Bremen. Mithilfe von LED-Technik will ein Unternehmen aus Verden gewöhnliche Glasfassaden in überdimensionale Bildschirme verwandeln. Besonders in den jungen Metropolen am Persischen Golf erhoffen sich die Niedersachsen große Nachfrage für ihr Produkt. Aber auch in Bremen könnte bald die ein oder andere Fassade in Bewegung geraten.
"Das Ding ist eine Gelddruckmaschine", sagt Reinhard Cordes. Der Chef des Verdener Unternehmens Frerichs Glas spart nicht mit Superlativen, wenn er von seinem neuesten Produkt spricht. In Zusammenarbeit mit der Technischen Universität Braunschweig hat das glasverarbeitende Unternehmen eine Möglichkeit entwickelt, mithilfe von LED-Technik ganze Häuserfassaden als riesige Bildschirme zu nutzen. Rund 1,6 Millionen Euro hat das mittelständische Unternehmen in die Entwicklung des Projekts gesteckt.
Laut Cordes soll die Medienwand funktionieren, ohne die Menschen im Gebäudeinneren zu behelligen. Möglich machen soll das ein transparenter LED-Schirm, der unmittelbar auf das vorhandenen Fensterglas installiert wird. Je nach Größe und Form der gläsernen Fassade bieten die Verdener passgenaue Module an, die anschließend miteinander vernetzt werden. So entsteht aus vielen Einzelelementen ein Gesamtbild. Die Technik kann laut ihren Herstellern in beinahe jede Glaswand installiert werden.
"Herkömmliche Medienwände haben den Nachteil, dass sie ein hohes Gewicht haben und blickdicht sind - das Gebäudeinnere wird abgedunkelt und die Architektur verschwindet hinter dem Schirm", sagt der Geschäftsführer Walter Tietz. Zwar dämpfe auch die Verdener Lösung den Lichteinfall um etwa zehn Prozent, doch sei dieser Faktor für das menschliche Auge kaum wahrzunehmen. Im Prinzip setzt sich der Bildschirm aus Drähten zusammen, auf denen LED-Leuchten angebracht sind. Diese Drähte, vergleichbar mit der Heckscheibenheizung eines Autos, sind die einzige augenfällige Veränderung.
Zur Gelddruckmaschine kann die Medienfassade laut Reinhard Cordes werden, indem ihre Besitzer Sendezeiten an Werbekunden verkaufen. Der Unternehmer hat sich informiert, welche Tarife für Reklameeinspielungen im öffentlichen Raum - etwa in Einkaufszentren - erhoben werden und kommt zu dem Schluss, dass sich bei günstiger Lage die Anschaffung der Technik schon innerhalb eines Jahres amortisieren kann. In diesem Zeitraum müssten künftige Eigner der Medienwand eine halbe Million Euro einnehmen. Denn das ist der Mindestpreis, den eine Bewegtbild-taugliche Fassade kosten soll - bei einer Lebensdauer von zehn bis zwölf Jahren. Die Bedienung der Anlage ist nach Angaben der Hersteller relativ simpel. Theoretisch können demnach Dutzende Medienwände weltweit vom heimischen Laptop aus gesteuert werden.
Noch haben die Verdener keine Medienfassade realisiert. Doch die ersten Projekte nehmen laut Reinhard Cordes bereits Formen an. "Wir haben Anfragen aus allen Kontinenten." Um das Geschäft mit dem neuen Produkt international besser betreiben zu können, hat der 64-Jährige eigens eine neue Gesellschaft namens "Only Glass" gegründet. Besonders im Mittleren Osten will sich das Unternehmen zunächst um Kunden bemühen.
In den wohlhabenden Metropolen der Vereinigten Arabischen Emirate sieht Cordes großes Potenzial. Auf einer Messe im vergangenen Jahr haben die Verdener ihr Produkt in der Region bereits vorgestellt. Ab März ist "Only Glass" dann sogar mit einem eigenen Büro in Dubai vertreten. Familienunternehmer Cordes sieht in dem LED-System die Möglichkeit, seinem lokal aufgestellten Betrieb neue Märkte zu erschließen. "Wir haben es jetzt geschafft, mit einem Glas-Produkt in einen Hightech-Markt zu kommen", ist er sich sicher.
Reinhard Cordes will nicht ausschließen, dass eines Tages Medienwände aus Verdener Herstellung auch Bewegung in Bremer Fassaden bringen. Mit den zuständigen Genehmigungsbehörden in der Hansestadt hat der Unternehmer vorsorglich schon einmal gesprochen. "Von deren Seite gibt es keine grundsätzlichen Bedenken", berichtet er. Allein unter den bisherigen Interessenten aus Bremen habe sich bislang noch niemand endgültig für die Anschaffung einer Medienwand entschieden.