt Netto gesetzeskonform. Das Thema Nachhaltigkeit ist dem Unternehmen ein wichtiges Anliegen, so der Discounter. Die Kunststofftragetasche sei aber weiter unverzichtbar und anderen Taschen wie der aus Papier überlegen.

Lesen Sie auch

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)