Der Weserbund setzt sich für das Leben und Arbeiten an der Weser ein - seit 100 Jahren. Der Fluss geht durch vier Bundesländer. Also muss sich der Weserbund gleich mit vier Regierungen auseinandersetzen, wenn er seine Interessen durchsetzen will. Ist das ein großer Nachteil?
Uwe Beckmeyer: Ich denke nicht. Uns macht das als Verband einzigartig. Mir ist nicht bekannt, dass es eine solchen Interessenvertretung für die Menschen am Fluss und am Rand von der Quelle bis zur Mündung so noch einmal in Europa gibt. Und wir arbeiten ja nicht gegen, sondern mit den Bundesländern - entsprechend sind auch alle vier Regierungschefs mit einem Grußwort im Festbuch "100 Jahre Weserbund" vertreten.
Aber Sie haben meistens immer vier Ansprechpartner.
Ja, das stimmt. Das kann manchmal etwas aufwendiger sein. Wenn es beispielsweise um den Salzabbau und die Salztransporte geht, dann sind alle vier Bundesländer beteiligt. Dieses Thema begleiten wir schon lange und da bringen wir uns ein und diskutieren in diesem Fall meistens mit den Umweltministerien.
Ist der Weserbund in erster Linie eine Interessenvertretung für die Wirtschaft?
Historisch gesehen hat sich der Weserbund in den ersten Jahrzehnten in der Tat vornehmlich für Wirtschaftsthemen eingesetzt, vor allem ging es ihm um die Verbesserung der Schiffbarkeit auf der Weser. Aber genau wie sich die Gesellschaft verändert hat und zu neuen Erkenntnissen gekommen ist, hat sich auch das Aufgabengebiet des Weserbunds verändert und erweitert. Wirtschaft ist wichtig, aber sie muss so gestaltet sein, dass sie ökologische Aspekte berücksichtigt, dem Tourismus genügend Raum gibt und das Leben insgesamt am Fluss ermöglicht. Für all diese Bereiche setzen wir uns ein.

Uwe Beckmeyer ist seit 2018 Vorsitzender des Weserbunds.
Ist der Weserbund also auch ökologiefreundlich?
Nur weil sich jemand für wirtschaftliche Interessen einsetzt, heißt das nicht, dass er nichts für die Ökologie tun will. Das blaue Band der Weser mit seinen ökologischen Projekten, die von den Gemeinden und Landkreisen vor allem an der Ober- und Mittelweser umgesetzt werden, sind prägend und wichtig. Der Ausbau des Radwegenetz an der Weser beispielsweise war und ist auch immer ein Thema des Weserbunds.
Wirtschaft, Tourismus und Ökologie in Einklang zu bringen, hat sich der Weserbund also auf die Fahnen geschrieben. Man hat den Eindruck, dass Umweltverbände den Weserbund in erster Linie als Wirtschaftsinteressenvertretung sehen. Wie ordnen Sie das ein?
Vielleicht fällt es dem einen oder anderen Umweltverband generell schwer, tragfähige Kompromisse mitzuentwickeln, sobald es auch um wirtschaftliche Interessen geht. Ich denke, wir haben gerade jüngst durch das Memorandum zur Zukunft der Außen- und Unterweser bewiesen, dass wir nicht auf einem Auge blind sind, sondern wir mit beiden Augen sehen können, und zwar die Ökologie und die Ökonomie. Der Fluss ist ein Raum, an dem Menschen leben und Natur erleben, aber er bietet auch Platz für Arbeit. Zum Leben gehört Freizeit, aber um die erleben zu können, muss man die Grundlage über Arbeit schaffen. Das darf man nicht ausblenden.
Welche Argumente haben Sie gegenüber den Umweltverbänden?
Die Schifffahrt leistet, wenn man es neutral betrachtet, einen enormen Beitrag für den Klimaschutz. Der Transport von Gütern auf dem Wasser ist im Vergleich zu allen anderen Verkehrsträger derjenige, der das Klima am wenigsten belastet. Deswegen sind wir daran interessiert, dass der Transportweg Weser so angepasst wird, dass er auch weiterhin schiffbar bleibt.
Sind Sie zuversichtlich, dass es beim Ausbau der Weser, insbesondere der Vertiefung der Außenweser und des Abschnitts von Bremerhaven bis Brake eine gute Zusammenarbeit mit den Umweltverbänden gibt?
Es ist doch bei den verschiedensten Verfahren vor Verwaltungsgerichten deutlich geworden, dass jede Vertiefung eines Flusses nur dann genehmigt wird, wenn sie den Vorgaben des europäischen Rechts, der Wasserrahmenrichtlinien und den Fauna-Flora-Habitat-Richtlinien entspricht. Das zu erreichen, dafür wollen wir uns einsetzen. Und wir sind immer offen für Gespräche mit den Umweltverbänden. Vor allem sind wir für die klare Definition, die diese Vorgaben beinhalten. Denn dann wissen wir, was wir tun dürfen und was wir nicht tun dürfen.
Wie wollen Sie als Verband das Verfahren für die Weservertiefung begleiten?
Eine unserer Hauptaufgaben ist, die Öffentlichkeit umfassend objektiv zu informieren. Dafür werden wir zu verschiedenen Formaten mit den entsprechenden Experten einladen. Wir wollen denen eine Stimme geben, die sagen, was da gemacht werden sollte und denen, die sagen, unter welchen Bedingungen etwas gemacht werden kann und darf. Unterstützt werden wir dabei von Städten, Landkreisen, Gemeinden, Gewerkschaften und Betriebsräten.