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Made in Bremen Wie Jamaikanische Küche aus Bremen in alle Welt findet

Authentischer Geschmack Jamaikas: Die Bremerin Christine Lewis importiert und produziert jamaikanische Lebensmittel. Ihr Online-Supermarkt "Yardies" erfreut sich großer Nachfrage.
06.10.2024, 12:00 Uhr
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Von Anke Velten

Auch wenn Deutschland kulinarisch in den vergangenen Jahrzehnten immer offener und internationaler geworden: Jamaika gehört in dieser Hinsicht noch zu den unentdeckten Regionen. Christine Lewis ist angetreten, diese Lücke zu schließen. Sie meint das ganz praktisch, denn jamaikanisch kochen ist und war hierzulande bislang vor allem deswegen schwierig bis unmöglich, weil viele Grundzutaten schlicht unbekannt und nicht zu bekommen waren.

Lewis kann diesen Bedarf decken. Ihr Online-Supermarkt für jamaikanische Lebensmittel heißt „Yardies“. Es ist Insiderbegriff, denn so nennen sich die Jamaikanerinnen und Jamaikaner selbst – auch diejenigen, die anderswo auf der Welt eine neue Heimat gefunden haben. So wie Lewis Vater, der als US-Soldat nach Deutschland kam, blieb und hier seine Familie gründete. Christine Lewis ist also in Deutschland geboren, in Kamen aufgewachsen und heute Wahlbremerin. Die Liebe zu Jamaika und zur Küche seiner Heimat habe ihr Vater aber intensiv weitergegeben, erzählt sie. „Es ist die Küche meiner Kindheit.“

Die Produkte werden mir quasi aus den Händen gerissen
Christine Lewis

Seit drei Jahren importiert Lewis nicht nur jamaikanische Lebensmittel, sondern produziert auch selbst, was es vorher einfach nicht gab. Die Nachfrage ist da. „Die Produkte werden mir quasi aus den Händen gerissen“, erzählt sie.

Der Inselstaat in der Karibik liegt etwas mehr als 8000 Kilometer entfernt – fast elf Flugstunden für die rund 15.000 deutschen Touristen, die sich im vergangenen Jahr auf die Reise nach Jamaika machten. Geschichtlich und geografisch bedingt konnte sich hier im Laufe der Jahrhunderte eine ganz eigene Kultur entwickeln, erklärt Lewis – und eine ganz eigene Küche. Sie verbinde kulinarische Traditionen der indigenen Taíno, der Sklaven aus Afrika sowie der spanischen und der britischen Kolonisatoren, die wiederum indische und chinesische Einflüsse importierten.

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Eine wichtige Vokabel im jamaikanischen Küchenwörterbuch heißt „Jerk“: Begriff und Methode gehen auf die Inselbewohner der vorkolonialen Zeit zurück, die ihr Fleisch durch würzige Marinaden zarter und haltbarer machten, erklärt Lewis. Nirgendwo auf Jamaika könne man die Jerk-Gewürzzubereitungen als Fertigprodukt kaufen. „Jede Familie hat ihr eigenes Rezept, das von Generation zu Generation weitergegeben wird.“ Für die „Yardies“ in der Diaspora und alle anderen, die den authentischen Geschmack Jamaikas nach Hause holen möchten, hat sie eine Reihe an Jerk-Marinaden und -Soßen entwickelt, mit denen sich Fisch, Fleisch und Tofu würzen lassen: „Perfekt auch zum Grillen“, empfiehlt Lewis.

„Made in Jamaica“ sind wiederum Spezialitäten wie die Brown Stew-Marinade, die unverzichtbar sei für das gleichnamige typisch jamaikanische Sonntagsgericht: ein reichhaltiger Hühnereintopf, dessen Rezept Lewis im Foodblog ihres Online-Shops teilt. Alternativlos für authentisch jamaikanische Küche sei der „Scotch Bonnet“, eine Chilisorte, die Schärfe mit fruchtigem Aroma verbindet, und die in vielen der Produkte im Yardies-Sortiment enthalten ist. Auf Jamaika angebaut, geerntet, zubereitet und abgefüllt sind auch „Ackee“, die pflaumenartigen, nussig-herzhaften Früchte eines immergrünen Baums. „Es ist die jamaikanische Nationalfrucht, die traditionell zu Salzfisch gegessen wird“, erklärt Lewis.

Schmeckt bestimmt auch zu Kasseler und Pinkel.
Christina Lewis über das jamaikanische Blattgemüse Calllaloo

Die protein-, vitamin- und ballaststoffreiche Brotfrucht wiederum ähnele geschmacklich der Kartoffel und könne ähnlich wie diese zubereitet werden. Irgendwie bekannt könnte den Norddeutschen auch der Geschmack und die Optik von „Callaloo“ vorkommen. Das grüne Blattgemüse ist Grundzutat eines jamaikanischen Eintopfgerichts, erinnert optisch und geschmacklich an Grünkohl, und, „schmeckt bestimmt auch zu Kasseler und Pinkel“, findet Lewis. Die Bremerin hat aber noch weitere Rezepte auf Lager, die Hanseaten auf den Geschmack Jamaikas bringen können. Wer Lust auf Süßes hat, könnte etwa die „Festival Dumplings“ probieren: Die frittierten Teigbällchen nach Papa Lewis´ Familienrezept sind sozusagen Schmalzkuchen auf jamaikanische Art.

„Yardies“ ist ein echtes Ein-Frau-Unternehmen. Christine Lewis kümmert sich um alles: Von der Suche nach Lieferanten („extrem schwierig“, sagt sie), über die Entwicklung der Soßen, die Mischung und Abfüllung der Gewürze, die Erstellung der Web-Seite mit eigenen Texten, Fotos, Food- und Travelblog, bis zum Marketing in den klassischen und digitalen Medien.

Im Sommer 2021 ging der Yardies-Online-Shop ins Netz, und es war, als hätte die Kundschaft nur darauf gewartet: Viele Produkte waren schnell ausverkauft und mussten wiederholt nachgeordert werden, Pakete wurden nicht nur deutschlandweit verschickt, sondern beispielsweise auch nach Italien, nach Spanien und in die Schweiz. „Ich bekomme ständig Nachrichten von Kunden, die mich bitten, dies oder jenes zu besorgen“, erzählt die gelernte Kauffrau. Auf diese Weise landeten zum Beispiel der beliebte „Tonic Wine“ und der Kokos-Rum im Sortiment. „Es gibt hier keinen vergleichbaren Drink“, erklärt sie.

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Nur aus Großbritannien mit seiner großen Community an Menschen mit jamaikanischen Wurzeln gibt es kaum Nachfrage: Dort haben es typisch karibische Gerichte wie „Rice & Peas“ sogar ins Angebot traditioneller Fish-and-Chips-Imbisse geschafft. „Wenn es den Briten schmeckt: Warum also nicht auch den Deutschen?“, lautet ihre rhetorische Frage. Dass man hierzulande kulinarisch aufgeschlossen sei, sehe man daran, wie schnell es interessante Foodtrends in den Einzelhandel schafften, erklärt Lewis. Mit ihren Produkten und ihren Rezepten wolle sie die karibische Küche bekannter machen. Ihr Wunsch: „Ich möchte, dass man irgendwann in gut sortierten Supermärkten auch eine afrikanische oder karibische Abteilung findet.“

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