Ihr Unternehmen bietet unter anderem individuelle Arbeitszeitgestaltung, unbezahlte Freistellungen, betriebliche Kinderbetreuungsangebote oder kostenfreie Nutzung von Getränken und Obst an? Wenn ja, dann stehen die Chancen gut, das Bremer Siegel „Ausgezeichnet Familienfreundlich“ zu erhalten – so wie das am Mittwoch für 21 Unternehmen der Fall war. Die feierliche Zeremonie fand in der Oberen Rathaushalle statt. Schirmherr ist Wirtschaftssenator Martin Günthner (SPD). Außerdem wurde an elf Unternehmen das überregionale Audit „Beruf-und-Familie“ der gemeinnützigen Hertie-Stiftung überreicht.
Neben dem sozialen Aspekt, bei dem es um die Auszeichnungen geht, sollen sich Unternehmen mit dem Siegel vor allem besser im Wettbewerb um Fachkräfte positionieren können: Denn es zählt heutzutage nicht mehr nur die Höhe des Gehalts, sondern das Zusammenspiel von Erwerbsleben und Privatem gewinnt immer mehr an Bedeutung. Vereinbarkeit von Familie und Beruf sei längst nicht mehr nur ein weicher Standortfaktor, sondern ein harter im Wettbewerb um Arbeitskräfte, sagte Günthner in seiner Begrüßung. Nicht nur in diesem Zusammenhang würde ein darauf ausgerichtetes Unternehmen profitieren, sondern es sei erwiesen, dass auch die Produktivität der Arbeitnehmer in einem familienfreundlichen Umfeld wesentlich höher sei als anderswo.
Initiiert und betreut wird das Siegel-Projekt vom gemeinnützigen Verein Impulsgeber Zukunft bereits zum elften Mal. Der Verein versteht sich als zentrale Servicestelle für die Wirtschaft, Politik und Verwaltung rund um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie in der Metropolregion Bremen-Oldenburg. „Wir unterstützen Sie dabei, wenn Sie sich erstmalig familienfreundlich aufstellen wollen oder wenn Sie bereits eingesetzte Angebote zur Verbesserung der Vereinbarkeit erweitern wollen“, heißt es unter anderem auf der Internetseite des Vereins. „Wir sensibilisieren, informieren, beraten und vernetzen Wirtschaft, Politik und Öffentlichkeit zu allen Facetten der Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie der Demografiefestigkeit im Sinne einer lebensphasenorientierten Personalpolitik.“ Familienfreundlichkeit sei ein wesentlicher Baustein für die Zukunftsfähigkeit der Gesellschaft.
Unter den ausgezeichneten Unternehmen seien auch ein paar rezertifizierte Betriebe dabei, so Rena Fehre von Impulsgeber Zukunft. Das sei ein Zeichen für Nachhaltigkeit. Die Inhalte von „Ausgezeichnet Familienfreundlich“ – das Siegel gilt für zwei Jahre – seien Teil des gesamten Systems geworden. Von Familienfreundlichkeit würde jeder Arbeitnehmer profitieren – ob weiblich, männlich, ob jung oder alt, ergänzte Mirja Beerens, seit zwei Monaten Geschäftsführerin von Impulsgeber Zukunft. In dieser Zeit habe sie bereits auch einige Unternehmen kennengelernt, die sich noch nicht haben zertifizieren lassen, obwohl sie die Voraussetzungen dafür hätten. Das liege vielleicht am Bremer Understatement, aber in diesem Fall sei es sinnvoller, nach dem Motto „Tue Gutes und rede darüber“ zu handeln.
Was Vereinbarkeit von Familie und Beruf angeht, hat sich zwar in den vergangenen Jahren viel getan, aber es wurde erst ein kleines Stück des Weges geschafft – zumindest aus Sicht von Ulrike Hauffe, Bremer Landesbeauftragte für Frauen, und Kirsten Frohnert, Projektleiterin vom überregionalen Netzwerkbüro „Erfolgsfaktor Familie“. Vereinbarkeit von Familie und Beruf stehe vor großen Herausforderungen – gerade auch im Hinblick auf eine sich massiv ändernde Arbeitswelt durch Digitalisierung, wie sie beide im Interview-Programmpunkt betonten und unter dem Stichwort Vereinbarkeit 4.0 zusammenfassten. Unternehmensgrenzen würden sich stärker auflösen, und es werde mehr ältere Arbeitnehmer geben, die mehr Pflegezeiten für Angehörige benötigen. Das seien nur ein paar Faktoren, die eine Modernisierung der Arbeitskultur erforderlich machen werden – gerade im Hinblick auf Vereinbarkeit von Familie und Beruf.