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Erfolg, Umzug und Roboter bei der Sparkasse „Wir stellen uns auf niedrigere Erträge ein“

Wegen der anhaltenden Niedrigzinsphase erwartet die Sparkasse Bremen in diesem Jahr ein Jahresergebnis leicht unter dem Niveau von 2016.
17.02.2017, 21:27 Uhr
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„Wir stellen uns auf niedrigere Erträge ein“
Von Maren Beneke

Wegen der anhaltenden Niedrigzinsphase erwartet die Sparkasse Bremen in diesem Jahr ein Jahresergebnis leicht unter dem Niveau von 2016.

Herr Nesemann, haben Sie schon eine Idee, wann wir uns das erste Mal in Ihrem neuen Hauptsitz zu einem Jahrespressegespräch treffen werden?

Tim Nesemann: (lacht) Nein, das lässt sich jetzt noch nicht genau sagen.

Es war eine der größeren Nachrichten des vergangenen Jahres: Die Sparkasse Bremen will die Innenstadt verlassen und in den Technologiepark ziehen. Wie weit sind Sie mit Ihren Überlegungen?

Wir haben bereits viele Gespräche geführt und haben auch schon konkrete Anfragen erhalten. Aber die Verkaufspläne werden erst dann konkretisiert, wenn die Politik sich eine Meinung gebildet hat, was hier am Standort dazu beitragen kann, die Innenstadt attraktiver zu machen. Zur Zeit sprechen wir mit Vertretern der Stadt sehr konstruktiv über einen Standort im Technologiepark.

Das hat sich aber vor einigen Wochen noch anders angehört. Schließlich gibt es Regeln, welche Branchen sich im Technologiepark ansiedeln dürfen.

Die Digitalisierung führt zu einer deutlichen Veränderung der Gesellschaft und auch der Finanzdienstleistungen. Unsere Wettbewerber von morgen sind nicht die Banken von heute. Sondern das sind dann Unternehmen wie Google, Amazon oder Paypal, und die haben ihren Sitz in der Nähe von Universitäten. Um im Zeitalter der Digitalisierung mit diesen Unternehmen konkurrieren zu können, müssen wir enger mit der Universität kooperieren als bisher. Bis jetzt hat kein Politiker mir gegenüber einen Umzug in den Technologiepark abgelehnt.

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Es ist zu hören, dass Ihre Planungen, als Sie den Neubau verkündet haben, noch nicht ausgereift waren. War das ein Schnellschuss?

Nein, überhaupt nicht. Und ich würde alles genau so wieder machen. Uns war wichtig, dass wir alle Personen einheitlich informieren. Ich habe Verständnis dafür, dass der eine oder andere lieber früher Bescheid gewusst hätte – aber alle, mit denen ich gesprochen habe, konnten den Kommunikationsprozess verstehen.

Sie haben Ihre Entscheidung für einen Neubau auch damit begründet, dass die Bank so auf längere Sicht nachhaltig und auch mit deutlich geringeren Erträgen als heute wirtschaften könne. Die Erträge werden vor allem durch die Niedrigzinsen und die Bankenregulatorik geschmälert. Wie viel Geld geht Ihnen durch die niedrigen Zinsen verloren?

Viel zu viel. Jeder neue Kreditzins ist niedriger als der vorherige. Wir haben im Zinsüberschuss das, was wir durch die Niedrigzinsen verloren haben, durch Wachstum kompensieren können.

Das heißt im Umkehrschluss: Nur durch Wachstum lassen sich positive Ergebnisse erwirtschaften. Irgendwann ist Wachstum in dieser Größenordnung aber ja nicht mehr möglich.

Zum einen gibt es auch in der Zukunft Potenzial für Wachstum. Aber ja: Wir stellen uns auf deutlich niedrigere Erträge ein. Um dem entgegenzuwirken, haben wir eine Reihe von langfristig wirksamen Kostenmaßnahmen wie das Vorruhestandsprogramm, Optimierungen in der technischen Infrastruktur und die Einsparungen im Gebäudebereich, wozu auch die Hauptstelle zählt, umgesetzt. Ich bin überzeugt, dass wir trotz deutlich niedrigerer Erträge mit diesen Maßnahmen dauerhaft ausreichende Gewinne erwirtschaften werden.

Das vergangene Jahr haben Sie mit einem Nachsteuerergebnis von 32,4 Millionen Euro abgeschlossen. Im Vergleich zum Vorjahr stehen Sie damit gut da, damals mussten Sie aber auch einen Sondertopf für Vorruhestandsgelder bilden. Nehmen wir also 2014 als Referenz: Mit 34,8 Millionen Euro haben Sie das Jahr ein bisschen besser abgeschlossen als 2016. Warum sprechen Sie trotzdem von einem „erfolgreichen Geschäftsjahr“?

Wirtschaftlich ist 2016 für uns ein gutes Jahr gewesen, weil sich die Zinssituation in den vergangenen beiden Jahren noch einmal verschärft hat. Wenn wir also trotz steigender Kosten und der anhaltenden Belastung durch die weiter sinkenden Zinsen das Gleiche erwirtschaften, dann können wir stolz sein.

Über die Vorruhestandsregelungen werden bei Ihnen in den kommenden vier Jahren unterm Strich 140 Stellen wegfallen. Mit den dann etwas mehr als 1200 verbliebenen Mitarbeitern: Ist das eine Zahl, mit der Sie leben können, oder sind weitere Sparpakete geplant?

Unser Ziel ist es nicht, Mitarbeiter abzubauen, sondern sie weiterzubilden, damit sie die Herausforderungen der digitalen Welt schultern können. Ich bin überzeugt, dass die bereits erwähnten Maßnahmen zu ausreichenden Gewinnen führen werden.

Werden Stellen abgebaut, dann bedeutet das für die Kollegen meist Mehrarbeit.

Das stimmt, die Arbeit der ehemaligen Angestellten ist ja nicht von heute auf morgen verschwunden. Zunächst einmal bedeutet das Arbeitsverdichtung. Außerdem ändern sich durch die Digitalisierung die Aufgabenstellungen. Deshalb investieren wir viel in die Attraktivität als Arbeitgeber.

Durch die Digitalisierung steigen die Anforderungen an die Mitarbeiter, gerade die einfacheren Tätigkeiten fallen weg. Was kostet Sie das?

Die Digitalisierung verändert Arbeitsplätze – und das innerhalb einer sehr kurzen Zeit. Derzeit investieren wir jedes Jahr mindestens einen siebenstelligen Betrag, um die Mitarbeiter weiterzubilden.

Qualifiziertere Menschen bedeuten, dass Ihre Personalkosten künftig wieder steigen dürften.

Aber gerade bei den Jüngeren stelle ich immer wieder fest, dass das Gehalt nicht die zentrale Rolle spielt. Viel wichtiger ist die Vereinbarkeit von Beruf und Familie und die Lebensqualität in Bremen.

Die Situation in der Hansestadt wird gerade im Bereich Bildung immer wieder infrage gestellt. Gibt es bei Ihnen Bewerber, die sich deswegen nicht für Bremen entscheiden?

Bei Positionen im Top-Management ist es sehr viel schwieriger, Frauen nach Bremen zu holen als Männer. Deshalb ist es so wichtig, dass wir die Attraktivität unserer Stadt weiter steigern – über den Ausbau von Kita-Plätzen, über Bildung, Kultur und einer attraktiven Innenstadt.

Zurück zu den Zahlen. Ihre Kredite sind 2016 offenbar vergleichsweise gut nachgefragt worden, Sie sind nach eigenen Angaben vor allem in der Projektfinanzierung gewachsen. Wie überreden Sie Ihre Kunden dazu, zu investieren? Schließlich klagen andere Banken immer wieder darüber, dass ihr Geld nicht abgefragt wird.

Das können wir bei uns nicht feststellen. Unsere Marktanteile im Firmenkundengeschäft sind gestiegen. Unser Wettbewerbsvorteil ist, dass wir als eine der ganz wenigen Banken unsere Kreditentscheidungen noch vor Ort treffen.

Mit der Bremer Landesbank hat ein weiterer Wettbewerber seine Eigenständigkeit verloren. Profitieren Sie von der Entwicklung der Bremer Bankenlandschaft?

Auf der einen Seite profitieren wir davon, wenn sich Wettbewerber zurückziehen. Aber das bedeutet auch, dass wir im Kreditgeschäft eine wesentlich größere Verantwortung übernehmen müssen, um die Bedürfnisse in der Stadt befriedigen zu können. Und gerade bei größeren Investitionen kommt es vor, dass wir mit anderen Banken zusammenarbeiten. Wenn es weniger Bankpartner vor Ort gibt, sind die Auswahlmöglichkeiten kleiner.

Eine größere Verantwortung kann schön sein, aber auch zu einer Belastung werden. Bis zu welchem Grad können Sie die Kreditnachfrage noch bedienen?

Die Sparkasse Bremen ist dafür da, die mittelständische Wirtschaft in Bremen mit Krediten zu versorgen. Das ist für uns keine Belastung, sondern Geschäftszweck. Dass wir dabei an unsere Grenzen stoßen, davon sind wir weit entfernt.

Die Privatkunden haben auch im vergangenen Jahr noch einmal kräftig in Häuser und Wohnungen investiert. In Hamburg wird bereits vor einer Blase gewarnt. Gibt es diese Tendenzen mittlerweile auch in Bremen?

Wenn die Immobilienpreise weiter steigen, dann kann es eine Blase geben. Diese wäre aber nur dann relevant, wenn es zu Verkaufsexzessen kommt. Und das ist nicht absehbar. Denn im Gegensatz zu den Entwicklungen in den USA vor ein paar Jahren werden Immobilien in Deutschland mit deutlich mehr Eigenkapital unterlegt, die Zinsen sind über viele Jahre festgeschrieben und die Finanzierungen werden schneller getilgt.

Im vergangenen Jahr haben Sie einige Filialen aufgegeben. Können die Bremer darauf zählen, dass es nun bei dem bestehenden Filialnetz bleibt?

Wir sind mit rund 80 Standorten in der Stadt vertreten. Für uns sind die Filialen kein Kostenblock, sondern Teil unserer Identität. Aber Filialen müssen auch in einer digitalisierten Welt einen Kundennutzen stiften. Dahin werden wir die Filialen weiter entwickeln.

Werden demnächst Roboter die Kunden der Sparkasse begrüßen?

Das ist keine Option. Wer in die Filiale fährt, möchte mit einem Menschen sprechen. Denn dabei geht es meistens um Entscheidungen mit großer Tragweite: um Finanzierungen, Geldanlage oder Versicherungsschutz. In solchen Fällen braucht der Kunde die persönliche und fachliche Meinung von einem Menschen und nicht von einem Roboter.

Vielen Ihrer Kunden dürfte nicht bewusst sein, dass die Sparkasse Bremen ein Schiffsportfolio hat. Wie sieht dieses aus?

Die Sparkasse Bremen hat historisch bedingt schon immer Schiffe finanziert, weil es durch den Handel in der Stadt Reedereien gibt. Unser Portfolio besteht aus gut 30 Schiffen. Wir haben uns auf dieses Geschäft nicht fokussiert und sind deswegen in der Lage, die nötige Risikovorsorge zu bilden.

Die Bremer Landesbank hat wegen ihres Schiffsportfolios ihre Eigenständigkeit verloren. Ihr Institut musste die Risikovorsorge – unter anderem wegen fauler Schiffskredite – im vergangenen Jahr um 38,6 Millionen Euro erhöhen. Wie gehen Sie in Zukunft mit Ihrem Portfolio um?

Kreditvergabe ist immer mit Ausfällen verbunden, für die man eine Risikovorsorge erwirtschaften muss. Wir haben überdurchschnittlich viel Risikovorsorge gebildet. Allein unser sehr kleines Schiffsportfolio ist etwa zur Hälfte wertberichtigt. Solange es eine Perspektive für die Rückzahlung der Kredite gibt, begleiten wir unsere Kunden auch durch schwierige Zeiten.

Ein großes Thema des vergangenen Jahres waren Negativzinsen. Viele Institute geben dieses Strafgeld bereits an ihre Firmenkunden weiter, einige belangen auch ihre vermögenden Privatkunden. Sie haben diese Möglichkeit bislang ausgeschlossen. Bleibt es dabei?

Wir wollen so lange es geht keine Negativzinsen von Privatkunden nehmen – und das, obwohl es defizitär für uns ist, wenn wir das nicht tun. Wir beobachten den Markt und wir reagieren darauf.

In Ihrer direkten Nachbarschaft bahnt sich eine Sparkassen-Fusion an: Die Kreissparkasse Osterholz und die Kreissparkasse Rotenburg-Bremervörde überlegen, zusammenzugehen. Macht Ihnen ein neuer, größerer Wettbewerber in Ihrem direkten Umfeld Sorge?

Wir stehen mit anderen Sparkassen nicht im Wettbewerb. Wir sind außerdem überzeugt davon, dass am Ende das Angebot entscheidet – und da sind wir stark positioniert.

Wie wird 2017 für die Sparkasse Bremen?

Wegen der anhaltenden Niedrigzinsphase erwarten wir ein Jahresergebnis leicht unter dem Niveau von 2016.

Das Gespräch führten Maren Beneke und Katharina Elsner.

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