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Innovationsatlas Wenig Forschung, wenig Patente

Bundesland der Ideen? Bremen liegt fast ganz hinten, geht es um die Zahl der Patente. Außerdem sehen Experten die Foschungsintensität der Unternehmen kritisch. Der Süden dagegen gehört zur Weltspitze.
25.07.2017, 06:37 Uhr
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Wenig Forschung, wenig Patente
Von Lisa Schröder

Patente sind ein Indikator für die Innovationskraft eines Standorts. Denn schließlich sind sie Zeichen einer erfolgreichen Forschung. Geht es um die Zahl der Patente, schneidet Bremen im Vergleich mit anderen Bundesländern jedoch nicht gut ab.

Im Innovationsatlas des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) landet Bremen zusammen mit Mecklenburg-Vorpommern mit 25 Patenten auf 100.000 Beschäftigte auf dem vorletzten Platz vor Sachen-Anhalt. Damit liegt das kleinst Bundesland deutlich unter dem Bundesschnitt von 125 Patenten. Die Zahlen aus 2014 sind laut IW die aktuellsten Werte, weil Patente frühestens nach 18 Monaten offen gelegt werden.

Nachteil für die Hansestadt

In Bremen werde viel geforscht und entwickelt, sagt Nadja Niestädt, Sprecherin von Wirtschaftssenator Martin Günthner (SPD). Doch Firmen meldeten ihre Patente häufig im Bundesland ihrer Firmenzentrale an. Das sei zum Nachteil für Bremen.

Zwar gibt es in der Hansestadt viele Niederlassungen großer Konzerne, doch teils keine eigenen Forschungs- und Entwicklungsabteilungen. Das ist etwa bei Mercedes der Fall. Auch für die Forschung des neuen EQ setzt der Konzern nicht auf das Werk in Bremen, wo das neue Elektro-Modell von Band geht, sondern auf Stuttgart.

Der Süden liegt vorn

Vor allem Baden-Württemberg (287) und Bayern (236) liegen bei den Patenten vorn. Ohnehin kommen die fünf Autoren der Studie zum Ergebnis, dass wenige Regionen in Süddeutschland, etwa rund um die Autobaustandorte Stuttgart oder Ingolstadt, die Innovationslandschaft dominieren.

Erstmals haben die Wissenschaftler nach eigenen Angaben anhand von verschiedenen Indikatoren Wirtschaftsräume in Deutschland miteinander verglichen – neben den Patenten die Forschungs- und Entwicklungsintensität der Wirtschaft, die Beschäftigungsintensität von naturwissenschaftlichen-technischen Akademikern, die Gründungsintensität und die Versorgung mit schnellem Internet.

Auseinanderdriften befürchtet

Dabei klafft ein großer Unterschied zwischen dem Süden und besonders Regionen im Osten und Nordwesten. „Wir befürchten ein starkes Auseinanderdriften„, sagt Wirtschaftswissenschaftlerin Sarah Berger vom IW. Deshalb sei ein Gegensteuern nun entscheidend. “Einige Regionen drohen sonst den Anschluss zu verlieren.“

Die Forschungsintensität in Bremen liegt ebenfalls deutlich unter dem Bundesschnitt und unter den Vorgaben der Europäischen Union. Eigentlich sollen Unternehmen demnach zwei Prozent der Wirtschaftsleistung in die Forschung stecken. Die Bremer Wirtschaft erreicht 2013 jedoch gerade die Hälfte mit 1,1 Prozent.

„Deutlicher Nachholbedarf“

„Bremen hat einen deutlichen Nachholbedarf", sagt Berger. Zusammen mit den benachbarten Kreisen Diepholz, Cuxhaven, Osterholz, Rotenburg (Wümme), Verden, Delmenhorst und Wesermarsch liegt der Wert für den nordwestdeutschen Wirtschaftsraum sogar nur bei 0,81 Prozent. Das sei schon relativ schwach.

Berger plädiert dafür, dass Regionen sich aufgrund ihrer unterschiedlichen Voraussetzungen auch unterschiedliche Ziele setzen sollten. So könnten langfristig schwache Innovationsstandorte nach und nach aufschließen. Es sei nötig, dass der Staat schwache Regionen dabei unterstütze, die Ziele zu erreichen.

Automobilbranche zieht

„Große Player können zudem eine ganze Region nach oben ziehen“, sagt Berger. Dass der Süden zur Weltspitze gehöre, liege zum einen an der forschungsintensiven Automobilbranche. Niedersachsen belegt also bei den Patenten den dritten Platz – wenn auch mit deutlichem Abstand zur Spitze –, denn innovationsstark ist der Raum um die VW-Stadt Wolfsburg.

Metall- und Elektroindustrie sind laut Studie zudem Antrieb für Innovation. Niestädt sieht das als Ursache, warum Bremen zurückliegt. Diese Branche sei im Süden ansässig. Dagegen sei Bremen ein starker Standort auf dem Gebiet der Luft- und Raumfahrt, der Logistik und der maritimen Wirtschaft. Die Sprecherin des Bremer Wirtschaftsressorts merkt an: „Bremen hat eine ausgeprägte Forschungslandschaft, die eng mit der Industrie zusammenarbeitet. Das ist in der Studie aber nicht berücksichtigt worden.“

Von Hochschulen profitieren

Andreas Köhler, Innovationsreferent der Handelskammer Bremen, sieht dagegen noch Luft nach oben – wenngleich am Standort umfangreich geforscht werde und innovative Produkte entstünden. Doch Bremen falle auf die Füße, dass große Unternehmen nicht vor Ort forschten. „Das lässt sich nicht schön reden.“

Die Wirtschaft in der Hansestadt könne zudem noch viel mehr von der guten Forschungslandschaft profitieren. Eine eigene Studie der Handelskammer habe das bereits belegt. Um dort eine Wende zu schaffen, brauche es Türöffner in die Wissenschaft für Unternehmen, sagt Köhler. „Die Forschungsintensität ist ausbaufähig. Schließlich ist sie der Schlüssel zum Erfolg.“

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