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Von der Idee zum Geschäft Wie Bremen seinen Erfindern hilft

Bremen. Hunderte Erfindungen werden in Bremen Jahr für Jahr erdacht. Doch die wenigsten werfen gleich Gewinn ab. Bis zur erfolgreichen Vermarktung einer Innovation müssen zahlreiche Hürden genommen werden. Dabei hilft die Stadt Bremen.
19.03.2011, 05:00 Uhr
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Von Sebastian Manz

Bremen. Hunderte Erfindungen werden in Bremen Jahr für Jahr erdacht. Doch die wenigsten werfen gleich Gewinn ab. Bis zur erfolgreichen Vermarktung einer Innovation müssen zahlreiche Hürden genommen werden. Dabei hilft die Stadt Bremen.

Das Beispiel des jungen Wissenschaftlers André Stieglitz zeigt, auf welche Hilfe Erfinder in Bremen zurückgreifen können, um aus einem Geistesblitz ein Geschäftsmodell zu formen.

Es hat eine Weile gedauert, bis André Stieglitz begriffen hatte, dass er unter die Erfinder gegangen war. Der junge Ingenieur leitet seit vier Jahren ein Forschungsprojekt am Bremer Faserinstitut. Unterstützt von der Wirtschaftsförderung Bremen arbeitete er dort an der Entwicklung einer Landeklappe für zivile Flugzeuge, die zur Gänze aus Kohlenstofffasern besteht. Das Material hat den Vorteil, dass es deutlich leichter ist als herkömmliche Baustoffe wie etwa Stahl. Gleichzeitig weisen die Fasern eine ähnliche Festigkeit und Stabilität auf wie ihre metallene Konkurrenz. Automobil- und Flugzeugbranche setzen große Hoffnung auf das Leichtbau-Material. Es soll einen entscheidenden Beitrag zur Treibstoffersparnis künftiger Fortbewegungsmittel leisten.

In ihrem Urzustand taugen die Fasern allerdings nicht als Baustoff. Zunächst müssen sie mit einem Kunstharz vermengt und anschließend in einer Art Backvorgang ausgehärtet werden. Dieser Prozess ist kompliziert, fehleranfällig und erfordert enormen Energieaufwand. Das Standardprozedere sieht vor, mit metallenen Kernen, die durch Strom erhitzt werden, zu arbeiten.

Beim Projekt von André Stieglitz stieß dieses Vorgehen vor allem in den Hohlräumen im Inneren der Landeklappe des öfteren an seine Grenzen. "Ich habe immer wieder darüber nachgegrübelt, wie sich die Wärme besser verteilen ließe", erinnert er sich. Schließlich kam er auf den Gedanken, Grafit einzusetzen, weil sich der studierte Produktionstechniker erinnerte, dass sich mit diesem Material die Wärmeleitfähigkeit unkompliziert beeinflussen ließ. Bei seinen Experimenten stellte er schnell fest, dass sich mit Hilfe von Grafit weitaus bessere Ergebnisse erzielen ließen. Auf der Basis dieser Erkenntnis bastelte Stieglitz eigene Kerne mit integrierter Heizung, die flexibler und wirkungsvoller waren als die etablierten. "Es dauerte eine Weile, bis ich begriffen hatte, dass ich ein neues Produkt erfunden habe", sagt der 30-Jährige.

Für André Stieglitz war diese Situation neu, aber durchaus nicht unangenehm. "Ich habe mich schon während meines Studiums ganz bewusst für die Arbeit mit Faserverbundstoffen entschieden, weil ich gemerkt habe, dass es in diesem Bereich noch jede Menge zu entdecken gibt", sagt er. Zunächst testete er sein Heizsystem noch einige Male, bis er sich über seine Praxistauglichkeit sicher war. "Das war der Moment, an dem ich dachte: Das musst du dir patentieren lassen."

Welche Schritte in so einem Fall zu unternehmen sind, wusste der junge Wissenschaftler bis dahin nur vom Hörensagen. Aufgrund seines Vertragsverhältnisses mit dem Faserinstitut war der Weg für das Verfahren allerdings klar vorgegeben: Auf Innovationen, die bei hauseigenen Projekten entstehen, erhebt das Institut einen gewissen Anspruch. Der erste Weg führte ihn zu seinem Arbeitgeber, dem er seine Idee präsentierte. "Das habe ich natürlich mit einem lachenden und einem weinenden Auge getan", sagt André Stieglitz. Einerseits hätte er seine Erfindung gern für sich allein gehabt. Andererseits lief nun ein eingespielter Apparat an, der dem jungen Wissenschaftler dabei half, seine Idee zur Marktreife zu bringen.

Das Faserinstitut meldete die Erfindung weiter an die Universität. Dort kümmert sich die Innowi GmbH um Fälle wie den von André Stieglitz. Seit zehn Jahren ist die Gesellschaft spezialisiert darauf, Forschungsergebnisse aus der Region auszuwerten, um sie im Erfolgsfall zu patentieren und an die Wirtschaft zu vermitteln. "Die haben sich völlig unkompliziert um alles Weitere gekümmert", erzählt André Stieglitz. Die Innowi habe seine Entwicklung als markttauglich eingestuft und einen Vertrag mit ihm abgeschlossen. Darin wurde festgelegt, wie sich etwaige Einnahmen, die die Erfindung eines Tages erzielen könnte, auf die Beteiligten verteilen wird. Faserinstitut und Innowi gehen in Vorleistung und sind dafür an möglichen Erträgen beteiligt.

Bereits einen Monat später war eine offizielle Anmeldung für das Patentamt ausgearbeitet und abgeschickt. Die Münchner Behörde erbat sich noch einige Veränderungen an der Patent-Schrift. In dieser Phase wurde André Stieglitz durchgehend vom Innowi-Team und dessen Patentanwalt betreut. "Das hat die Sache deutlich erleichtert", sagt der Ingenieur. Vergangene Woche traf schließlich die frohe Botschaft aus München ein: Patent erteilt.

Mit den Experten von Innowi hat André Stieglitz bereits eine Strategie erarbeitet, wie es nun weitergehen soll. Dazu gehörte es auch, der Erfindung einen knackigen Markennamen zu verpassen: Als "Coreon" wird das Heizsystem potenziellen Interessenten vorgestellt. Von nun an steht der Vermarktung der Erfindung nichts mehr im Weg. Zahlreiche Firmen haben bereits Interesse an dem Produkt signalisiert. Auf einer Fachmesse ist "Coreon" bereits ausgezeichnet worden. Für ein konkretes Vermarktungsmodell hat sich Stieglitz bislang noch nicht entschieden. Er will nun erst einmal zum Thema "Coreon" promovieren. "Später ist dann zum Beispiel eine Ausgründung durchaus denkbar", sagt er.

Seine erste Erfindung zur Marktreife zu bringen, hat André Stieglitz jedenfalls nicht abgeschreckt, auch in Zukunft Innovationen zu entwickeln. "Ob Wirtschaftsförderung, Faserinstitut oder Innowi - ich hatte stets das Gefühl, auf Unterstützung und eine gute Infrastruktur zu stoßen."

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